In dem zu entscheidenden Fall stand neben einer Armbanduhr für € 19,90 als „unverbindliche Preisempfehlung" durchgestrichen ein Preis von € 39,90 und dazu der Hinweis „Sie sparen: EUR 20,00 (50%)". Diese Angabe machte aber nicht der beklagte Verkäufer, sondern der Plattformbetreiber, also in diesem Falle Amazon. Ein Mitbewerber verklagte den Anbieter, weil die Uhr zu dem Zeitpunkt ein Auslaufmodell war, das in den Preislisten des Fachhandels nicht mehr geführt wurde. Der angebliche Herstellerpreis führe Verbraucher in die Irre.
Der Beklagte war sich keiner Schuld bewusst, denn er hat sich – wie das bspw. bei den Marketplace-Angeboten auf der Amazon-Verkaufsplattform üblich ist – an ein bestehendes Angebot, also eine Produktbeschreibung, „angehängt“. Amazon ermöglicht es einem Verkäufer gar nicht, ein eigenes, individuelles Angebot zu erstellen, wenn der fragliche Artikel schon – von jemand anderem, bspw. Amazon selbst oder einem sonstigen Marketplace-Verkäufer – eingestellt und beschrieben wurde. Dann kann man als Verkäufer gar nicht anders, als diese vorhandene Produktbeschreibung zu übernehmen.
Der BGH sah trotzdem den beklagten Verkäufer selbst in der Pflicht: Denn ihm habe klar sein müssen, dass er auf der Plattform die Gestaltung seines Angebots nicht voll beherrschen könne. Eine regelmäßige Kontrolle könne daher erwartet werden. Ganz ähnlich entschied der BGH im Fall eines Händlers, dem ein unbekannter anderer Nutzer zu der angebotenen Computermaus einen falschen Markennamen dazugeschrieben hatte. Der Markeninhaber klagte mit Erfolg. Der Anbieter habe eine Überwachungs- und Prüfungspflicht.
(BGH, Urteile vom 03.03.2016, Aktenzeichen I ZR 110/15 bzw. I ZR 140/14)
Fazit
Begibt man sich als Online-Händler auf eine fremde Plattform, bestehen verschiedene Schwierigkeiten, die die wenigsten Verkäufer im Blick haben. Neben dem oben beschriebenen Problem der eigenen Täterhaftung für fremde Produktbeschreibungen kann es auch Probleme mit den AGB des Plattformbetreibers oder aber mit der Rückabwicklung u. ä. geben.
Daher ist in solchen Fällen erhöhte Vorsicht geboten. Eine rechtliche Beratung – am besten begleitend – zu einer Tätigkeit als Online-Händler ist hier – nicht zuletzt wegen der umfangreichen Informations- und Hinweispflichten – sehr empfehlenswert.
Timo Schutt
Rechtsanwalt
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Thomas Waetke – Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht, Dozent & Buchautor
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