Betriebsanalyse selbst machen: Bilanz-Selfie in der Landwirtschaft?

Eine gute Figur machen – darauf kommt es bei einem Selfie vor allem an. Und das will ein Landwirt, der zum Gespräch mit seinem Bankberater geht, natürlich auch. Dazu ist es aber wichtig, die aktuellen Betriebszahlen genau im Blick zu haben

Die schwierige wirtschaftliche Entwicklung in der Landwirtschaft und das Wachstum der Einzelbetriebe führen dazu, dass Buchführung und Bilanzierung für den Landwirt zunehmend wichtiger werden. Erst die systematische Überprüfung von Aufwendungen und Erträgen ermöglicht es, die aktuelle geschäftliche Lage zu analysieren und herauszufinden, wo es hapert.

Enorm wichtig zum Beispiel ist es, den Überblick bei Eigen- und Fremdkapital zu behalten. Im Tagesgeschäft ist das gar nicht so einfach, denn meist unterhalten die Landwirte bei mehreren Banken laufende Konten und Darlehen. Es bestehen Maschinenherstellerfinanzierungen oder es werden Lieferantenkredite, etwa bei Lagerhäusern, in Anspruch genommen. Hier gibt eine regelmäßige Überprüfung auch Aufschluss über die Stabilitäts- und Liquiditätslage – Informationen, die auch für betriebswirtschaftliche Entscheidungen herangezogen werden sollten.

Welche wesentlichen Zahlen aus seinem Jahresabschluss sollte der Landwirt kennen? Nachdem die meisten Jahresabschlüsse nach BMEL-Schema (BMEL = Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft) erstellt werden, hält sich der Aufwand dafür in Grenzen. Viele Erkenntnisse lassen sich daher in kurzer Zeit gewinnen.

Kontrolle der Rentabilität

Die Rentabilitätskontrolle soll gleichzeitig auch eine Erfolgsanalyse sein. Hier geht es um Einflussfaktoren, die auf die Wirtschaftlichkeit einwirken. Sie sollen folgende Fragen beantworten:

• Welchen Gewinn oder Verlust habe ich tatsächlich erwirtschaftet?
• Wie liege ich im Vergleich zum Vorjahr oder zu anderen Betrieben?
• Warum weicht mein Ergebnis zum Vorjahr oder zu anderen Betrieben ab?
• Was kann ich zur Verbesserung des Ergebnisses tun?

Diese Erfolgsanalyse läuft in der Regel in folgenden Schritten ab: Berechnung des zeitraumechten Gewinns, Bewertung des Ergebnisses (Vorjahresvergleich, Betriebsvergleich), Feststellung der Ursachen bei unterschiedlicher Rentabilität durch Betriebsvergleich und Feststellung eventuell vorhandener Gewinnreserven.

Bei der Ermittlung des Arbeitsertrags wird der Wert des Einkommens je Arbeitskraft ermittelt. Auch hier hilft der BMEL-Abschluss: Er enthält die Anzahl der Arbeitskräfte, die im Betrieb arbeiten (darunter fallen auch Familienangehörige, Voll- und Teilzeitkräfte). Ergänzend zu den Daten für die Ermittlung des ordentlichen Ergebnisses sind noch das Eigenkapital sowie der Wert der Grundstücke anzusetzen.

Die Fremdkapitaldeckung dient zur Beurteilung des finanziellen Risikos des Unternehmens. Dabei wird unterstellt, dass die Schulden durch Verkauf des schnell liquidierbaren Vermögens (Vieh, Maschinen, weiteres Umlaufvermögen) getilgt werden können und eine Verpachtung des Bodens und möglicherweise der Wirtschaftsgebäude möglich wäre.

Kontrolle der Stabilität

Gerade in den vergangenen Jahren sind bei landwirtschaftlichen Betrieben unvorhergesehene Risiken aufgetreten. Neben überdurchschnittlichen Marktpreisschwankungen fallen hierunter auch Beeinträchtigungen durch Krankheiten wie die Vogelgrippe. Ein Landwirtschaftsbetrieb ist umso stabiler, je höher der Eigenkapitalanteil am Vermögen und je höher die jährliche Eigenkapitalbildung ist. Nach wie vor gilt hier die Faustregel: Der Wert des Finanzanlage-, Maschinen-, Vieh- und Umlaufvermögens sollte mindestens so hoch sein wie das Fremdkapital in der Bilanz.

Hier wäre noch gewährleistet, dass ein Betrieb im Krisenfall durch Verkauf seines Vermögens seine Fremdkapitalschulden tilgen kann und eine schuldenfreie Verpachtung möglich ist. Dazu stellen sich folgende Fragen:

• Wie verändert sich das Eigenkapital im Zeitablauf (Erhöhung oder Verminderung zu Vorjahren)?
• Passt das Verhältnis von Eigen- und Fremdkapital zum Vermögen des Betriebs (wie Grund und Boden, Gebäude, Maschinen, Vorrichtungen, Tiervermögen)?
• Passen die Tilgungslaufzeiten zur betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer der Wirtschaftsgüter (Beispiel: Schlepperfinanzierung entsprechend zur Abschreibungsdauer)?
• Können die Tilgungen aus dem Ergebnis einwandfrei erbracht werden?

Kontrolle der Liquidität

Ein landwirtschaftlicher Betrieb muss in der Lage sein, seinen fälligen Verpflichtungen pünktlich und betragsgenau nachzukommen. Das betrifft zum einen alle laufenden und regelmäßigen Ausgaben (zum Beispiel Pachten, Strom, Wasser, Versicherungen, Beiträge), im Wesentlichen aber die Ausgaben für Betriebsmittel (Futtermittel, Saatgut, Dünger, Diesel), Personal sowie Zins und Tilgungsraten für alle Kredite und Darlehen.

Vorbereitung aufs Bankgespräch

Als Faustregel gilt: Der Landwirt sollte die grundlegenden wirtschaftlichen Daten seines Betriebs kennen. In erster Linie ist eine fundierte und zeitnahe Kenntnis über die Erträge – möglichst über alle Betriebszweige hinweg – notwendig. Ebenso sollte, falls schon Probleme vorhanden sind, bereits eine genaue Ursachenanalyse mit Lösungsfindung angestellt worden sein, die der Bank im Gespräch erläutert werden kann.

Sollen neue Investitionen finanziert werden, ist im Vorfeld mindestens eine Kapitaldienstgrenzberechnung einschließlich der neuen Finanzierung zu erstellen. Eine genaue Planung künftiger Auswirkungen und Erträge der neuen Investition (beispielsweise größerer Schlepper für rationellere Bearbeitung der Ackerflächen) ist dabei unabdingbar.

Es empfiehlt sich, dazu Hilfe bei seinem Steuerberater oder gegebenenfalls sogar bei einem Betriebs- oder Unternehmensberater zu holen. Der Landwirt hat in der Regel bei seiner Hausbank noch den Bonus einer guten Vermögenslage; aber eine gute Kenntnis der betriebswirtschaftlichen Zahlen, verbunden mit einer vorausschauenden Planung, vermitteln mehr als nur einen positiven Eindruck bei der Bank.
 
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