Obwohl die Anforderungen an Aufsichtsräte stetig steigen, führen diese in der öffentlichen Wahrnehmung immer noch ein Schattendasein. Im Innenverhältnis bestehen für den Aufsichtsrat jedoch zahlreiche Pflichten und auch Haftungsrisiken. Für großes Aufsehen sorgte hier zuletzt ein Beschluss des Bundesgerichtshofs (BGH-Beschluss vom 26. November 2015, 3 StR 17/15, „Nürburgring GmbH“), der zu einer Strafbarkeit des Aufsichtsratsvorsitzenden wegen Untreue führte. Der Aufsichtsratsvorsitzende hatte nicht nur eine lange Haftstrafe erhalten, er war gegenüber der GmbH auch schadensersatzpflichtig.
Das Gericht hatte über folgenden – hier stark gekürzten – Sachverhalt zu entscheiden: Der Vorsitzende des Aufsichtsrats der Nürburgring GmbH hatte einem Investor die Zahlung einer Aufwandsentschädigung in Höhe von 150.000 Euro zugesichert, ohne dass tatsächlich Aufwand angefallen war. Aufgrund der Zustimmung des Aufsichtsratsvorsitzenden zu der Auszahlung wurde der Betrag an den Investor ausgekehrt.
Der 3. Strafsenat des BGH wertete dieses Verhalten als Untreue des Aufsichtsratsvorsitzenden zulasten der GmbH. Nach Ansicht des BGH ergibt sich aus dem Pflichtenkanon des Paragraphen 111 Aktiengesetz (AktG), dass es jedem Mitglied des Aufsichtsrats im Sinne einer Vermögensbetreuungspflicht obliegt, drohenden Schaden für die Gesellschaft abzuwenden und die Vermögensinteressen der Gesellschaft zu schützen. Den Aufsichtsratsvorsitzenden treffe dabei eine inhaltlich besonders herausgehobene Pflicht zur Wahrnehmung fremder Vermögensinteressen. Durch die Zusicherung einer Aufwandsentschädigung für rein fiktiven Aufwand war im vorliegenden Fall diese Vermögensbetreuungspflicht verletzt worden und damit eine Strafbarkeit des Aufsichtsratsvorsitzenden wegen Untreue nach Ansicht des BGH gegeben. Der BGH wies jedoch nochmals darauf hin, dass diese Pflicht nicht nur den Vorsitzenden, sondern jedes Mitglied des Aufsichtsrats treffe.
Ein weiteres hohes Haftungsrisiko birgt auch die Pflicht eines jeden Aufsichtsrats, mögliche Schadensersatzansprüche der Gesellschaft gegenüber Vorstandsmitgliedern zu prüfen und diese Ansprüche auch zu verfolgen, soweit entsprechende Verdachtspunkte bestehen. Das Aufsichtsratsmitglied handelt pflichtwidrig und haftet selbst, sofern es dieser Verpflichtung nicht nachkommt (BGH, Urteil vom 21. April 1997, II ZR 175/95, „ARAG/Garmenbeck“). Auch hat der Aufsichtsrat eine Überwachungspflicht, ob beziehungsweise dass sein Unternehmen über ein funktionierendes und gelebtes Compliance-System verfügt.
Dr. Janika Sievert, Rechtsanwältin bei Ecovis in Regensburg
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