Das Flüchtlingshilfswerk der Vereinten Nationen (UNHCR) zählte Mitte 2016 weltweit 62.794.718 Menschen, die ihre Heimat wegen kriegerischer Konflikte, politischer Verfolgung oder schweren Menschenrechtsverletzungen verlassen haben. Die Hälfte der Flüchtlinge weltweit sind Kinder unter 18 Jahren. Die allermeisten Flüchtlinge stammen aus Syrien, Kolumbien und dem Irak.
Die Bundesrepublik Deutschland hat Mitte 2016 nach den Statistiken des UNHCR 1,05 Mio. Personen Zuflucht gewährt. In den letzten Jahren hat es eine spürbare Zunahme von Personen gegeben, welche in Deutschland Schutz gesucht haben. Dieses wirkt sich auch in der Region Hannover aus. Allein im Umland haben gegenwärtig knapp 14.000 Menschen einen entsprechenden aufenthaltsrechtlichen Status als Asylbewerberin oder Asylbewerber, als Asylberechtigte oder als Asylberechtigter, als Flüchtling, als Kontingentflüchtling oder besitzen eine Bescheinigung über die Meldung als Asylsuchende oder Asylsuchender. Binnen acht Jahren hat sich diese Zahl damit mehr als versechsfacht.
Die Statistikstelle der Region Hannover nimmt den Weltflüchtlingstag zum Anlass, um aufzuzeigen, wie sich unter dem Eindruck der Fluchtbewegungen der letzten Jahre die Zusammensetzung der ausländischen Bevölkerung verändert hat; insbesondere hinsichtlich einiger Staaten, die aktuell im Fokus der Flucht stehen. Dabei erfolgt ein Rückblick auf die letzten 10 Jahre. Die Region Hannover erstellt die Bevölkerungsstatistik für die 20 Kommunen im Umland von Hannover und ergänzt diese mit Informationen der Statistikstelle der Landeshauptstadt Hannover. Daraus erstellt sie nach dem vom KOSIS-Verbund entwickelten Verfahren die Bevölkerungsstatistik. Diese weist auch die Staatsangehörigkeit der Bewohnerinnen und Bewohner aus, auf welche im Folgenden Bezug genommen wird. Betrachtet werden ausschließlich Personen mit Hauptwohnsitz.
Die Hauptquellländer der Fluchtbewegungen der letzten Jahre prägen in unterschiedlichem Maße die Bevölkerungszusammensetzung der Region Hannover. Wichtig ist für die Dateninterpretation: Nicht alle Personen mit einem syrischen, kolumbianischen oder irakischen Pass sind Flüchtlinge. Vielmehr verbergen sich hinter den bloßen Zahlen unterschiedliche Migrationserfahrungen und -ursachen sowie verschiedene aufenthaltsrechtliche Stellungen. Allerdings lässt sich aus der Veränderung der Bestandszahlen durchaus erkennen, dass Flucht für einige Bevölkerungsgruppen eine nicht unwichtige Ursache sein dürfte.
Zunächst wird ein Blick auf die Sudanesinnen und Sudanesen (aus Gründen der Vergleichbarkeit einschließlich der Südsudanesinnen und Südsudanesen) geworfen. Zum Stichtag 31.12.2006 lebten regionsweit 34 Personen mit der Staatsangehörigkeit des damaligen gemeinsamen Staates, davon gerade einmal zwei in den Städten und Gemeinden im Umland. Zehn Jahre später hat sich die Anzahl im Umland wie in der Landeshauptstadt Hannover um ein Vielfaches auf 357 beziehungsweise 474 erhöht. Der Anstieg vollzog sich vor allem im Jahr 2015, als die Zahl der Personen gegenüber dem Vorjahr von 323 auf 1.180 Personen gewachsen ist. In der Zwischenzeit hat sich bis zum 31.12.2016 diese Bevölkerungsgruppe wieder auf 831 vermindert.
Auf die einzelnen Städte und Gemeinden verteilen sich die Sudanesinnen, Sudanesen, Südsudanesinnen und Südsudanesen sehr ungleichmäßig. Lebten sie Ende 2014 nur in 11 Kommunen der Region Hannover, sind sie inzwischen in 16 von 21 Städten und Gemeinden anzutreffen. In Pattensen, Springe, Wennigsen (Deister) und Wunstorf leben nach wie vor keine Personen aus dem Sudan oder dem Südsudan. Von den im Umland ansässigen Personen war etwa ein Drittel in den letzten drei Jahren in Lehrte gemeldet (2014: 57; 2015: 157; 2016: 138). Weiterhin lebten Ende 2016 viele in Burgdorf (42), Langenhagen (41) und in der Wedemark (26). Somit lebten fast 70 % der im Umland ansässigen Personen aus dem Sudan und dem Südsudan in den genannten vier Städten und Gemeinden.
Bei den Staatsangehörigen aus Syrien ist ebenfalls ein starker Anstieg der Regionsbevölkerung zu erkennen. Ende 2006 waren im Umland 478 Syrerinnen und Syrer gemeldet und zehn Jahre später 6.095 Personen; fast das 13-fache. Zum Ende des Jahres 2014 waren regionsweit 3.604 Personen erfasst, 2015 hat sich die Zahl auf 6.448 nahezu verdoppelt und 2016 kamen nochmals etwa 3.500 hinzu, so dass inzwischen 10.096 Personen in der Region Hannover leben. Damit besitzen knapp neun Promille der Bevölkerung eine syrische Staatsangehörigkeit. Wo lebt diese Bevölkerung? Gemessen an der Gesamtbevölkerung leben besonders viele in Laatzen. Der Anteil an der Bevölkerung entspricht dort einem Anteil von 2,2 %, das sind 930 Personen von 42.930 Personen mit dortigem Hauptwohnsitz. 458 davon halten sich wiederum im Stadtteil Laatzen-Mitte II auf. Unterschritten wurde der Regionsschnitt am stärksten in Wunstorf mit einem Anteil von 0,3 % an der Gesamtbevölkerung, dort waren 126 Personen registriert.
Im Umland gilt: 87,2 %, fast 90 Prozent, dieser Bevölkerungsgruppe waren jünger als 45 Jahre. 33,2 % (2.026) waren jünger als 18 Jahre und 3.289 (54,0 %) waren 18 bis 44 Jahre alt. Zählt man noch die 45 bis 65-Jährigen hinzu, sind 3.951 Personen im erwerbsfähigen Alter gewesen. Folglich waren etwa ein Drittel minderjährig und zwei Drittel waren im erwerbsfähigen Alter. Im Rentenalter (hier auf die ab 65-Jährigen bezogen) waren lediglich 117 Personen registriert.
Abschließend werden die Einwohnerinnen und Einwohner mit der Staatsangehörigkeit von Afghanistan beleuchtet. Auch hier ist ein Anstieg innerhalb der letzten zehn Jahre zu vermelden, insbesondere seit 2014. Beim Vergleich der Jahre 2006 und 2014 ist ein mäßiger Anstieg von 1.324 auf 1.636 Personen zu entnehmen. In den nächsten beiden Jahren hat sich die Zahl dann fast verdoppelt auf 3.038 zum Ende des Jahres 2016. 2016 lebten in Laatzen (191), Langenhagen (192) und Ronnenberg (119) zusammen 502 Personen mit afghanischer Staatsangehörigkeit. Diese drei Städte, die direkt an die Landeshauptstadt Hannover grenzen, hatten 37,2 % der afghanischen Bevölkerung im Umland. Gleichzeitig hatten diese Städte nur 19,4 % der Einwohnerinnen und Einwohner der Regionsbevölkerung im Umland.
Der Anstieg der Bevölkerung in der Region Hannover mag in den letzten Jahren insoweit durch Fluchtbewegungen beeinflusst gewesen zu sein. Es greift allerdings zu kurz, die Veränderung der Bevölkerungszahl damit alleine zu erklären. Vielmehr gibt es drei weitere bedeutende Entwicklungstrends in der Bevölkerungsstatistik der Region Hannover, die im Lichte der kurzzeitig besonders deutlich gestiegenen Flüchtlingszahlen ein wenig außerhalb des öffentlichen Fokus gestanden haben.
Erstens hat es eine Zunahme der Geburten bei gleichzeitiger Verlängerung der Lebenserwartung gegeben, weswegen das natürliche Bevölkerungssaldo zwar negativ, jedoch entgegen früheren Annahmen geringer ausfällt. Zweitens gibt es einen ebenso erheblichen Zuzug aus anderen Teilen des Bundesgebiets in die Region Hannover. Ein Teil dieses Zuzugs beinhaltet dabei übrigens die Flüchtlinge, zumindest insoweit diese zunächst in einer außerhalb der Region Hannover liegenden Erstaufnahmeeinrichtung gemeldet waren. Die dritte und zudem überaus beständige Zuzugsquelle stellt das EU-Ausland dar. Jahr für Jahr ergibt sich demgegenüber allein im Umland ein positiver Wanderungssaldo von mehr als 2.000 Menschen.
In der Region Hannover ist in den letzten Jahren die Zahl der Rumäninnen und Rumänen sowie der Bulgarinnen und Bulgaren stark angewachsen. Deren Zuwachsraten sind bei einer Zehnjahresbetrachtung durchaus mit der Entwicklung vergleichbar, die sich in Bezug auf das Fluchtland Syrien ergeben hat. In absoluten Größenordnungen wiederum ist insbesondere die stetige Zunahme der Bevölkerung mit polnischer Staatsangehörigkeit herausragend. Die Polinnen und Polen sind bei Fortschreibung der Entwicklung dabei, die Türkinnen und Türken als größte Ausländergruppe in der Region Hannover abzulösen. Deutlich wird das daran, dass 2006 nur in einer einzigen Kommune (der Wedemark) die Zahl der Ausländerinnen und Ausländer mit polnischer Staatsangehörigkeit die derer mit türkischer übertroffen hat. 2016 war dieses bereits in 13 der 21 regionsangehörigen Kommunen der Fall.
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