„Animal-Aided Design“: Gebäude und Wohnumfeld für Mensch und Tier attraktiv gestalten

Natur lässt sich auch im direkten Wohnumfeld in der Stadt erleben, wenn entsprechend geplant wird. Ein ganz neuartiger Ansatz ist dabei, nicht nur bei Grün- und Freiflächen, sondern auch bei der Planung von Gebäuden die Bedürfnisse von Tieren mit zu berücksichtigen. Denn die Ansprüche von Mensch und Tier lassen sich auch beim Wohnungsbau sehr wohl verbinden – zum beiderseitigen Vorteil. So werden nicht nur neue Lebensmöglichkeiten für stadtbewohnende Tiere geschaffen, sondern auch neue Formen der Naturerfahrung für die Menschen in ihrem unmittelbaren Wohnumfeld. Das ist das wichtigste Ergebnis der Voruntersuchung zum Erprobungs- und Entwicklungsvorhaben „Animal Aided Design“. Einblicke in die Planungsidee und Ergebnisse der Voruntersuchung gibt eine Fachtagung am 17. Januar 2019 in Berlin. Veranstalter sind das Bundesamt für Naturschutz (BfN) sowie die Technische Universität München und die Universität Kassel.

Animal-Aided Design ist eine Planungsmethode, die helfen soll, die Bedürfnisse von Wildtieren besser in die Planung von Gebäuden und Grünflächen zu integrieren, sowohl im Städtebau als auch in der Landschaftsarchitektur. Konkret bedeutet das, dass im Wohnumfeld erwünschte Tierarten, wie Igel, Singvögel oder Schmetterlinge, bereits zu Beginn der Planung ausgewählt werden. So können ihre Ansprüche bereits zum Gegenstand der Ausschreibung von Wettbewerbsverfahren gemacht und dann in die Ausgestaltung von Hochbauten und Freiräumen konkret mit einbezogen werden. Keine Rolle spielt dabei, ob es sich um Neubauten oder Sanierungsmaßnahmen handelt.

BfN-Präsidentin Prof. Dr. Beate Jessel erklärt: „Animal-Aided Design zeigt in einem interdisziplinären Ansatz von Ökologie, Zoologie, Architektur, Landschaftsarchitektur und Planung, wie konkrete Maßnahmen zum Schutz und zur Entwicklung der biologischen Vielfalt gerade im städtischen Wohnumfeld ökologisch sinnvoll und in ästhetisch ansprechender Form gelingen können. Etwa indem Nisthilfen für Mauersegler in die Fassaden von Gebäuden integriert werden, blühende und nektarreiche Pflanzungen für Schmetterlinge gestaltet und schützende Gehölze für Sperlinge und andere Vogelarten angelegt werden. Zugleich entstehen so neue Formen der Zusammenarbeit mit Akteuren nicht nur aus der Landschaftsarchitektur und Grünplanung, sondern auch der Wohnungswirtschaft und Architektur. So werden wichtige neue Zielgruppen mit großem Wirkungsbereich und Flächenverantwortung erreicht.“

Prof. Dr. Wolfgang Weisser, Professor für Terrestrische Ökologie an der Technischen Universität München betont: „Angesichts anhaltenden Städtewachstums ist es von entscheidender Bedeutung, Maßnahmen, die der biologischen Vielfalt zugutekommen, aktiv in städtische Planungsprozesse einzubinden. So kann ein wichtiger Beitrag geleistet werden, um städtische Natur und ihre Ökosystemleistungen in der Stadt zu erhalten. In der aktuellen Stadtentwicklung erscheint es jedoch oft schwierig, menschliche Interessen mit den Ansprüchen stadtbewohnender Tierarten zu verbinden. Hier setzt Animal-Aided Design an, das darauf zielt, Tierbedürfnisse aktiv in die Stadt- und Freiraumplanung einzubinden.“

Dr. Thomas E. Hauck vom Fachgebiet für Freiraumplanung an der Universität Kassel führt hierzu an: „Animal-Aided Design rückt die Ansprüche einzelner Arten in den Fokus und zielt darauf ab, deren Bedürfnisse in die Entwurfsplanung zu integrieren. So können ganz neue urbane Naturbilder entstehen und Naturerfahrungen in der Stadt ermöglicht werden. Die Kenntnisse über den Lebenszyklus einer Art und über die Bedürfnisse der Tiere in allen Lebensphasen sind der Schlüssel für erfolgreiches Gestalten mit Tieren. Um eine Population der gewünschten Tierart mit einer hohen Wahrscheinlichkeit dauerhaft zu unterstützen oder anzusiedeln, müssen die Planerinnen und Planer über die spezifischen Bedürfnisse des Tieres in all seinen Lebensphasen Bescheid wissen und diese Kenntnisse dann in die Entwurfsplanung einbeziehen.“

Im Rahmen der Fachtagung „Animal-Aided Design im Wohnumfeld“ werden die Ergebnisse der Voruntersuchung vorgestellt und mit Akteuren aus Planung, Naturschutz und Wohnungswirtschaft diskutiert. Präsentiert werden die Ergebnisse der bundesweiten Umfrage unter Wohnungsbauunternehmen zur Rolle von Wildtieren im Wohnumfeld, die Entwürfe von zehn Beispielprojekten und die Erfahrungen der an der Studie beteiligten Wohnungsbauunternehmen. Darüber hinaus werden die Hindernisse und Potentiale zur Artenförderung im Wohnumfeld bei Neubau, Sanierung und in der Pflege der Gebäude und Freiflächen diskutiert. Vorgestellt und diskutiert werden die Erfahrungen mit Artenförderung in der alltäglichen Praxis von Stadtentwicklung und Naturschutz und erfolgreiche internationale Ansätze und Beispiele.

Hintergrund
Seit Anfang 2017 wird die Voruntersuchung zum Entwicklungs- und Erprobungsvorhaben „Animal-Aided Design – Einbeziehung von Tierbedürfnissen in die Planung und Gestaltung von Freiräumen“ als Kooperationsprojekt der Technischen Universität München und der Universität Kassel vom Bundesamt für Naturschutz (BfN) mit Mitteln des Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit (BMU) gefördert. Der Fokus der Betrachtung liegt auf den gebäudebezogenen Freiflächen im Wohnungsbau. Im Rahmen des Forschungsprojektes sollte geprüft werden, für welche Tierarten, für welche Projekte des Wohnungsbaus und in welchen Phasen der Objektplanung eine Anwendung von AAD in der Stadt generell erfolgsversprechend ist.

Der Fördertitel des Bundesumweltministeriums (BMU) Erprobungs- und Entwicklungsvorhaben im Bereich Naturschutz und Landschaftspflege wurde 1987 eingerichtet. Er eröffnet die Möglichkeit, die konzeptionellen Vorstellungen des Bundes zur Naturschutzpolitik beispielhaft zu demonstrieren, in der Praxis weiterzuentwickeln und so die Entscheidungsgrundlagen für die künftige Arbeit zu verbessern. Der Fördertitel wird fachlich und administrativ vom Bundesamt für Naturschutz (BfN) betreut. Einen Förderschwerpunkt bildet die ökologische Stadterneuerung, in dem modellhaft neue Wege für eine naturschutzgerechte Entwicklung urbaner Räume erprobt werden.

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