„Der Vogelsbergkreis steht gut da“

„Ist der Vogelsbergkreis ein attraktiver Wirtschaftsstandort oder doch eher ein Naherholungsgebiet?“ Eindeutig lässt sich diese Frage wohl kaum beantworten – auch nicht beim gut besuchten Unternehmerdialog im Gasthaus Graulich in Rainrod. Denn der Vogelsbergkreis hat beides, er punktet als Wirtschaftsstandort mit attraktiven Arbeitsplätzen und als beliebter und geschätzter Ort zum Wohnen und Leben. Eins jedenfalls steht für Landrat Manfred Görig fest: „Der Vogelsbergkreis ist nicht abgehängt.“

Zahlen und Fakten belegen das. Gerade beim jüngst veröffentlichten Ranking zum Pro-Kopf-Einkommen hat der Vogelsbergkreis mit 21.600 Euro sehr gut abgeschnitten und somit im Vergleich zum Jahr 2000 um mehr als 20 Prozent zugelegt, betont Wirtschaftsdezernent Dr. Jens Mischak bei der Begrüßung und ergänzt: Die Mietkosten in der Region sind nicht in gleichem Maße gestiegen, „effektiv ist für unsere Bürger also noch mehr übrig“.

„Der Vogelsbergkreis steht gut da“, betont Landrat Manfred Görig bei der anschließenden Podiumsdiskussion. „In den Bereichen mit einer guten Verkehrsanbindung haben wir Zuzug.“ Und dort, wo viele Arbeitsplätze vorhanden sind, kommen die Arbeitskräfte sogar aus benachbarten Kreisen, zählt der Landrat auf. „Das ist noch nicht der Umschwung in der demografischen Entwicklung, aber in der Summe hat sich schon sehr viel bewegt. Die Situation ist gut für uns und wir sind ja auch noch aktiv dabei, sie weiter zu verbessern, um junge Familien in den Vogelsbergkreis zu holen.“ Für die dürfte die Region in der Tat interessant sein – auch vor dem Hintergrund hoher Mietkosten oder dem Verkehrskollaps in den Ballungsräumen. „Das wird sich positiv für unsere Region auswirken“, zeigt sich der Landrat überzeugt.

Einen Blick zurück auf das Jahr 2009 und damit auf die Finanz- und Wirtschaftskrise wirft Hessens Finanzminister Dr. Thomas Schäfer. „Damals hat man mit trübseligerem Blick in die Zukunft geschaut“, niemand hätte es für möglich gehalten, dass der Vogelsbergkreis heute eine sehr geringe Arbeitslosenquote von 3,5 Prozent hat, dass das Pro-Kopf-Einkommen um besagte 20 Prozent gestiegen ist und dass in der Region Fachkräftemangel herrscht. „Manche Herausforderung, die wir überstanden haben, gibt Anlass, stark zu sein.“ Der Minister ruft dazu auf, den Wandel aktiv weiter zu gestalten. Große Herausforderung ist neben der Sicherstellung der ärztlichen Versorgung und der Breitband-Versorgung vor allem auch der Erhalt der Infrastruktur mit weniger Menschen. „Ich kann Ihnen nur raten, führen Sie diese Diskussion frühzeitig und intensiv“, so Thomas Schäfer.

„Wenn sich eine Region entwickeln soll, dann muss auch mehr Geld in die Hand genommen werden“, mahnt Landrat Manfred Görig und attestiert dem Minister, dass die Änderung des kommunalen Finanzausgleichs „überfällig“ war. Für die Mittelzentren sei es gut gelaufen, „aber wir als Landkreis können nicht zufrieden sein, bei uns ist nicht so viel geblieben“. Und es stehen noch eine ganze Reihe von Aufgaben an, die den Kreis viel Geld kosten werden. Manfred Görig zählt zahlreiche Beispiele auf wie die hausärztlichen Versorgung, den (teuren) Erhalt kleiner Schulen in den Gemeinden und Breitband-Ausbau. Dabei kritisiert er den bürokratischen und zeitlichen Aufwand rund um die Förderprogramme. „Packt die Vorschriften nicht in fünf Ordner, sondern in einen Hefter. Gebt uns das Geld und lasst uns das machen, dann bringen wir die PS auch auf die Straße“, findet der Landrat deutliche Worte an Berlin gerichtet. Anders gesagt: „Wenn ich das Geld, das ich wegen all der Förderprogramme mit ihren Vorschriften für Juristen und Berater ausgeben musste, hätte in der Erde verbauen können, da wären wir heute schon fertig mit dem Breitbandausbau.“

Skepsis auch beim 5G-Ausbau: „Ich weiß gar nicht, ob sich das in Berlin jemand vorstellen kann: Wenn ich durch den Vogelsbergkreis fahre und telefoniere, dann werde ich fünfmal unterbrochen, da habe ich kein Handy-Netz mehr. Es kann doch nicht sein, dass wir im Jahr 2019 noch kein funktionierendes Netz haben.“

Abbau von Bürokratie und der Anschluss an das schnelle Internet sind Wünsche, die auch Kreishandwerksmeister Edwin Giese in der Schlussrunde der Podiumsdiskussion äußert. Zudem liegt ihm besonders der Erhalt der Berufsschulklassen am Herzen. „Der Vogelsberg wird seit Jahren ausgedünnt, wir verlieren eine Klasse nach der anderen, da muss ein Ausgleich her“, so die Forderung des Kreishandwerksmeisters. Internet und 5G sind für IHK-Präsident Rainer Schwarz ebenfalls die Themen der Zukunft. Er ruft dazu auf, die Spielräume, die dank hoher Steuereinnahmen gegeben sind, zu nutzen, um die Region weiter voran zu bringen. 

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