„Der Staat wird mehr und mehr zum Treiber der Baupreise. Die ständige Novellierung der Vorschriften und die zunehmende Komplexität führen dazu, dass die Betriebe keine Routine im Umgang mit den Regelungen entwickeln können. In der Summe werden Produktivitätsgewinne verhindert, was höhere Baukosten als nötig nach sich zieht. Zudem leiden gerade kleine und mittelständische Bauunternehmen unter den übertrieben hohen technischen Anforderungen und müssen zunehmend den Großunternehmen das Feld überlassen. Die staatliche Regelungsdynamik führt so zu einem Konzentrationsprozess innerhalb der Branche und ist damit das Gegenteil einer mittelstandsfreundlichen Politik“, so IHK-Hauptgeschäftsführer Dr. Heino Klingen zu der heute von der IHK vorgelegten Untersuchung.
Als wesentliche Gründe nennt die Kammer die verschiedenen Stufen der Energieeinsparverordnung und das Erneuerbare-Energie-Wärmegesetz. Beides zusammengenommen hat seit der Jahrtausendwende zu einem Aufwuchs der Baukosten für ein Wohngebäude in Höhe von 19 Prozent geführt. Als Preistreiber wirken zudem kommunale Vorgaben, wie beispielsweise zur Zahl der bereitzustellenden PKW-Stellplätze, zum Einsatz bestimmter Wärmeversorgungssysteme auf kommunalen Grundstücken, zu ökologischen Maßnahmen (Regenwasserrückhaltung, Dachbegrünung), zu Naturschutzauflagen (Erhalt und Pflanzen von Bäumen etc.) sowie zum Denkmalschutz. Im Saarland hat darüber hinaus vor allem die wiederholte Erhöhung der Grunderwerbsteuer zu einer deutlichen Kostensteigerung geführt. Mit 6,5 Prozent liegt das Saarland inzwischen gemeinsam mit Brandenburg, NRW, Schleswig-Holstein und Thüringen in der Spitzengruppe der Bundesländer. Keine Steuer ist in den vergangenen Jahren deutlicher und schneller gestiegen. Allein dadurch haben sich die Anschaffungskosten eines durchschnittlichen Eigenheims im Saarland um rund 15.000 Euro gegenüber 2006 verteuert.
Um den Preisanstieg zu dämpfen, ist aus Sicht der IHK ein zügiges Umdenken erforderlich. Der erste Schritt sollte eine Regulierungspause sein. Denn für eine Produktivitätssteigerung in der gesamten Prozesskette Bau – so Klingen – sei eine deutliche längere Geltung von Rechtsvorschriften nötig. Zudem gelte es, das gesamte Normenwesen im Baubereich zu durchforsten und zu verschlanken. Hilfreich wäre es, wenn es zukünftig nur noch eine bundesweit einheitliche Bauordnung statt 16 verschiedene Landesbauordnungen gäbe. Dies würde es der Bauwirtschaft ermöglichen, deutschlandweit auf Grundlage einheitlicher Vorschriften zu planen und zu bauen. Durch Lernkurven- und Skaleneffekte würden auch die Kosten für die Bauherren sinken.
Baukosten durch technologieoffene Normen dämpfen
Dass der Preisauftrieb unterbrochen werden kann, zeigt sich in den Niederlanden. Dort wurde mit einer mutigen Reform der Bauordnung erreicht, dass die Baukosten im letzten Jahrzehnt nur moderat gestiegen sind. Die niederländische Bauordnung stützt sich inzwischen hauptsächlich auf Zielvorgaben. Es bleibt dabei den Bauherren überlassen wie sie beispielsweise Energie einsparen oder Wohnungen vor Schall schützen, solange sie nur die vorgegebenen Richtwerte erreichen. Das fördert das Innovationspotential der Bauunternehmen. Neue kostensenkende Konzepte entstehen. „Technologieoffene Normen legen den Grundstein für kosteneffizientere Bauweisen und wären ein bedeutender Schritt, um den Anstieg der Baukosten einzudämmen. Primärer Ansatzpunkt ist daher eine grundlegende Überarbeitung der Energieeinsparverordnung“, so Klingen.
Normen müssen Kosten-Check unterzogen werden
Darüber hinaus appelliert die IHK an die Politik, künftig alle neuen Regelungen sowie Novellierungen bestehender Vorschriften einem Kosten-Check zu unterziehen. Das heißt: Ohne den Nachweis der Wirtschaftlichkeit durch eine Folgekostenabschätzung dürfen keine neuen Gesetze oder Novellierungen verabschiedet werden. Aus Sicht der IHK sollten Bund und Länder zudem Bauherrn nicht weiterhin dadurch belasten, dass Steuern und Gebühren fortwährend erhöht werden. Gerade der Trend, über die Erhöhung der Grunderwerbsteuer zusätzliche Einnahmen für die Länderhaushalte zu erzielen, muss gestoppt werden. Vor allem auch, um jenen jungen Familien den Erwerb von Eigentum zu ermöglichen, die nicht vom Baukindergeld profitieren.
„Dass das Saarland den Anspruch erhebt, Vorreiter in Bezug auf die Digitalisierung von Baugenehmigungen zu sein, ist eine gute Grundlage. Bleibt zu hoffen, dass es im Rahmen der Umsetzung auch zu einer radikalen Verschlankung der Bauvorschriften kommt. Ziel muss es sein, dass das Saarland eine Landesbauordnung erhält, die zum Bauen animiert. Unser Bundesland wäre damit deutschlandweit Best Practice in Bezug auf Digitalisierung und Verschlankung der Bauprozesse, verbunden mit dem Ziel einer messbaren Kostensenkung im Baubereich“, so Klingen.
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