Bilder entstehen in den Köpfen der Blinden

Wozu eigentlich eine Freizeit für Blinde? Die sehen ja doch nichts. Lohnt es sich da überhaupt an andere Orte zu fahren? „Auf jeden Fall“, meint Pastor Andre Thäder. „Auch Blinde haben das Bedürfnis unterschiedliche Orte, Landschaften und Länder kennen zu lernen.“ Thäder, der die diesjährige Blindenfreizeit in Freudenstadt organisierte, ist der Leiter der Hope Hörbücherei, eine Einrichtung des adventistischen Medienzentrums Stimme der Hoffnung in Alsbach-Hähnlein bei Darmstadt.

Blinde spüren, was sie gerade erleben

Die Sprache und die Atmosphäre, die Kultur und das Klima wären nicht nur mit den Augen erfahrbar, sondern auch durch das Hören, Riechen und Schmecken, gibt Thäder zu bedenken. Aber was heißt das konkret? Jeder Ausflug der Blindenfreizeit werde vorab erst einmal ausführlich beschrieben. Außerdem versuche das Team etwas vorzubereiten, was die Teilnehmer ertasten können. Zum Beispiel ein Fühlbild mit dem Grundriss der Stadt, die besucht werden soll oder mit Modellen von markanten Gebäuden. Dieses Jahr gab es laut Pastor Thäder unter anderem Ausflüge in die Straßburger Altstadt, ins Europaparlament sowie zu einem Baumwipfelpfad. Blinde könnten sehr genau spüren was sie gerade erleben: den Wind in den Baumwipfeln, die sakrale Stimmung einer Kirche oder die Atmosphäre eines Parlamentsgebäudes.

Alle zwei Jahre eine Blindenfreizeit

„Die Freizeitteilnehmer genießen den Austausch unter Mitbetroffenen, außerdem trauen sie sich in der Gruppe Dinge, die sie sich alleine nicht zutrauen“ so der Leiter der Hope Hörbücherei. Abends hätten sich die 19 Blinden und Sehbehinderten erzählt, was sie am Tag „gesehen“ haben. Denn in den Köpfen der Blinden entstünden Bilder der Dinge, die sie gespürt, gehört, gerochen und geschmeckt haben, erläutert Thäder. Die diesjährige Blindenfreizeit fand vom 1. bis 15. August im „Haus Schwarzwaldsonne“ in Freudenstadt statt. Die Teilnehmer kamen aus Deutschland und Österreich. Die Freizeit 2019 wurde durch die „Aktion Mensch“ gefördert.

„Alle zwei Jahre organisieren wir solch eine Freizeit“, so Thäder. Der Veranstalter ist das Advent-Wohlfahrtswerk, das Sozialwerk der Freikirche der Siebenten-Tags-Adventisten. Verantwortlich für die Durchführung ist der Leiter der Hope Hörbücherei des Medienzentrums „Stimme der Hoffnung“. Die nächste Blindenfreizeit ist für Sommer 2021 vorgesehen.

Hope Hörbücherei

Der Dienst der Hope Hörbücherei wurde 1964 als Blindenhörbücherei der STIMME DER HOFFNUNG ins Leben gerufen. Jeder, der sehbehindert oder blind ist, kann christliche Zeitschriften und andere Veröffentlichungen auf DAISY-CD, MP3-CD oder Audio-CD und Bücher auf DAISY-CD, MP3-CD gesprochen kostenlos ausleihen. Der Verleih von mehreren Hörbüchern auf einer SD-Karte ist möglich. Ältere Buchtitel gibt es auch noch auf Kassetten. Weitere Informationen unter: https://www.blindenhoer-buecherei.de/

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