Herr Klingelhöfer, was regelt das Montrealer Übereinkommen?
RA Tobias Klingelhöfer: Es heißt in der Amtssprache „Übereinkommen zur Vereinheitlichung bestimmter Vorschriften über die Beförderung im internationalen Luftverkehr“ und regelt unter anderem alles rund um verspätetes und verloren gegangenes Gepäck bei internationalen Flügen.
Was kann ein Fluggast tun, wenn sein Gepäck sich verspätet?
RA Tobias Klingelhöfer: Verspätet sich der Koffer, darf der Passagier – bis das Gepäck wieder auftaucht – notwendige Dinge für den Aufenthalt kaufen. Dies können z. B. Kleider und Pflegemittel sein, die sich ansonsten im Koffer befinden. Es darf aber nur das gekauft werden, was auch wirklich benötigt wird, und die Neuanschaffungen dürfen keinesfalls mehr wert sein als der Gepäckinhalt. Bei Vorlage entsprechender Quittungen ist die Fluggesellschaft zur Erstattung verpflichtet, wobei es eine Höchstgrenze von knapp 1.400 Euro gibt. Wenn der Koffer den gesamten Urlaub fehlt, können Reisende, die über einen Reiseveranstalter gebucht haben, von ihm bis zur Hälfte des Reisepreises zurückfordern. In jedem Fall gilt, dass die Reisenden so schnell wie möglich schriftlich der Fluggesellschaft den Verlust bzw. die Beschädigung anzeigen müssen. Am besten per Einschreiben mit Rückschein.
Wer haftet, wenn der Koffer verschwindet?
RA Tobias Klingelhöfer: Als wirklich verloren gilt ein Koffer nach 100 Tagen. Ist das Gepäck verloren oder beschädigt, haftet die Fluggesellschaft – allerdings ebenfalls nur bis zu einem Höchstbetrag von knapp 1.400 Euro. Wollen die Reisenden bei einem etwaigen Verlust mehr Geld, so sollten sie den Wert ihres Gepäcks bereits bei der Aufgabe angeben – in diesen Fällen fällt jedoch eine Extragebühr an. Einige Fluggesellschaften raten daher, Wertgegenstände mit ins Handgepäck zu nehmen.
Wie kann man sich denn schützen?
RA Tobias Klingelhöfer: Da der Verlust von Gepäck meistens auf einen Fehler des Boden- oder Flugpersonals oder Diebstahl zurückzuführen ist, kann man sich kaum dagegen schützen. Experten raten, auf teure Designer-Koffer zu verzichten. Diebe wittern darin größere Beute als in unauffälligen preiswerten Gepäckstücken.
Schrecken abschließbare Koffer Langfinger ab?
RA Tobias Klingelhöfer: Die Schutzwirkung von abschließbarem Gepäck ist begrenzt. Koffer abzuschließen ist besonders bei Auslandsreisen wenig hilfreich, denn der Zoll ist berechtigt, das Gepäck zu öffnen. USA-Reisenden hilft da allerdings ein TSA-Schloss. Damit ist der Koffer abgeschlossen, die amerikanischen Sicherheitsbehörden haben aber einen Generalschlüssel zur Gepäckprüfung.
Und wenn der Koffer nicht bei einer Fernbusreise verschwindet?
RA Tobias Klingelhöfer: Bei Fernbusreisen innerhalb der EU sind die Rechte der Fahrgäste auch in einer Verordnung geregelt. Demnach sind die Fernbusunternehmen dann in der Haftung, wenn es während der Reise durch einen Unfall des Busses zum Verlust oder der Beschädigung eines Gepäckstücks kommt. Die Haftung des Fernbusunternehmens ist auf maximal 1.200 Euro pro Koffer festgelegt. Die Haftung für den Verlust eines Gepäckstücks durch Diebstahl oder Verwechselung – etwa bei einem Zwischenstopp des Busses – schließen die Anbieter in der Regel in ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) aus. Hier muss im Einzelfall geprüft werden, ob die jeweiligen AGB wirksam sind.
Wer haftet für verlorenes oder entwendetes Gepäck bei der Bahn?
RA Tobias Klingelhöfer: Wenn das Gepäck aufgegeben wurde, haftet die Bahn selbstverständlich, wenn es nicht am Zielort ankommt. Bei Handgepäck – auch größeren Koffern –, das im Gepäcknetz oder dafür vorgesehenen Nischen mitreist, haftet das Bahnunternehmen nur, wenn der Gast nachweisen kann, dass der Verlust auf ein Verschulden des Unternehmens oder seiner Mitarbeiter zurückzuführen ist. Das ist in der Praxis aber sehr schwierig.
Bleibt noch der Gepäckverlust auf einer Kreuzfahrt. Wer haftet da?
RA Tobias Klingelhöfer: Da sich das Gepäck während der gesamten Reise in der Kabine der Reisenden befindet, sind diese auch dafür selbst verantwortlich. Das Gepäck könnte aber auch nur verschwinden, wenn in die Kabine eingebrochen wird. War die Kabinentür in so einem Fall verschlossen, haften die Kreuzfahrtlinie oder der Veranstalter. Wesentlich häufiger kommt es allerdings vor, dass das Reisegepäck erst verspätet auf dem Kreuzfahrtschiff ankommt. Dann kann der Reisepreis pro Reisetag, den man ohne sein Gepäck an Bord verbringt, um 30 Prozent gemindert werden. Ein Ehepaar buchte im konkreten Fall eine Mittelmeerkreuzfahrt ab Genua. Dort stellte es fest, dass die Koffer, die es am Flughafen aufgegeben hatte, nicht eingetroffen waren. Wegen dieser Beeinträchtigung minderten die Reisenden den Reisepreis für die fünf Tage bis zum Eintreffen des Gepäcks. Ein Schadensersatz für entgangenen Urlaubsgenuss konnten sie allerdings nicht geltend machen (AG München, Az.: 132 C 20772/08).
Weitere interessante Informationen unter:
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