Experteninterview: Dauerparker unerwünscht?

Dauerparkern auf Supermarktparkplätzen geht es immer öfter an den Kragen – oder auch an die Geldbörse. Immer mehr Supermarktketten, Baumärkte, Kauf- und Möbelhäuser lassen ihre Parkplätze von privaten Firmen kontrollieren. Wer dort zu lange parkt, riskiert ein „Knöllchen“, das mitunter mehr kostet, als der Parkverstoß auf städtischem Grund und Boden. Aber ist dieses Vorgehen überhaupt zulässig? Und welche Regeln gelten noch auf den Parkplätzen vor den Einkaufsparadiesen? Rechtsanwalt Tobias Klingelhöfer gibt Antworten.

Gilt auf Kundenparkplätzen die Straßenverkehrsordnung (StVO)?

RA Tobias Klingelhöfer: Das hängt – vereinfacht gesagt – davon ab, ob der Parkplatz durch eine Schranke abgesperrt ist oder nicht. Denn die Straßenverkehrsordnung (StVO) ist nur im sogenannten öffentlichen Verkehrsraum anwendbar. Nach der Rechtsprechung ist ein Verkehrsraum aber immer dann öffentlich, wenn er für jedermann oder zumindest für allgemein bestimmte Gruppen von Benutzern zugänglich ist (LG Potsdam, Az.: 27 Ns 143/03). Auf die Eigentumsverhältnisse oder auf eine verwaltungsrechtliche Widmung als Straße kommt es dabei nicht an. Für Kundenparkplätze von Supermärkten oder Warenhäusern bedeutet das also: Sind sie nicht baulich – z. B. durch eine Schranke – abgetrennt, gilt auf ihnen die StVO in jedem Fall. Ob der Eigentümer ein entsprechendes Hinweisschild aufgestellt hat oder nicht, hat rechtlich keinerlei Auswirkungen. Anders sieht es indes auf abgesperrten Privatparkplätzen aus: Hier kann der Eigentümer zwar nicht einfach die Geltung der StVO festlegen. Er kann jedoch eigene Regeln aufstellen, die mit denen der StVO übereinstimmen können.

Dürfen Supermärkte überhaupt „Knöllchen“ verteilen?

RA Tobias Klingelhöfer: Ja, das Kassieren einer Strafe für überlanges Parken ist rechtens. Supermärkte können – wie andere private Parkplatzbetreiber auch – die Nutzung ihrer Kundenparkplätze durch Aufstellen oder Aushängen einer – gut sichtbaren – Parkplatzordnung reglementieren. Rechtlich handelt es sich dabei um Allgemeine Geschäftsbedingungen. Oft geschieht dies durch Schilder, die auf eine Parkscheibenpflicht hinweisen und gleichzeitig die erlaubte Parkdauer beschränken. Bei Überschreiten der Höchstparkdauer wird ausweislich der Hinweisschilder ein erhöhtes Parkentgelt fällig. Wer seinen Pkw nun auf einem derart beschilderten Kundenparkplatz abstellt, akzeptiert die Parkplatzordnung und geht damit automatisch einen Nutzungsvertrag ein.

Kundenparkplätze werden immer öfter überwacht. Wer macht das und was kosten die Knöllchen?

RA Tobias Klingelhöfer: Das Einhalten der Parkplatzordnung kann der Betreiber selbstverständlich selbst überwachen – oder durch private Firmen überwachen lassen. Mitunter werden die Supermarktparkplätze auch an Überwachungsfirmen verpachtet, die dann im eigenen Namen "Knöllchen" verteilen. Während der Parkverstoß auf öffentlichem Grund allerdings als Ordnungswidrigkeit mit einem (gesetzlich festgelegten) Verwarnungs- oder Bußgeld geahndet wird, handelt es sich bei dem Parkentgelt, dass die privaten „Politessen“ auf den Kundenparkplätzen verlangen, aus rechtlicher Sicht um eine sogenannte Vertragsstrafe. Ob deren Höhe angemessen ist, kommt auf den Einzelfall an. Die 15 Euro, die etwa bei Aldi fällig werden, wenn zu lange oder ohne Parkscheibe geparkt wurde, dürften aber ebenso im Rahmen sein, wie die 20 oder auch 30 Euro, die andere Supermarktketten in Rechnung stellen.

Kann man sich wehren?

RA Tobias Klingelhöfer: Selbstverständlich kann man jedem "Knöllchen" widersprechen. Es ist aber schwer zu beweisen, dass man entgegen den Vorwürfen regelgerecht geparkt hat. Oft sind die Vorfälle auch bestens dokumentiert; denn die Händler, die die Kundenparkplätze betreiben, wollen mit unberechtigten „Knöllchen“ ja keine Kunden vergraulen. Und wenn man für die Abwehr des Anspruchs rechtlichen Beistand benötigt, wird es auf jeden Fall sehr viel teurer als die erhöhte Parkgebühr. 

Darf auch kostenpflichtig abgeschleppt werden?

RA Tobias Klingelhöfer: Ja, einen unbefugt abgestellten Wagen darf der Betreiber eines Kundenparkplatzes auch abschleppen lassen. Auf dieses „Risiko“ weisen die Supermärkte in der Regel auf den entsprechenden Schildern auch hin. Wer dann trotzdem ohne Parkscheibe parkt, nicht im Laden einkauft oder die erlaubte Höchstparkdauer überschreitet, muss damit rechnen, dass der Abschleppdienst kommt – und das Fahrzeug erst nach Bezahlung der Abschleppkosten wieder herausgibt. Das unbefugte Parken bedeutet nämlich laut Bundesgerichtshof (BGH) eine sogenannte „verbotene Eigenmacht“, sprich eine Beeinträchtigung des Besitzrechts. Um diese Beeinträchtigung zu beseitigen, darf der Besitzer des Kundenparkplatzes sein gesetzliches Selbsthilferecht (§ 859 BGB) ausüben und das unberechtigt parkende Fahrzeug abschleppen lassen. Das Abschleppen sei sogar dann zulässig, so die Richter, wenn auf dem Gelände noch andere Parkplätze frei waren (Az.: V ZR 144/08). 

Wer zahlt die Strafe beim Auto vom Car-Sharing?

RA Tobias Klingelhöfer: Die Car-Sharing-Anbieter wissen genau, wer zu welcher Zeit das Fahrzeug in Gebrauch hatte. Somit streckt der Anbieter die entstandenen Kosten höchstens vor und holt sie sich vom Nutzer wieder. Es gibt also auch hier kein Entrinnen: Wer regelwidrig parkt, muss Straf¬zettel oder Abschleppgebühren zahlen. Das ist noch nicht alles: In der Regel erheben die Car-Sharing-Anbieter pauschale Bearbei-tungsgebühren. Die variieren allerdings stark. So berechnet Car2Go bei einem normalen Parkverstoß für die Ermittlung des Fahrers und die Weitergabe der Perso¬nalien an die Ordnungsbehörden 10 Euro; wird das Fahrzeug abgeschleppt, werden es sogar 50 Euro. DriveNow berechnet hingegen 18 Euro für die Bearbeitung von Ordnungswidrigkeiten und 25 Euro bei Abschleppvorgängen. Beide Anbieter berechnen 50 Euro, wenn Mitarbeiter die Pkw umparken müssen.

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