Kader Attia wurde 1970 als Sohn algerischer Eltern in einem Vorort nördlich von Paris geboren. Die Erfahrung eines Lebens in zwei Kulturen nutzt der heute in Berlin und Paris arbeitende Künstler als Ausgangspunkt für seine bildnerische Praxis.
DIE SCHWEIZ UND DIE RESTITUTION AFRIKANISCHER ARTEFAKTE
In einer für das Kunsthaus Zürich geschaffenen neuen Videoinstallation thematisiert Attia die aktuell viel diskutierte Frage der «Restitution» nicht-westlicher, insbesondere afrikanischer Artefakte. Die Arbeit ist ein Versuch, sich dem komplexen Thema anzunähern. Historikerinnen, Philosophen, Aktivistinnen, Psychoanalytiker oder Ökonomen kommen darin zu Wort. Ohne Schuldzuweisungen trägt Kader Attia die unterschiedlichen Standpunkte zusammen, mit dem Ziel, eine differenzierte Auseinandersetzung mit dem Thema zu ermöglichen. Die Geschichte der Schweiz und ihrer Sammlungen fliesst in den vielschichtigen Film ein und fördert spannende neue Erkenntnisse zutage.
ATTIAS WERKE IM KUNSTHAUS
Seit mehreren Jahren untersucht Attia das Konzept der «Reparatur». Etwas reparieren heisst, es wiederherstellen. Doch gleichzeitig bedeutet Reparatur auch Unrecht ausgleichen, wie es z. B. der Begriff der «Reparaturzahlung» zum Ausdruck bringt. Attia spielt in seinen Werken mit der Doppelbedeutung des Wortes und untersucht die unterschiedlichen Konzepte, die in der westlichen und nicht-westlichen Welt hinter dem Begriff stehen. Eine eindrückliche Arbeit zu diesem Thema zeigte Attia 2012 auf der documenta (13) in Kassel. Dort füllte seine Grossinstallation «The Repair from Occident to Extra-Occidental Cultures» einen ganzen Saal. Zu sehen waren Holzbüsten von Menschen mit entstellten Gesichtern. Diese sog. «Gueules cassées» (zerschlagene Gesichter) waren überlebende Soldaten aus dem Ersten Weltkrieg, die aufgrund der grässlichen Verletzungen für den Rest ihres Lebens gezeichnet waren. Kader Attia reiste mit Fotos der Verletzten, die er in deutschen und französischen historischen Archiven gefunden hatte, nach Afrika und stellte in Zusammenarbeit mit traditionellen Kunsthandwerkern die Büsten nach den Fotos in den ehemaligen Kolonien her. Das Werk thematisiert nicht nur die Schrecken des Krieges, sondern verweist auch auf das Verhältnis der westlichen Moderne zu Afrika – und kehrt die Geschichte um. Das Kunsthaus Zürich hat 2015 eine dieser Büsten für seine Sammlung angekauft und inzwischen durch weitere Werke des Künstlers ergänzt. Neben Leihgaben anderer Museen und aus privatem Besitz, werden sie jetzt im Kunsthaus ausgestellt.
BEGLEITPROGRAMM
Attia ist nicht nur Künstler, sondern auch Aktivist. In Paris betreibt er eine Diskursplattform, an der Menschen unterschiedlichster Kulturen und sozialer Milieus teilnehmen. Gemeinsam mit der Kuratorin der Ausstellung, Mirjam Varadinis, konzipiert Kader Attia für das Kunsthaus Zürich ein Begleitprogramm. Daten und Themen der Diskussionen, Vorträge, Film-Screenings und Führungen werden zu Ausstellungsbeginn auf www.kunsthaus.ch abrufbar sein.
Unterstützt von Swiss Re – Partner für zeitgenössische Kunst, der Yanghyun Foundation und der Dr. Georg und Josi Guggenheim-Stiftung.
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