Die Richtlinien des Ethikbeirat HR-Tech thematisieren die Einbindung der relevanten Interessengruppen in die Entscheidungsfindung bei Auswahl und Einsatz entsprechender Technologien, die Frage nach der finalen Entscheidungsbefugnis im Einsatz, die Subjektqualität, Haftung und Verantwortung wie auch Zweckbindung und Informationspflicht. In ihrer jetzt vorgelegten Fassung ergänzen die Richtlinien die Ausführungen des im Februar vorgelegten Weißbuches der Europäischen Kommission zur Künstlichen Intelligenz und bieten konkrete und handlungsleitende Empfehlungen.
Dr. Elke Eller, Initiatorin des Ethikbeirats HR-Tech und HR Vorständin der TUI AG, erklärt: "Auch wenn der Einsatz von Künstlicher Intelligenz für viele HR-Abteilungen noch Zukunftsmusik ist: Wir müssen uns heute mit den ethischen Leitplanken solcher Technologien beschäftigen, damit wir sie morgen verantwortungsvoll nutzen können. Die Leitlinien des Ethikbeirat HR-Tech geben HR-Verantwortlichen dafür konkrete Handlungsempfehlungen an die Hand.
"Digitale Zukunftstechnologien wie KI bieten neue Gestaltungsmöglichkeiten, um auch für Mitarbeitende eine verbesserte Arbeitswelt zu schaffen. Dazu braucht es jedoch Spielregeln. Der Ethikbeirat HR-Tech liefert diese in Form eines bislang einzigartigen, handlungsleitenden Wertekompasses, der für sämtliche Führungskräfte Relevanz hat", erklärt Michael Kramarsch, Mit-Initiator des Ethikbeirats HR-Tech und Managing Partner der hkp/// group.
Reiner Hoffmann, Vorsitzender des Deutschen Gewerkschaftsbundes DGB und Mitglied des Ethikbeirats HR-Tech sieht in den jetzt veröffentlichten Richtlinien eine zentrale Grundanforderung für die Ausrichtung von Change-Prozessen widergespiegelt: "Die Richtlinien des Ethikbeirats HR-Tech sind eine gute Grundlage für eine neue Kultur betrieblicher Aushandlungsprozesse, denn sie machen deutlich, dass die Spielregeln für die Beteiligung und Mitbestimmung erweitert werden müssen, damit wir KI schon im Ansatz für gute Arbeit nutzen können und so die nötige Akzeptanz dafür am Arbeitsplatz schaffen."
Brigitte Zypries, Bundesministerin a.D. und Mitglied des Ethikbeirats HR-Tech sieht die Anbieter von KI-Lösungen in der Pflicht und empfiehlt auch diesen eine Berücksichtigung der Richtlinien: "Wer als Technologieanbieter zukünftig elementare Fragen wie Haftung und Verantwortung nicht im Sinne der Anwender beantworten kann bzw. Anwender mit diesen Themen allein lässt, wird sich nicht behaupten können."
Und Inga Dransfeld-Haase, Präsidentin des Bundesverbandes der Personalmanager (BPM) und Personalleiterin der Nordzucker AG unterstreicht: "Ob es darum geht, Talente zu finden oder Abläufe effizienter zu machen, wenn die Personaler KI-basierte Anwendungen in der Breite verstehen und nutzen, werden die Richtlinien des Ethikbeirats HR-Tech zum wichtigen Kompass."
Richtlinien als Ergebnis eines breiten öffentlichen Diskurses
Ziel des Ethikbeirats HR-Tech, bestehend aus namenhaften Vertreterinnen und Vertretern aus Wissenschaft, Gewerkschaft, Start-ups und etablierten Unternehmen, ist der verantwortungsvolle Einsatz von KI und modernen Technologien im Personalmanagement. Hierzu sollen die nun veröffentlichten Richtlinien als praxisorientierter Kompass beitragen.
An der Erarbeitung der Richtlinien wirkten nicht nur die Mitglieder des Ethikbeirats HR-Tech mit, sondern auch die interessierte Öffentlichkeit. Mit Vorliegen des Richtlinien-Entwurfs im Juni 2019 hatte das Gremium breit zur öffentlichen Konsultation aufgerufen. Das Ergebnis: rund 50 Stellungnahmen und Kommentare in Form von Blog-Beiträgen, Briefen, E-Mails oder via Social Media. Das Feedback ist in die nun vorliegende Richtlinien-Fassung eingeflossen.
Die Richtlinien sind jedoch nicht als geschlossenes Projekt zu verstehen, im Gegenteil: Mit dem Wandel digitaler Technologien werden sich neue Handlungsfelder und Herausforderungen ergeben. Der Ethikbeirat HR-Tech wird daher auch zukünftig in Zusammenarbeit mit der interessierten Öffentlichkeit die Richtlinien prüfen und aktualisieren. Allerdings verschiebt sich mit der heutigen Veröffentlichung der Arbeitsfokus des Expertengremiums hin zur Befähigung von Personalverantwortlichen in der konkreten Anwendung der Richtlinien.
Die Richtlinien im Überblick
Die zehn Richtlinien sind nicht nur für den Einsatz von KI im Personalwesen relevant. Sie schließen auch die Nutzung moderner Technologien ein, die die Personalarbeit in den kommenden Jahren nachhaltig verändern werden.
1. Transparenter Zielsetzungsprozess und Einbindung
Vor der Einführung einer KI-Lösung muss die Zielsetzung für die Nutzung definiert werden. In diesem Prozess sollen alle relevanten Interessensgruppen identifiziert und eingebunden werden.
2. Fundierte Lösungen
Wer KI-Lösungen anbietet oder nutzt, muss darauf achten, dass diese empirisch evaluiert sind und über eine theoretische Grundlage verfügen.
3. Menschen entscheiden
Wer KI-Lösungen einsetzt, muss sicherstellen, dass bei wichtigen Personalentscheidungen die Letztentscheidungsbefugnis einer natürlichen Person obliegt.
4. HR treibt KI Lösungen – nicht umgekehrt
Ein erfolgreicher Einsatz von KI Lösungen durch HR benötigt die Kombination technologischer, analytischer und personalwirtschaftlicher Kompetenzen.
5. Haftung und Verantwortung
Organisationen, die KI-Lösungen nutzen, sind für die Ergebnisse ihrer Nutzung verantwortlich.
6. Zweckbindung und Datenminimierung
Wer personenbezogene Daten für KI-Lösungen nutzt, muss im Vorfeld definieren, für welche Zwecke diese verwendet werden und sicherstellen, dass diese Daten nur zweckdienlich erhoben, gespeichert und genutzt werden.
7. Informationspflicht
Vor bzw. beim Einsatz einer KI-Lösung müssen die davon betroffenen Menschen über ihren Einsatz, ihren Zweck, ihre Logik und die erhobenen und verwendeten Datenarten informiert werden.
8. Achten der Subjektqualität
Für die Nutzung in KI-Lösungen dürfen ohne rechtzeitige Beteiligung und individuelle Einwilligung der Betroffenen keine Daten erhoben werden, die deren willentlicher Steuerung entzogen sind.
9. Vermeidung von Diskriminierung
Wer KI-Lösungen entwickelt oder nutzt, muss sicherstellen, dass die zugrundeliegenden Daten über eine hohe Qualität verfügen und systembedingte Diskriminierungen ausgeschlossen werden.
10. Stetige Überprüfung
Wer KI-Lösungen nach den vorliegenden Richtlinien einführt, soll transparent sicherstellen, dass die Richtlinien auch bei der betrieblichen Umsetzung und der Weiterentwicklung beachtet werden.
Über den Ethikbeirat HR-Tech
Der Ethikbeirat HR Tech wurde im Januar 2019 gegründet. Das interdisziplinär besetzte Gremium sieht sich als Impulsgeber zur Förderung des Einsatzes von digitalen Lösungen in der Personalarbeit. Zu den Mitgliedern des Ethikbeirats HR Tech zählen (in alphabetischer Reihenfolge):
– Thomas Belker, CEO der PRECIRE Technologies GmbH
– Andreas Dittes, CEO der Talentwunder GmbH
– Dr. Elke Eller, HR Vorständin der TUI AG
– Prof. Dr. Björn Gaul, Partner bei CMS Hasche Sigle
– Prof. Dr. Christine Harbring, Professorin und Lehrstuhlinhaberin für Organisation an der RWTH Aachen
– Reiner Hoffmann, Vorsitzender des Deutschen Gewerkschaftsbundes
– Prof. Dr. Bernd Irlenbusch, Professor für Corporate Development und Business Ethics an der Universität zu Köln
– Anna Kaiser, CEO der Tandemploy GmbH
– Prof. Dr. Martin Kersting, Professor für Psychologische Diagnostik an der Universität Gießen
– Frank Kohl-Boas, Chief Human Resources Officer der Zeit-Verlagsgruppe und Vizepräsident des Bundesverbandes der Personalmanager (BPM)
– Michael H. Kramarsch, Managing Partner der hkp/// group und HR Startup Investor
– Torsten Schneider, Direktor der HR Luther Rechtsanwaltsgesellschaft mbH
– Prof. Dr. Katharina Simbeck, Professorin für Wirtschaftsinformation an der HTW Berlin und Leiterin des durch die Hans Böckler Stiftung geförderten Projekts "Diskriminiert durch Künstliche Intelligenz"
– Reiner Straub, Herausgeber Personalmagazin, Haufe Group
– Oliver Suchy, Mitglied des DGB-Bundesvorstands
– Brigitte Zypries, Bundesministerin a.D.
Weitere Informationen zum Ethikbeirat HR-Tech können abgerufen werden über die Webseite www.ethikbeirat-hrtech.de
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