Vor allem endoskopische Eingriffe – zu denen beispielsweise Magen- und Darmspiegelungen zur Abklärung akuter Beschwerden wie Oberbauchschmerzen oder Schluckbeschwerden, aber auch Darmspiegelungen zur Darmkrebsfrüherkennung gehören – sind in den vergangenen Wochen in großem Umfang ausgefallen. „Unseren Schätzungen nach sind allein bei den Koloskopien, also den Darmspiegelungen, seit Auftreten der Coronakrise mindestens 20.000 Untersuchungen in Deutschland entfallen“, sagt Professor Dr. med. Heiner Wedemeyer, Mediensprecher der DGVS und Direktor der Klinik für Gastroenterologie, Hepatologie und Endokrinologie an der Medizinischen Hochschule Hannover. Sie wurden entweder seitens der Kliniken verschoben, oft jedoch auch von Patienten abgesagt, weil diese sich vor einer Ansteckung mit SARS CoV-2 in Kliniken oder Praxen fürchten.
„Gastroenterologische Abteilungen und Praxen setzen umfassende Hygienemaßnahmen um, um sowohl ihre Patienten als auch die Mitarbeiter vor einer Infektion zu schützen“, sagt Dr. med. Peter Buggisch, Leitender Arzt des Leberzentrums Hamburg und Vorstandsmitglied der DGVS. „Patienten können darauf vertrauen, dass sie bei uns sicher versorgt werden.“
Vor allem akute Beschwerden – etwa starke Oberbauchschmerzen, Blut im Stuhl, blutiges Erbrechen oder plötzliche Gewichtsabnahme – sollten Betroffene zeitnah beim Gastroenterologen abklären lassen, sonst drohen ernsthafte gesundheitliche Probleme.
Aber auch bei den Früherkennungsuntersuchungen mahnen die Experten die Rückkehr zu regulären Abläufen an. „Für einen gewissen Zeitraum ist das Verschieben oder Aussetzen von Vorsorge- und Früherkennungsmaßnahmen angesichts einer Ausnahmesituation vertretbar, aber längerfristig droht ein Anstieg zu spät erkannter Krebsfälle“, warnt Professor Dr. med. Helmut Messmann, Direktor der III. Medizinischen Klinik mit Schwerpunkt Gastroenterologie am Universitätsklinikum Augsburg und Sekretär der Sektion Endoskopie der DGVS. „Patienten sollten deshalb mit ihrem Arzt besprechen, ob ihre geplanten Vorsorgeuntersuchungen unmittelbar oder in der nahen Zukunft stattfinden können – und diese nicht etwa absagen oder in die ferne Zukunft verschieben.“ Dr. Ulrich Rosien, Leitender Arzt am Israelitischen Krankenhaus, Viszeral-Medizinisches Zentrum in Hamburg, und Vorsitzender der Sektion Endoskopie der DGVS, weist auf die unterschiedliche regionale Häufung von Covid-19-Infektionen in Deutschland hin. „Vorsorgekoloskopien sind unter den etablierten Schutzmaßnahmen sicher durchführbar. Mancherorts sind in der Pandemie-Situation die Kapazitäten noch reduziert; gerade in den Praxen und Ambulanzen ist das Angebot an endoskopischen Untersuchungen in der Regel aber nicht mehr eingeschränkt.“
Das von den gesetzlichen Krankenkassen bezahlte Angebot zur Darmkrebsfrüherkennung gehört zu den effektivsten Früherkennungsmaßnahmen, die in der Medizin zu Verfügung stehen: In den ersten zehn Jahren nach Einführung der gesetzliche Darmkrebsfrüherkennung sank die Darmkrebssterblichkeit bei Männern ab 55 Jahren um fast 21 Prozent, bei Frauen dieser Altersgruppe sogar um mehr als 26 Prozent. Ab dem Alter von 50 Jahren können Männer und Frauen mit dem immunologischen Stuhltest (iFOBT) jährlich ihren Stuhl auf verstecktes Blut untersuchen lassen. Zudem bietet das Früherkennungsprogramm Männern ab 50 Jahren und Frauen ab 55 Jahren eine Darmspiegelung an, die zuverlässigste Methode der Früherkennung. Sie sollte alle zehn Jahre wiederholt werden.
Die Deutsche Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten (DGVS) wurde 1913 als wissenschaftliche Fachgesellschaft zur Erforschung der Verdauungsorgane gegründet. Heute vereint sie mehr als 6000 Ärzte und Wissenschaftler aus der Gastroenterologie unter einem Dach. Die DGVS fördert sehr erfolgreich wissenschaftliche Projekte und Studien, veranstaltet Kongresse und Fortbildungen und unterstützt aktiv den wissenschaftlichen Nachwuchs. Ein besonderes Anliegen ist der DGVS die Entwicklung von Standards und Behandlungsleitlinien für die Diagnostik und Therapie von Erkrankungen der Verdauungsorgane – zum Wohle des Patienten.
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