Kunststoffe finden wir inzwischen in allen Bereichen unseres Lebens: Von Lebensmittelverpackungen über Mobiltelefone bis hin zu Elektrofahrzeugen. Sie bringen viele Vorteile, stellen uns aber auch vor große ökologische Herausforderungen, insbesondere bei der richtigen und sorgfältigen Entsorgung bzw. Wiederverwendung von Kunststoffen. Diese Herausforderungen müssen gelöst werden.
Im vergangenen November diskutierten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus China, Japan, Großbritannien und Deutschland sowie Vertreterinnen und Vertreter der jeweiligen chemischen Gesellschaften und Forschungsförderorganisationen beim 8. Chemical Sciences and Society Symposium (CS3) „Science to Enable Sustainable Plastics“ in London, welchen Beitrag die Chemie leisten kann, um die Synthese, Verwendung und Entsorgung von Kunststoffen nachhaltiger zu gestalten als heute. Ihre daraus resultierenden Ergebnisse und Empfehlungen für andere Wissenschaftler, Forschungsförderer, politische Entscheidungsträger und die Gesellschaft haben sie unter vier Hauptpunkten in einem White Paper zusammengefasst.
Die Auswirkungen von Kunststoffen während ihres gesamten Lebenszyklus verstehen
Der Lebenszyklus von Kunststoffen und ihre Auswirkungen auf die Umwelt müssen eingehend analysiert werden, um zum Beispiel die Entstehung von Mikro- und Nanokunststoffen zu verstehen. Dazu sind neue Analysenmethoden nötig, die unter anderem die Verteilung der Mikrokunststoffe in der Umwelt simulieren und so zum Verständnis des Verbleibs und der Persistenz von Kunststoffabfällen beitragen sollen. „Es sind nicht die ausrangierten Kunststoffe, die die Natur mit Mikro- und Nanokunststoffen an sich verschmutzen, sondern es ist die unsachgemäße Handhabung durch uns Menschen“, betont Professor Dr. Andreas Greiner, Universität Bayreuth, der die deutsche CS3-Delegation in London leitete. „Um die Auswirkungen auf unsere Umwelt zu reduzieren, muss sich unser Umgang mit Kunststoffen verbessern. Jeder kann Verantwortung übernehmen und seinen Beitrag leisten.“
Neue nachhaltige Kunststoffe entwickeln
Werden neue Kunststoffe entwickelt, sollen diese für die Kreislaufwirtschaft ausgelegt sein. Um dies umzusetzen, sind neuartige Prozesse erforderlich, die diese Kunststoffe herstellen, verarbeiten und auch recyceln können. „Die Chemie ist der Schlüssel, um Ersatzstoffe zu finden, die aus nachhaltigen Ausgangsmaterialien hergestellt werden, aber auch, um Kunststoffe nach Gebrauch in hochwertige Ausgangsmaterialien umzuwandeln. Das Verständnis der Chemie der Kunststoffe und die Ausnutzung der Synthesemöglichkeiten der Chemie sind wesentlich, um eine funktionsfähige Kreislaufwirtschaft für Kunststoffe zu gestalten“, sagt Professorin Dr. Brigitte Voit, Leibniz-Institut für Polymerforschung, Dresden und Mitglied der deutschen CS3-Delegation in London.
Kunststoff-Recycling mit geschlossenem Kreislauf
Um Kunststoffabfälle besser kennzeichnen, identifizieren und in sortenreine Kunststoffe trennen zu können, sind chemische Technologien erforderlich. Effiziente Recyclingverfahren sollen wertvolle Moleküle zurückgewinnen und sortenreine Kunststoffe vollständig recycelt werden. In einer Kreislaufwirtschaft können auch CO2-Emissionen als Ausgangsstoff wiederverwenden werden.
Kunststoffabbau verstehen und kontrollieren
Es ist notwendig, die langfristigen Umweltauswirkungen von Kunststoffen zu reduzieren. Das bedeutet, dass für einige Anwendungen ökologisch abbaubare Kunststoffe entwickelt werden müssen. Dazu ist wesentlich, zu verstehen, wie Kunststoffe in einem breiten Spektrum von Umgebungen vollständig zu unkritischen kleinen Molekülen abgebaut werden und welchen Einfluss z.B. Feuchtigkeit, pH-Wert und Organismen darauf haben. Um neue Materialien zu entwickeln, die wiederverwertbar und umweltverträglich abbaubar sind, ist weitere Forschung notwendig. Ökologisch abbaubare Kunststoffe müssen zudem in Leistung und Kosten wettbewerbsfähig sein.
Für die Umsetzung sehen die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler eine Integration von technischen Disziplinen als unerlässlich. „Damit wir eine nachhaltige Zukunft mit Kunststoffen realisieren können, braucht es parallele Fortschritte in vielen Bereichen. Es sind auch Abfallwirtschaft, Regulierung, Wirtschaft und unser Verhalten gefragt, um die Infrastruktur und die Ökosysteme für ein nachhaltiges Kunststoffsystem zu schaffen“, fasst Andreas Greiner zusammen.
Das White Paper findet sich unter https://www.gdch.de/veranstaltungen/sonderveranstaltungen/cs3.html.
Die Gesellschaft Deutscher Chemiker (GDCh) gehört mit rund 31.000 Mitgliedern zu den größten chemiewissenschaftlichen Gesellschaften weltweit. Zusammen mit weltweiten chemischen Partnergesellschaften organisiert die GDCh wissenschaftliche Veranstaltungen, zum Beispiel das Chemical Sciences and Society Symposium (CS3), das vergangenen November in London zum achten Mal stattfand. Organisiert und finanziert wird das Symposium von der Chinese Chemical Society (CCS), der Chemical Society of Japan (CSJ), der Royal Society of Chemistry (RSC) und der GDCh sowie Forschungsförderern aus allen teilnehmenden Ländern (darunter auch der Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG)).
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