Allein zu Silvester 2020 erreichen laut Daten der Übertragungsnetzbetreiber Windenergieanlagen mit einer Leistung von über 3,7 GW das Ende ihrer EEG-Förderlaufzeit. Das ist deutlich mehr als das Dreifache des letztjährigen Zubaus und entspricht einer Produktion von rund fünf Milliarden Kilowattstunden Ökostrom pro Jahr. Im Jahr 2022 sind weitere 2,4 GW alte Windenergieanlagen betroffen. Der in diesen Altanlagen produzierte Ökostrom ließe sich zwar an der Börse oder an Energieversorger verkaufen, durch den coronabedingten Crash an der Strombörse können aber selbst an den günstigsten Standorten die Kosten für den Weiterbetrieb kaum wieder eingespielt werden. In den allermeisten Fällen droht deshalb die Abschaltung. „Wenn viele dieser günstig produzierenden Altanlagen 2021 aus dem Markt gehen, steht unter dem Strich womöglich ein Rückbau der Windenergie in Deutschland“, warnt Oliver Hummel, der im NATURSTROM-Vorstand den Geschäftsbereich Energiebelieferung verantwortet. „Das macht weder ökonomisch noch ökologisch Sinn. Nicht zuletzt mit Blick auf den wachsenden Strombedarf durch Elektromobilität und Wärmepumpen benötigen wir schnell mehr statt weniger Ökostrom in Deutschland. In solch einer Situation Altanlagen einfach den Corona-Verwerfungen zu überlassen und abzuschalten, wäre das Gegenteil des Notwendigen.“
Um die Anlagen im Markt zu halten, schlägt NATURSTROM zur Überbrückung der aktuellen Situation eine befristete Auffanglösung im Anschluss an die bisherige Förderung vor. Betreiber von Altanlagen sollen gemäß dem Konzept des Öko-Energieversorgers weiter über das EEG-System eine Auffang-Vergütung für den eingespeisten Strom bekommen können, allerdings nur noch in Höhe von 3,2 Cent pro Kilowattstunde (ct/kWh) im Basisfall, einem Bruchteil der bisherigen Vergütung. Das ist weniger als der Großhandelspreis am Terminmarkt vor dem Corona-Crash und deckt gemäß verschiedener Studien gerade so die Betriebskosten durchschnittlicher Altanlagen. Je nach Anlagengröße und Standort soll es bestimmte Auf- und Abschläge auf diese Grundprämie geben. Größere Anlagen an den bestmöglichen Standorten erhalten demnach 2,2 ct/kWh, für kleinere Anlagen an schlechten Standorten gilt eine Obergrenze von 4,5 ct/kWh. Zudem soll das ganze Modell auf zwei Jahre begrenzt sein und einen monatlichen Wechsel in die freie Vermarktung an Energiehändler erlauben.
Viele Windenergieanlagen könnten so zunächst weiterproduzieren und würden bei einer Erholung der Börsenstrompreise den Strom eher am Markt verkaufen und das Förderinstrument damit nicht mehr in Anspruch nehmen; Turbinen mit schlechten wirtschaftlichen Perspektiven würden gleichzeitig nicht künstlich am Leben erhalten. Nach einer Abschätzung von NATURSTROM verursacht das Modell gerade einmal Kosten von 15 Millionen Euro in den kommenden beiden Jahren. „Der Weiterbetrieb funktionstüchtiger alter Windräder ist deutlich kostengünstiger als der vorzeitige Ersatz durch neu zu errichtende Kraftwerke jedweder Technologie“, ergänzt Hummel.
Hummel macht zudem deutlich, dass eine Anschlussregelung für die alten Windenergieanlagen eigentlich den Planungen des Energiewende-Pioniers zuwiderläuft – und dennoch aktuell notwendig ist: „NATURSTROM macht sich seit der Gründung für den möglichst dezentralen Bezug von Ökostrom stark. Wir wollen noch deutlich mehr Anlagenbetreibern als aktuell möglich ihren Ökostrom zu fairen Preisen direkt abkaufen und unsere Kundinnen und Kunden damit beliefern. Für den Übergang braucht es aber wegen der Corona-Auswirkungen eine kurzfristige Auffanglösung, bis sich die Börsenpreise wieder normalisieren. Denn dem überraschenden Strommarktcrash sollte nicht ein massenhaftes Abschalten von alten Windenergieanlagen und damit ein plötzlicher Einbruch bei der Ökostromerzeugung folgen.“
Die NATURSTROM AG wurde 1998 in Düsseldorf gegründet und versorgt mehr als 270.000 Haushalte, Unternehmen und Institutionen mit naturstrom, naturstrom biogas und nachhaltiger Wärme. Damit ist NATURSTROM einer der führenden Öko-Energieversorger in Deutschland. Daneben setzt das Unternehmen auf den konsequenten Ausbau dezentraler, erneuerbarer Energien. Über 300 Öko-Kraftwerke sind durch Mitwirkung von NATURSTROM bislang ans Netz gegangen. Zudem realisiert NATURSTROM verbrauchsnahe, sektorübergreifende Versorgungslösungen: von der ökologischen Nahwärmebelieferung in ländlichen Kommunen über Mieterstrom bis hin zu Strom-, Wärme- und E-Mobilitätsangeboten für mittelständische Betriebe oder ganze Quartiere. Mehr als 400 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bringen an 13 Standorten die Energiewende voran. Für ihre Vorreiterrolle wurde die NATURSTROM AG vielfach ausgezeichnet, u. a. mit dem Europäischen Solarpreis.
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