Wenig überraschend: die Zahl der zulassungspflichtigen Unternehmen, die einen Meisterbrief zur selbständigen Ausübung ihres Handwerks benötigen und die in der Anlage A der Handwerksrolle geführt werden, ist deutlich angestiegen. Zurückzuführen ist dies auf die „Rückvermeisterung“ von 12 Gewerken, die von 2004 bis zum 13.2.2020 nicht meisterpflichtig waren.
Hintergrund:
Die rot-grüne Bundesregierung hatte für 2004, gegen den Widerstand des Handwerks, im Zuge der Hartz-Reform beschlossen, 53 Handwerksberufe zu deregulieren und in einen zulassungsfreien Bereich B1 zu überführen. Eine Meisterprüfung war somit für die Fliesen- Platten- und Mosaikleger, Betonstein und Terrazzoherzsteller, Estrichleger, Behälter- und Apparatebauer, Parkettleger, Rollladen- und Sonnenschutztechniker, Drexler und Holzspielzeugmacher, Böttcher, Raumausstatter, Glasveredler, Schilder- und Lichtreklamehersteller sowie Orgel- und Harmoniumbauer für eine Selbständigkeit nicht mehr notwendig. Ziel der damaligen Bundesregierung war es, mehr Wettbewerb und Unternehmensgründungen zu generieren. „Zumindest das Letztere ist mit der Maßnahme auch gelungen“, so Kammerpräsident Joachim Wohlfeil – „allerdings auf Kosten der Bestandsfestigkeit bei den Neugründungen und auf Kosten rückläufiger Ausbildungszahlen in diesen Gewerken“. Mit der Rückführung von 12 Gewerken in die Anlage A wurde hier eine Korrektur vorgenommen.
Das zulassungspflichtige Handwerk sprang durch die Rechtsänderung von 10.692 Betrieben auf nunmehr 13.078 Betriebe. Die Chance, sich noch bis zum 13.2.2020 ohne Meisterbrief selbständig zu machen haben, haben offenbar einige Unternehmen zusätzlich ergriffen. Das Fliesen- Platten- und Mosaiklegerhandwerk zählte im ersten Halbjahr 177 Gründungen, bei den Raumausstattern waren es 95 Unternehmen. Betriebe, die bis zum 13.2.2020 aus dem ehemals zulassungsfreien Handwerk nun wieder in die Anlage A überführt wurden, haben Bestandsschutz, sie müssen die Meisterprüfung nicht nachholen.
Neben den Meisterhandwerken der Anlage A mit 53 Berufen, gliedert sich die Handwerksrolle in zwei weitere zulassungsfreie Sektoren: in die Anlage B1 mit nunmehr 42 Gewerken und den Bereich B2, den handwerksähnlichen Sektor, mit 52 Gewerken. Alle handwerklich tätigen Betriebe in den vier Land- und drei Stadtkreisen sind Mitglieder der Handwerkskammer Karlsruhe. Die Anlage B1 zählt derzeit 3.096 Betriebe, im handwerksähnlichen Bereich B2 sind 3.405 Unternehmen eingetragen. Interessanterweise gab es im zulassungsfreien Sektor im ersten Halbjahr 2020 zwei gegenläufige statistische Entwicklungen: Trotz Corona-Pandemie und teilweiser Schließung der Geschäfte legten die Kosmetiker auf 1.472 (+58) Betriebe deutlich zu. Bei den Gebäudereinigern ging die absolute Zahl dagegen zurück auf 1.254 (-51).
Wie werden sich die Betriebszahlen im nächsten Jahr entwickeln?
Vor dem Hintergrund der Auswirkungen der Corona-Pandemie ist dies ein unsicherer Blick in die Glaskugel: Auf der einen Seite ist, trotz relativ hohem Eigenkapitalanteil der Betriebe und den Liquiditätshilfen des Landes, teilweise damit zu rechnen, dass nicht alle Betriebe die Nachfrageausfälle komplett kompensieren werden können. Auf der anderen Seite sind Krisenzeiten immer auch Gründerzeiten. Potentielle Existenzgründer treffen im Handwerk auf eine hohe Zahl von Betriebsinhabern, die in den nächsten Jahren aus Altersgründen ihre Firmen übergeben wollen. Wenn die Qualifikation stimmt, ist die Selbständigkeit im Handwerk eine gute Option aus der Krise.
Welches sind die zahlenmäßig stärksten Gewerke?
In der Anlage A, dem zulassungspflichtigen Handwerk, führen die Friseure (1.656) gefolgt von die Fliesen- Platten- und Mosaiklegern (1.311) und den Elektrotechnikern (1.168) die Liste an.
Im zulassungsfreien Handwerk B1 stehen die Gebäudereiniger mit 1.254 Betrieben zahlenmäßig vorn. Im handwerksähnlichen Bereich B2 sind es die Kosmetiker (1.538), gefolgt von den Betrieben, die genormte Baufertigteile einbauen (793).
Handwerkskammer Karlsruhe
Friedrichsplatz 4-5
76133 Karlsruhe
Telefon: +49 (721) 1600-0
Telefax: +49 (721) 1600-199
http://www.hwk-karlsruhe.de
Sekretariat Öffentlichkeitsarbeit
Telefon: +49 (721) 1600-117
Fax: +49 (721) 1600-59117
E-Mail: von-ascheraden-lang@hwk-karlsruhe.de
Telefon: +49 (721) 1600-116
Fax: +49 (721) 1600-199
E-Mail: fenzl@hwk-karlsruhe.de