Der NHV Theophrastus kürt seit 2003 jährlich die Heilpflanze des Jahres. Mit der Initiative möchte der Naturheilverein Informationen zu heilenden Wirkun-gen von wertvollen Pflanzen vermitteln und auf die Bedeutung der Pflanzen-heilkunde in der Medizin aufmerksam machen. Meerrettich habe als Heil-pflanze ein großes und bisher zu wenig ausgeschöpftes Potenzial, begründet der NHV Theophrastus die Wahl[22]. So liegen für den Nachweis der antibak-teriellen[1-9], antiviralen[10-12] sowie entzündungshemmenden[13-21] Wirkung der in Meerrettich sowie auch in der Kapuzinerkresse enthaltenen Senföle bereits eine Vielzahl von Publikationen vor. Darunter sind auch zahlreiche internatio-nale unabhängige Untersuchungen sowie zwei umfangreiche Übersichtsstu-dien aus den Jahren 2015 und 2017, die die antibakteriellen Eigenschaften und Wirkmechanismen der Senföle anhand von jeweils mehr als einhundert Forschungsarbeiten analysiert und zusammengefasst haben[4,5].
„Heilpflanze des Jahres 2021“ –
bekämpft wirkungsvoll Bakterien und lindert Entzündungen
Meerrettich (lat.: Armoracia rusticana) ist ursprünglich in Südrussland und der östlichen Ukraine heimisch, gelangte um 1000 n. Chr. nach Mitteleuropa und ird aufgrund seiner antibakteriellen und entzündungshemmenden Inhaltsstoffe, u. a. den Senfölen, schon seit Jahrhunderten als Heilpflanze eingesetzt. Aufgrund seines hohen Vitamin-Gehalts und seiner langen Haltbarkeit wurde er in der Seefahrt gegen Skorbut verwendet. Die in der Erfahrungsmedizin gesammelten positiven Erkenntnisse zum therapeutischen Einsatz des Meerrettichs (in Kombination mit Kapuzinerkresse) bei Infektionen der Harn- und Atemwege, konnten in den letzten Jahren erfolgreich in mehreren Studien wissenschaftlich bestätigt werden[24-27]. Eine 2019 veröffentlichte Forschungsarbeit der Universität Majmaah/Saudi-Arabien liefert einen weiteren
Beleg für das antiinfektive Potenzial der traditionsreichen Heilpflanze[23]. Die Wissenschaftler untersuchten 15 verschiedene Pflanzen auf ihre antibakterielle Wirkung gegen häufige Erreger von Blasenentzündungen. Darunter zählte der Meerrettich zu den vier effizientesten Arten, so ein Ergebnis der Analyse.
Weitere Studien belegen, dass die Senföle die Bildung von sogenannten bakteriellen Biofilmen hemmen[28-31]. Einen solchen "Schutzschild" bilden Bakterien aus, um sich gegen äußere Einflüsse, wie zum Beispiel Antibiotika oder das Immunsystem, zu wehren. Konsequenterweise wird daher in der für Ärzte wichtigen und 2017 aktualisierten Behandlungsleitlinie "unkomplizierte Harnwegsinfektionen" nun auch der Einsatz von Meerrettich und Kapuzinerkresse als pflanzliche Therapieoption bei häufig wiederkehrenden Blasenentzündungen empfohlen[32]. Im Hinblick auf die zunehmende Ausbreitung von Antibiotikaresistenzen ist zudem von besonderer Relevanz, dass bei Bakterien die Entwicklung möglicher Resistenzmechanismen gegen die Senföle auf Grund der vielfältigen Wirkansätze dieser Pflanzenstoffe deutlich erschwert wird[4,7].
Meerrettich enthält noch weitere entzündungshemmende Substanzen Bei Infektionserkrankungen wie zum Beispiel Erkältungskrankheiten und Blasenentzündungen ist die Entzündungsreaktion primär für die Beschwerden verantwortlich. Daher sollten bei Infektionen der Harnwege nicht nur die bakteriellen Erreger beseitigt, sondern begleitend auch die entzündliche Reaktion bekämpft werden[33]. Eine Laborstudie der Universität Freiburg belegt, dass neben den bisher bekannten Senfölen noch weitere Inhaltsstoffe des Meerrettichs eine antientzündliche Wirkung besitzen[13]. Die durch einen Meerrettichwurzel-Extrakt – welcher keine Senföle enthielt – hervorgerufene antientzündliche Wirkung, konnte auf weitere Bestandteile aus dem Meerrettich zurückgeführt werden, heben die Wissenschaftler hervor.
Ungeklärte Herkunft: "Pferderettich" oder "übers Meer zu uns gekommen"?
Woher der deutsche Name der therapeutisch wertvollen Wurzel stammt, ist nicht abschließend geklärt. Eine Theorie geht davon aus, dass "Meer" im deutschen Namen "Meerrettich" auf die fremde Herkunft ("über das Meer zu uns gekommen") hindeutet. Andere behaupten, die richtige Schreibweise sei "Mährrettich" (Mähre bezeichnete ursprünglich ein weibliches Pferd, das heute Stute genannt wird) oder "Pferderettich" (analog zum englischen Namen "horse radish")[34]. Diese Bezeichnung lässt bereits Rückschlüsse auf die antibakterielle und entzündungshemmende Wirkung der Pflanze zu. Denn die bei Pferden weit verbreiteten entzündlichen Huferkrankungen hat man bereits vor Jahrhunderten mit einer Paste aus zerriebener, frischer Meerrettichwurzel behandelt – eine Anwendung, die bei Pferdehaltern heute noch immer bewährt ist[35].
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35. Vormwald K. Praxisbuch für Tierheilpraktiker (2016)
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