„Wir leben in unübersichtlichen und unberechenbaren Zeiten. Die Weltordnung scheint sich aufzulösen. Europa und Amerika entfremden sich. China greift nach der globalen Vormacht. Russland agiert immer ruchloser. Islamisten stürmen die offene Gesellschaft. Populisten sind von London bis Budapest auf dem Vormarsch. Künstliche Intelligenz könnte die Menschen zu Dienern der Algorithmen machen. Ein Virus versetzt die Welt in den Ausnahmezustand und zeitweise in Stillstand. Und die Feuer von Kalifornien verdunkeln den Himmel über Berlin. Gründlich recherchierte, wahrheitsgemäße Informationen werden immer wichtiger – das ist eine historische Chance für den Journalismus“, sagte Döpfner zu Beginn seiner Rede.
Gleichzeitig befinde sich die Verlagsbranche mitten in der Transformation. Der Wandel vom analogen hin zum digitalen Geschäftsmodell stelle viele Verlage vor existenzielle Fragen. Die Lösung für die Probleme, die sich mit der Transformation stellen, liegt für Döpfner in der Zukunft von unabhängigem Journalismus.
Aus Sicht des BDZV-Präsidenten und Vorstandsvorsitzenden der Axel Springer SE machen wenige, aber essentielle Bedingungen die Unabhängigkeit von Journalismus aus: „Erstens, die Bereitschaft, sich mit den Mächtigen anzulegen. Zweitens, finanzielle Unabhängigkeit: Die private Finanzierung, ein intaktes Geschäftsmodell, ist für den unabhängigen Journalismus ein wesentliches Merkmal. Und Drittens: Wirkliche Unabhängigkeit setzt Vielfalt voraus. Der Wettbewerb verschiedener Medien ist das einzige wirksame Rezept gegen Fake News, Propaganda und Manipulation“, fasste Döpfner die Voraussetzungen für die Unabhängigkeit von Journalismus zusammen.
Die Branche selbst müsse sich täglich um Vielfalt und Pluralismus bemühen, in Nachricht und Recherche so objektiv wie möglich, in Kommentar und Kolumne frei und subjektiv. Vertrauen ist und bleibe das wichtigste Kapital der Zeitungen: „Wenn wir Vertrauen genießen, gewinnen wir Leser. Wenn wir Vertrauen verlieren, verlieren wir unsere Leser.“
Für die Unabhängigkeit und die Vielfalt der Zeitungen brauche es darüber hinaus faire Wettbewerbsbedingungen – vor allem im Verhältnis zu den großen Plattformen. „Es darf nicht passieren, dass zwei bis drei globale Plattformen die Infrastruktur tausender Verlage ersetzen und darüber entscheiden, was Milliarden von Kunden zu lesen bekommen, was richtig ist und was falsch, was gut ist und was schlecht“, warnte der BDZV-Präsident.
Deshalb plädiere er weiterhin für eine bessere, modernere, agilere Regulierung, die den Herausforderungen der Digitalisierung gerecht werde. Eine wortlautgetreue Umsetzung der EU-Urheberrechtsreform gehört nach Auffassung des BDZV ebenso dazu wie eine wirkungsstarke Plattformregulierung.
„Lehnen pauschale Verlagsförderung ohne klare Kriterien und Grenzen ab“
Die vom Deutschen Bundestag beschlossene Förderung der digitalen Transformation sehe er mit Sorge, sagte Döpfner. Die vom BDZV ursprünglich vorgeschlagene Förderung der Zeitungszustellung war als reine „Infrastruktur-Förderung“ formuliert.
Wie sich die geplante Förderung nun im Detail ausgestalten wird, werde der Verband in den nächsten Wochen genau verfolgen. „Logistik- und Technologieförderung ist denkbar. Direkte Verlagsförderung pauschal und ohne klare Kriterien und Grenzen ist es nicht“, stellte Döpfner klar. Er lehne es nach wie vor ab, wenn der Staat redaktionelle Leistungen direkt oder indirekt subventioniere.
Die Arbeit in den BDZV-Gremien habe ihm in den letzten vier Jahren große Freude bereitet, sagte Döpfner und betonte mit Hinblick auf seine zweite Amtszeit als BDZV-Präsident: „Je größer die Herausforderungen von außen werden, desto wichtiger ist ein Verband, der unsere Interessen bündelt und vertritt. Der kraftvoll und geschlossen auftritt. Gemeinsam sind wir stärker“.
Wegen der anhaltenden Corona-Pandemie wurde BDZV.Der Kongress erstmals ausschließlich virtuell im Internet abgehalten. Der 2,5stündige Kongress wurde von Tijen Onaran, Geschäftsführerin Global Digital Women, und Dr. Gregor Peter Schmitz, Chefredakteur Augsburger Allgemeine, moderiert. Ausgestrahlt und überwiegend produziert wurde die virtuelle Veranstaltung in einem TV-Studio in Berlin-Tempelhof. Für den Kongress hatten sich über 1.000 Teilnehmer im Vorfeld angemeldet.
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