Hochschule Osnabrück: Neue regionale Apfelsorte „Deichperle“ vom Campus Haste für Norddeutschland

Züchtungserfolg nach 18 Jahren intensiver Forschungsarbeit: Die „Deichperle“ hat das Wissenschaftsteam und die Obstbaubetriebe gleichermaßen überzeugt und das nicht nur durch ihren saftig-süßen Geschmack und die hohen Erträge. Nun erobert die neue Apfelsorte die ersten Wochenmärkte und Geschäfte.

Sie ist saftig-süß und besticht durch ihre kräftige Rotfärbung: die „Deichperle“. An der Hochschule Osnabrück haben Wissenschaftler jetzt die neue regionale Apfelsorte vorgestellt. Sie ist in enger, langjähriger Zusammenarbeit mit der Züchtungsinitiative Niederelbe (ZIN) entstanden. Die „Deichperle“ mit ihren besonderen Qualitäten soll den Obstbauern und -händlern im Alten Land helfen, im harten Wettbewerb gegen internationale Konkurrenz zu bestehen.

Mit rund 17 Millionen Obstbäumen ist das Alte Land das größte zusammenhängende Obstanbaugebiet Nordeuropas. Fast jeder dritte deutsche Apfel stammt von der Niederelbe. Doch die dortigen Sorten Elstar und Jonagold verlieren mit der Zeit an Qualität und Preis. „Wir brauchen neue regionale Apfelsorten, um auch in Zukunft konkurrenzfähig zu bleiben. Neue, beliebte Apfelsorten mit besseren Preisen kommen überwiegend aus wärmeren Gebieten wie Pink Lady aus Australien“, so Obstanbauer Thorben Sumfleth. Deshalb gründeten sieben junge Obstbauern, unter ihnen Thorben Sumfleth, im Jahr 2002 mit rund 170 weiteren Obstbaubetrieben und Obsthändlern die ZIN. Wissenschaftliche Unterstützung holten sie sich bei der Hochschule Osnabrück. Nun – 18 Jahre später – ist es soweit: Die „Deichperle“ erobert die ersten Wochenmärkte und Supermarkt-Filialen in Norddeutschland.

An rund 40.000 Bäumen im Alten Land wächst die neue Apfelsorte mit ihrer intensiven Rotfärbung bereits. Doch bis es soweit war, hat Prof. Dr. Werner Dierend, Professor für Obstbau, mit seinem Team hunderte Kreuzungen durchgeführt. „Beim Kreuzen übertragen wir den Pollen der Vatersorte mit einem Pinsel von Hand auf die Blüten der Muttersorte. Aus den Früchten der Muttersorte gewinnen wir die Kerne, die die Eigenschaften beider Sorten enthalten.“ Aus jedem Kern entstehe eine neue Sorte – wie die Probe „Nummer 17“ aus der ersten Versuchsreihe, die heutige „Deichperle“.

Gemeinsam mit Prof. Dr. Henning Schacht, Professor im Fachgebiet Baumschule, zog Dierend tausende Sämlinge auf dem Campus zu jungen Bäumen heran. Die jungen Apfelbäume wurden dann über Jahre hinweg an der Niederelbe und an der Hochschule auf Erträge, Krankheitsresistenzen und Lagerfähigkeit der Früchte getestet.

Überraschung: Sorte „Nr. 17“ kommt groß raus

„Es ist ein Puzzlespiel. Wir haben viele Anforderungen, und es gibt kaum eine Sorte, bei der alles zusammenpasst“, so Dierend. „Bei der Sorte ‚Nr. 17‘ haben wir damals befürchtet, dass die Früchte etwas zu klein wären. Aber ihr saftig-süßer Geschmack, die gleichmäßig hohen Erträge und die gute Lagerfähigkeit haben unsere Aufmerksamkeit geweckt.“ Deshalb gaben die Forscher die Sorte „Nr. 17“ an die Obstbauern weiter und zu ihrer Überraschung wuchsen an anderen Standorten im Alten Land größere Früchte. Außerdem zeigte sich, dass sie durch ihre Schorfresistenz sogar für den Ökolandbau geeignet ist.

„Das kann man nirgends nachlesen, das muss man erleben.“

„In unserem Sensoriklabor haben Apfel-Testerinnen und -Tester – ähnlich wie bei einer Weinprobe -Geschmack, Geruch, das Mundgefühl und auch den Nachgeschmack der Früchte bewertet“, berichtet Prof. Dr. Ulrich Enneking, Professor für Agrarmarketing. Bei anschließenden Tests in Supermärkten ging es dann um die einfache Frage: Schmeckt der Apfel oder schmeckt er nicht? Dabei sei die heutige „Deichperle“ mit ihrer Saftigkeit und Süße positiv aufgefallen.

Die ZIN hat bereits den nationalen und den EU-Sortenschutz beantragt und die neue Sorte bei den Norddeutschen Obstbautagen offiziell vorgestellt. „Wie viel Spaß es macht und wie viel Durchhaltevermögen nötig ist, um neue Sorten entstehen zu lassen und diese auf Herz und Niere zu prüfen, das kann man nirgends nachlesen. Das muss man einfach selbst erleben“, berichtet Dierend und stellt klar: „Natürlich bin ich stolz auf das Erreichte, aber es geht immer weiter. Die nächsten Sorten werden schon getestet.“

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