Olaf Bandt, Vorsitzender des Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND): „Die EEG-Novelle hat nun fast ein dreiviertel Jahr auf sich warten lassen. Statt die Zeit angesichts der Dringlichkeit des Ausbaus der Erneuerbaren für einen ambitionierten Entwurf zu nutzen, hat die Bundesregierung mit einer Diskussion über willkürliche und überzogene Windabstandsregeln dem Image der Erneuerbaren geschadet. Trotz Klimakrise hat eine naturverträgliche Energiewende bei der Regierung offenbar nur einen geringen Stellenwert. Vollmundiger Klimaschutz wie zuletzt die Klima-Charta von Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier sind angesichts solcher Gesetzesvorlagen nichts weiter als eine Politik der Lippenbekenntnisse.“
Einer der wenigen sinnvollen Punkte in der EEG-Novelle ist die vorgesehene kommunale Teilhabe an den Erneuerbaren, um die Akzeptanz in der Bevölkerung zu erhöhen. Ganz anders sieht das schon bei den festgelegten Ausbauzielen und -mengen aus. Diese sind so mickrig, dass sie weder mit den Pariser Klimaschutzzielen vereinbar sind noch die Diskussionen zu der Erhöhung der Ausbauziele auf EU-Ebene widerspiegeln. Ganz hinten runter fallen Verbräuche für Elektromobilität und Wasserstoff. Die Nutzung von Strom in Bereichen wie Verkehr (sogenannte Sektorkopplung) und der sonst so heiß diskutierte Wasserstoff werden gar nicht erst berücksichtigt.
Für eine erfolgreiche Energiewende müsste der Anteil der Erneuerbaren bis 2030 auf 75 Prozent ansteigen. Das würde mindestens eine Verdopplung der vorgesehenen Ausschreibungsmengen bei Solarenergie bedeuten. Für die Pionieranlagen, die 2021 aus der Förderung fallen, ist bisher nur ein Vorschlag für Photovoltaik-Dachanlagen enthalten. Ein Vorschlag für den Weiterbetrieb der Windenergieanlagen fehlt komplett. Mit dem Wegfall dieser Anlagen droht sogar ein Nettorückbau der Erneuerbaren-Kapazitäten. Dafür muss dringend eine Lösung gefunden werden. So werden selbst die niedrig gesteckten Ziele der Bundesregierung klar verfehlt.
Eine weitere Gesetzes-Leerstelle tut sich bei der Beteiligung von Bürgerinnen und Bürgern an der Energiewende auf. Die spätestens 2021 ins deutsche Recht umzusetzende Erneuerbaren-Richtlinie der EU besagt: Die Menschen sollen in den Mittelpunkt der Produktion gestellt werden. Doch in der EEG-Novelle ist nichts davon zu sehen. Die Weichen werden stattdessen so gestellt, dass eine Beteiligung von Bürgerinnen und Bürger an der Energiewende weiter erschwert wird. Das wird an bürokratischen Hürden deutlich: Mieterstrom soll weiterhin durch Abgaben und Umlage belastet werden, kleine Photovoltaik-Dachanlagen sollen schrittweise in die bürokratisch aufwändigen Ausschreibungen überführt werden und auch für Kleinstanlagen solle es eine Pflicht für digitale Zähler (Smart-Meter) geben, der erneut die Kosten in die Höhe schießen lässt.
Dabei ist die Energiewende seit jeher eine Bewegung von unten. Bis heute wird ein Großteil der Anlagen von einzelnen Bürgerinnen, Prosumenten oder kooperativ von Genossenschaften, Stadtwerken oder Eigentümergemeinschaften betrieben. „Die Erfolgsgeschichte der Energiewende in Bürgerhand darf nicht ausgebremst, sondern muss vorangetrieben werden“, fordert Bandt. „Die Bundesregierung muss die Weichen für krisensichere und zukunftsfähige Energiesysteme stellen. Mit einem ambitionierten und naturverträglichen Ausbau der Erneuerbaren in Bürgerhand. Die EEG-Novelle sowie die Maßnahmen der Konjunkturpakete müssen helfen, die Gesellschaft sozial gerechter, gesünder, ökologischer und widerstandsfähiger zu machen. Ein zukunftsfähiges Energiesystem spielt dabei eine zentrale Rolle als Teil der öffentlichen Daseinsvorsorge.“
Wie die Bundesregierung stattdessen bremst, wird auch am Bundesbedarfsplan Stromnetzausbau deutlich: Die durch Bürgerinnenenergie entstandene und wachsende regionale Verteilung der Stromerzeugung müsste sich auch in anderen Infrastrukturvorhaben wie den Stromnetzen widerspiegeln. Doch auch hier setzt die Bundesregierung auf die starren Strukturen von wenigen Großerzeugern. „Wieder einmal bleibt die Bundesregierung gedanklich im fossilen Zeitalter stecken, wie der ebenfalls heute im Kabinett zu diskutierende Bundesbedarfsplan deutlich aufzeigt“, so Bandt. „Statt auf überdimensionierte Strom-Autobahnen zu setzen, müsste der Netzausbau viel stärker auf die dezentralen Stromerzeuger und Bedarfe ausgerichtet werden.“ Der BUND hat hierzu gemeinsam mit Expertinnen und Experten der Energiewende aufgezeigt, dass der Stromnetzausbau deutlich geringer und damit kostengünstiger und umweltfreundlicher erfolgen kann.
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