Der kürzlich vorgelegte Referentenentwurf für ein Gesetz zur Einführung von elektronischen Wertpapieren ist ein wichtiger nächster Schritt hin zur digitalen Transformation des Kapitalmarkts. Das altehrwürdige deutsche Wertpapierrecht bewegt sich und hat sich aufgemacht Richtung Zukunft.
Aber was bedeutet dieser Referentenentwurf für Unternehmen, die mittel- oder langfristig digitale Wertpapiere emittieren möchten?
Mehr Klarheit für digitale Geldwelten
Bereits im Jahr 2019 hat die BaFin Wertpapierprospekte für so genannte Security Token Offerings (STOs) gebilligt und die Security Tokens damit aufsichtsrechtlich als Wertpapiere sui generis, also von eigener Art, anerkannt. „Allerdings sind die Security Tokens, deren Emission wohl auch bei Inkrafttreten des Gesetzes weiterhin möglich sein wird, zivilrechtlich keine Wertpapiere, weil der zivilrechtliche Wertpapierbegriff die Verkörperung in einer Urkunde erfordert“, erläutert Oliver M. Prager, Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht der mzs Rechtsanwälte.
Der Gesetzgeber will durch das nunmehr als Entwurf vorgestellte Gesetz dem Bedürfnis der Praxis Rechnung tragen, eine Unternehmensfinanzierung auch durch Wertpapiere zu ermöglichen, die elektronisch und teils mit Hilfe der Blockchain-Technologie emittiert und gehandelt werden. So soll das Wertpapierrecht modernisiert, Innovationen im Finanzsektor ermöglicht und damit der Finanzplatz Deutschland gestärkt werden.
Dieses Ziel möchte der Referentenentwurf erreichen, indem er die Emission elektronischer Inhaberschuldverschreibungen regelt. Andere Arten von Wertpapieren, wie z.B. Aktien, werden im Entwurf nicht geregelt, so dass deren Digitalisierung nach den Vorstellungen des Gesetzgebers möglichen zukünftigen Gesetzen vorbehalten bleiben wird.
Das geplante Gesetz versucht, möglichst technologieneutral zu bleiben. Zu diesem Zweck werden zwei verschiedene Kategorien elektronischer Wertpapiere definiert, nämlich „normale“ elektronische Wertpapiere und sog. Kryptowertpapiere. Während Kryptowertpapiere in ein Kryptowertpapierregister einzutragen sind, sind „normale“ elektronische Wertpapiere in einem elektronischen Wertpapierregister zu erfassen. Dieses Wertpapierregister darf nur von einem Zentralverwahrer, also in der Praxis von der Clearstream Banking AG, geführt werden.
Für das Führen eines Kryptowertpapierregisters sieht der Referentenentwurf eine Erlaubnispflicht samt neu einzuführendem Erlaubnistatbestand (Führung eines Kryptowertpapierregisters) vor. Dieses Register kann von einem Finanzdienstleister geführt werden, der vom Emittenten benannt wird, oder der Emittent kann das Register selbst führen.
„Allerdings ist bisher unklar, ob auch ein Emittent zum Führen des Kryptowertpapierregisters eine Erlaubnis benötigt. Wäre dies der Fall, würde dieser Umstand den gesetzgeberischen Weg wohl zu einer Sackgasse werden lassen, da kaum ein Emittent, der nicht bereits über eine Erlaubnis zum Erbringen von Bankgeschäften oder Finanzdienstleistungen verfügt, die Kosten und Mühen auf sich nehmen wird, für die Emission eines Wertpapiers extra eine entsprechende Erlaubnis zu beantragen“, bemängelt Rechtsanwalt Prager.
Bezüglich der Möglichkeit eines gutgläubigen Erwerbs des Wertpapiers sieht der Referentenentwurf eine extrem umfassende Regelung vor, die den guten Glauben an viele Aspekte schützen soll:
- an die Richtigkeit des Registerinhalts
- an die Berechtigung des Inhabers eines Wertpapiers
- an die ordnungsgemäße Bevollmächtigung eines Vertreters
- an die Verfügungsbefugnis des Veräußerers und
- sogar an die Geschäftsfähigkeit des Veräußerers oder Vertreters.
Insbesondere der zuletzt genannte Punkt wirft Fragen auf, da unklar bleibt, inwieweit der gute Glaube hier geschützt werden soll und ob das Wertpapier trotz wirksamer Verfügung vom Verkäufer nicht doch aufgrund der Unwirksamkeit des Kaufvertrags zurückgefordert werden kann. Obwohl die Regelungen zum gutgläubigen Erwerb der Verkehrsfähigkeit und Handelbarkeit der Wertpapiere und dem Anlegerschutz dienen sollen, bleibt insofern offen, ob diese Ziele auf dem gewählten Weg erreicht werden können.
Das Gesetz ändert nichts an grundsätzlichen Fragen
Insgesamt enthält der Referentenentwurf insofern viele gute Ansätze, lässt aber auch viele Fragen offen, die, sofern der Entwurf in seiner jetzigen oder einer ähnlichen Form Gesetz wird, noch von der Praxis zu klären sein werden.
Zunächst ändern der Entwurf und ein zukünftiges Gesetz aber nichts an folgender Tatsache: Wer sich dazu entschieden hat, digitale Wertpapiere zu emittieren, sollte sich über ihre Vorteile und Nachteile im Klaren sein. Unbestritten ist: Sie sind ein absolutes Zukunftsthema, das bereits in der Gegenwart angekommen ist.
Vorteile wie niedrige Kosten und die Möglichkeit, die Wertpapiere mit allen dazugehörigen Zahlungsströmen selbst zu verwalten, sprechen dafür, digitale Assets anzubieten. Aber es gibt auch Themen, die vorab bedacht werden wollen, wie z.B. die Sicherheit der Wertpapiere gegenüber Manipulationen von außen oder die Notwendigkeit, eine geeignete digitale Infrastruktur aufzubauen. Wie diese ausgestaltet sein muss, hängt dabei natürlich entscheidend von den Vorstellungen des Emittenten bezüglich der Strukturierung der Schuldverschreibungen und der Organisation der darauf bezogenen Schuldenverwaltung ab.
Schon jetzt braucht man eine digitale Infrastruktur, um ein elektronisches Wertpapier zu begeben. Sollte der Referentenentwurf Gesetz werden, wird man wohl auch die Infrastruktur eines Zentralverwahrers (sprich: der Clearstream Banking AG) oder Finanzdienstleisters nutzen können, gegenwärtig ist dies jedoch noch nicht möglich.
Fazit: Die Richtung stimmt
Klar ist aber jetzt schon: Die Digitalisierung hat im Bereich der Finanzmärkte bereits begonnen und wird nicht auf den deutschen Gesetzgeber oder ein deutsches Gesetz warten. Obwohl der Referentenentwurf nicht alle sich dabei stellenden Probleme löst, ist er sicherlich eine gute Grundlage und ein wichtiges Zeichen.
„Als Fachkanzlei für den Banken- und Kapitalmarktsektor begleiten wir Unternehmen bei der Emission elektronischer Wertpapiere – ganz gleich, ob sie bereits Wertpapiere begeben haben oder dies für die Zukunft planen“, sagt Oliver M. Prager, Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht der mzs Rechtsanwälte Düsseldorf.
mzs Rechtsanwälte, Düsseldorf, ist eine der größten Fachkanzleien für Bank- und Kapi-talmarktrecht in Deutschland. Im Jahr 1954 von Rechtsanwalt Anton Werner Kortländer gegründet, wird die Kanzlei seit 2011 von den Rechtsanwälten Gustav Meyer zu Schwa-bedissen, Dr. Jochen Strohmeyer, Dr. Thomas Meschede und Arne Podewils LL.M. ge-führt. Derzeit beraten 8 Anwälte, darunter 6 Fachanwälte für Bank- und Kapitalmarkt-recht, Finanzdienstleister, Anleger und Vertriebe. 2016 bis einschließlich 2020 wurden die Kanzlei und Rechtsanwalt Gustav Meyer zu Schwabedissen persönlich durchgehend vom US-Verlag "Best Lawyer" in die Liste der "Besten Anwälte Deutschlands" im Bereich Kapitalmarktrecht aufgenommen.
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