„Udo Kittelmann hat die Nationalgalerie für alle geöffnet“, so Michael Eissenhauer, Generaldirektor der Staatlichen Museen zu Berlin. „Er hat aus den Museen der Nationalgalerie offene Häuser gemacht, die alle gesellschaftlichen Gruppen eingeladen, viele gesellschaftliche Diskurse aufgegriffen und mit den Mitteln der Kunst kommentiert haben. Als begnadeter Ausstellungsmacher hat er mit seinem Team große Ausstellungsprojekte wie auch fokussierte, feinsinnige Präsentationen entwickelt, die die Kunststadt Berlin ebenso maßgeblich geprägt haben wie die internationale Kunstwelt. Dabei hat Udo Kittelmann stets die Sammlung der Nationalgalerie mit ihren herausragenden Werken, ihrer dunklen Phasen und blinden Flecken, ihrer historischen Zerrissenheit und ihrer großen kulturellen Bedeutung ins Zentrum seiner Arbeit gestellt und visionäre, kritische Ausstellungsformate entwickelt, die auf Jahre das definieren werden, was öffentliche Kunstsammlungen weltweit können sollten und können müssen. Dafür bin ich, dafür sind die Staatlichen Museen zu Berlin Udo Kittelmann zu allergrößtem Dank verpflichtet.“
Udo Kittelmann, 1958 in Düsseldorf geboren, war von 1994 bis 2001 Direktor des Kölnischen Kunstvereins und von 2002 bis 2008 Direktor des Museums für Moderne Kunst in Frankfurt am Main. Sein Berliner Amt hat er am 1. November 2008 angetreten und war Peter-Klaus Schuster nachgefolgt. Bereits mit seiner ersten Ausstellung „Die Kunst ist super!“ befragte Kittelmann 2009/2010 mit großer Leidenschaft die Sammlung der Nationalgalerie vor dem Hintergrund vermeintlich stabiler Wertesysteme und etablierte seine Vision von Kunst als Seismograph gesellschaftlicher Veränderungen.
Es folgten weitere, mit dem Team der Nationalgalerie gemeinschaftlich organisierte Sammlungspräsentationen wie „Moderne Zeiten. Die Sammlung. 1900–1945“ (2010/2011) und „Der geteilte Himmel. Die Sammlung. 1945–1968“ (2011/2013) in der Neuen Nationalgalerie, „Die Schwarzen Jahre. Geschichten einer Sammlung 1933–1945“ (2015/ 2016) sowie „Hello World. Revision einer Sammlung“, die 2018 im Hamburger Bahnhof die Frage stellte, wie die Sammlung der Nationalgalerie aussehen würde, wenn sie nicht mit eurozentristischem Blick erworben worden wäre. Auch die überaus erfolgreiche Schau „Emil Nolde – Eine deutsche Legende. Der Künstler im Nationalsozialismus“ sorgte 2019 für eine öffentliche Debatte, während im gleichen Jahr die Alte Nationalgalerie mit „Kampf um Sichtbarkeit“ erstmals ausschließlich die Künstlerinnen der Nationalgalerie vor 1919 in den Fokus rückte.
Unterstützt wurde Udo Kittelmann dabei von einem Netzwerk herausragender Kuratorinnen und Kuratoren, die er für seine Projekte gewinnen konnte und die gemeinsam mit ihm dafür sorgten, dass die Berliner Nationalgalerie heute neben den bedeutendsten Kunstmuseen der Welt in einem Atemzug genannt wird. Kittelmann bediente mit seinem Programm nie den Mainstream, sondern setzte neben groß angelegten Einzel- oder Übersichtsausstellungen auf eigenwillige, starke Positionen – und nicht selten auf Entdeckungen. Dass Kittelmann mit dieser Programmatik dennoch ein großes und vor allem junges, internationales Publikum für die Häuser der Nationalgalerie gewinnen konnte, zählt zu seinen großen Leistungen. Aktuell hat die Ausstellung von Katharina Grosse im Hamburger Bahnhof trotz coronabedingt reduzierter Kapazitäten bereits über 100.000 Besucher*innen mobilisiert.
Neben Einzelausstellungen etablierter Namen wie Thomas Demand (2009/2010), Rudolf Stingel (2010), Carsten Höller (2010/2011), Tomás Saraceno (2011/2012), Gerhard Richter (2012), Martin Kippenberger (2013) oder Otto Piene (2014) zeigte er – oftmals parallel – weniger bekannte historische wie zeitgenössische Positionen, die erst durch das Engagement Kittelmanns national und auch international ihre verdiente Beachtung erfuhren – hier seien nur Taryn Simon (2011/2012), Hilma af Klint (2013), Gottfried Lindauers Māori-Portraits (2014/2015), Anne Imhof (2016), Adrian Piper (2017) oder zuletzt Jack Whitten (2019) genannt.
Das umfangreiche Ausstellungs- und Veranstaltungsprogramm war überwiegend durch erfolgreiche Drittmittel-Beschaffungen zu leisten, für die sich Udo Kittelmann und seiner Mitarbeiter*innen stets mit voller Leidenschaft eingesetzt haben. An vielen Projekten waren Stiftungen, Unternehmen, Förder*innen oder die Freunde der Nationalgalerie beteiligt. 2013 wurde Udo Kittelmann als „Europäischer Kulturmanager des Jahres“ geehrt.
In Kittelmanns Direktorat sind über 700 herausragende Werke aus allen Epochen seit dem 19. Jahrhundert bis zur Gegenwartskunst in die Sammlungen der Nationalgalerie aufgenommen worden, häufig durch großzügige Schenkungen – exemplarisch seien hier für viele andere Werke Leo von Klenzes „Concordia-Tempel“ (1857), Lotte Lasersteins „Abend über Potsdam“ (1930), Max Beckmanns „Selbstbildnis in Bar“ (1942), Robert Indianas „Imperial Love“ (1966/2006), Elaine Sturtevants „Warhol Flowers“ (1990), Harun Farockis „Ernste Spiele“ (2009-2010), Pierre Huyghes „Zoodram 6“ (2013) oder Adrian Pipers „The Probable Trust Registry“ (2013-2015) genannt. Aber auch die Sammlungen von Erich Marx, Ulla und Heiner Pietzsch, Egidio Marzona und Friedrich Christian Flick haben durch den Einsatz von Udo Kittelmann in den letzten Jahren viel Beachtung erfahren.
In Udo Kittelmanns Amtszeit fielen zahlreiche strategisch wichtige Entscheidungen in der Geschichte der Nationalgalerie: Die Sanierung der Neuen Nationalgalerie ab Frühjahr 2015, deren Wiedereröffnung für den Sommer 2021 geplant ist, ebenso wie die Planungen zum Neubau der Nationalgalerie am Kulturforum.
Zum Ende seiner Amtszeit wird Udo Kittelmann am heutigen 27. Oktober 2020 Karl Friedrich Schinkels Friedrichswerdersche Kirche wiedereröffnen, die nach achtjähriger sanierungsbedingter Schließzeit wieder als Dependance der Nationalgalerie genutzt wird. Bereits seit 25. Oktober 2020 ist im Hamburger Bahnhof die großformatige Installation „Self Portrait as clone of Jeanne D’Arc“ der US-amerikanischen Künstlerin Bunny Rogers zu sehen, die private Förder*innen als großen Dank an Udo Kittelmann der Nationalgalerie als Geschenk überlassen haben.
Die kommissarische Leitung der Nationalgalerie wird nach dem Ausscheiden von Udo Kittelmann sein bisheriger Stellvertreter und Leiter der Neuen Nationalgalerie Joachim Jäger übernehmen. Die Alte Nationalgalerie wird seit 2017 von Ralph Gleis geleitet, der Hamburger Bahnhof – Museum für Gegenwart – Berlin seit 2016 von Gabriele Knapstein.
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