Erste App für Tele-Intensiv-Medizin in Hessen am Start

Um die intensivmedizinischen Versorgungsstrukturen im ländlichen Raum zu unterstützen, haben das Klinikum Kassel und das Universitätsklinikum Frankfurt mit dem Würzburger Innovationslabor Awesome Technologies die erste digitale tele-intensivmedizinische Plattform entwickelt, die eine schnelle und unkomplizierte Vernetzung von Maximalversorgern und Krankenhäusern in den ländlichen Regionen und damit eine Verbesserung der Behandlungsqualität ermöglicht. Das Projekt ist Teil der E-Health-Initiative des Landes Hessen und wird vom Hessischen Ministerium für Soziales und Integration (HMSI) mit rund 900.000 Euro gefördert. Die App mit den Namen TELE-ITS Hessen wird nun erstmals in der klinischen Anwendung eingesetzt.

„In der Intensivmedizin zählt mitunter jede Minute, um die richtigen Entscheidungen für den Patienten zu treffen“, erläutert Prof. Dr. Ralf Muellenbach, Direktor der Klinik für Anästhesiologie, Intensivmedizin, Notfallmedizin und Schmerztherapie am Klinikum Kassel und Leiter des Projekts. „Der schnelle und kritische Austausch zwischen den Kliniken, auch im Sinne des 4-Augen-Prinzips, kann insbesondere bei kritisch kranken Patienten zu einer entscheidenden Verbesserung der Behandlungsqualität  führen. Über die Tele-ITS App können Fragen zur Behandlung, aber auch grundsätzliche Entscheidungen zur Therapiesteuerung getroffen werden. Vor allem durch die Einbindung der Videotelefonie in der App können wir viel leichter mit den Ärzten kommunizieren und die Fälle am Patientenbett fachlich besprechen. Dazu kommt, dass die App im Vergleich mit etablierten tele-intensivmedizinischen Plattformen sehr viel kostengünstiger ist – dieser Faktor ist für die korrespondierenden Krankenhäuser natürlich ebenfalls entscheidend.“  

Über Tablets können Ärzte mit der TELE-ITS Hessen App ein Tele-Konsil starten und schnell relevante Informationen zur Patientenversorgung übermitteln. Unter Berücksichtigung des Datenschutzes werden zum Beispiel wichtige Laborbefunde, Röntgenbilder, Beatmungs- oder Patientenkurven sicher übertragen. In dringenden Fällen kann so ein rascher, vollständiger und problemloser Datenaustausch erfolgen und eine schnelle Entscheidung über die möglichen Behandlungsoptionen getroffen werden. In weniger kritischen Fällen kann die enge Kooperation und konsultative Mitbetreuung wiederum die Betreuung vor Ort unterstützen und auf eine, für den Patienten belastende, Verlegung verzichtet werden. Die wohnortnahe intensivmedizinische Versorgung entlastet auch die betroffenen Angehörigen.

Nachdem im ersten Jahr die Anforderungen definiert und die technische Lösung entwickelt wurde, ist im aktuell zweiten Projektschritt der Prototyp der Anwendung im Einsatz. Das Stadtkrankenhaus Korbach und das Klinikum Kassel erproben die App im Rahmen einer tele-intensivmedizinischen pharmakologischen Visite. Im gegenseitigen Austausch beraten Dr. Michael Tübben, Chefarzt der Klinik für Anästhesiologie, operative Intensivmedizin und Notfallmedizin am Stadtkrankenhaus Korbach, und Dr. Nora Kessemeier, klinische Pharmazeutin am Klinikum Kassel über die Therapie eines beatmeten Patienten auf der Intensivstation in Korbach. Für Dr. Tübben ist die gemeinsame Wissensgenerierung über die App besonders attraktiv: „Unser Patient bekommt neben der Anästhesie starke Schmerzmittel, adrenalin-ähnliche Medikamente sowie Antibiotika und einen Teil seiner Hausmedikation. Durch die gemeinsame Visite tragen wir auch über die Distanz pharmakologisches und klinisches Wissen zusammen und können regelmäßig neue Aspekte in die Diskussion einbringen. Damit verbessern wir die Therapie der Patienten natürlich enorm.“

Das Unternehmen Awesome Technologies, das die Anwendung entwickelt hat, hat sich zum Ziel gesetzt, interdisziplinäre und fachübergreifende Versorgungsmodelle mit der Möglichkeit der Übertragbarkeit zu etablieren. Gemeinsam mit den Projektleitern der Maximalversorger am Klinikum Kassel (Prof. Dr. Ralf Muellenbach) und dem Universitätsklinikum Frankfurt (Prof. Dr. Dr. Kai Zacharowski) wird die Anwendung nun kontinuierlich im Prozess bearbeitet, die realen Anforderungen angepasst und im Nachgang einer umfassenden Evaluation unterzogen. „Uns war es von Anfang an wichtig, die Ärzte, die am Ende die App nutzen werden, intensiv in die Entwicklung der App einzubinden. Ihre Erfahrungswerte konnten wir durch einen engen Austausch nutzen und die Entwicklung voranbringen”, so Christoph Günther, Geschäftsführer von Awesome Technologies. Das Ergebnis ist eine gestärkte und optimierte Kooperation zwischen den Maximalversorgern und den Krankenhäusern der Regel- und Grundversorgung in Hessen sowie die daraus hervorgehend bestmögliche Akutversorgung und Nachsorge intensivmedizinischer Patienten.

Awesome Technologies Innovationslabor GmbH ist eine junge Firma aus Würzburg, die ihre Begeisterung für neue Technologien in einen konkreten Nutzen für Anwender umsetzt. Die Lösungen im Bereich AMP konzentrieren sich auf die Kommunikation zwischen Spezialisten und sind auf die hohen Anforderungen an Datensicherheit und Datenschutz im Gesundheitswesen ausgerichtet. Von Messengerdiensten über fallbasierte Patientenkommunikation und Tele-Intensiv-Kommunikation werden Akteure des Gesundheitswesens (Ärzte, Pflegeeinrichtungen, Kliniken) optimal unterstützt, um sich wieder mehr auf ihre Arbeit in der Patientenversorgung konzentrieren zu können.

Über die Gesundheit Nordhessen Holding AG

Die Gesundheit Nordhessen Holding AG (GNH) ist ein regionaler Gesundheitskonzern, der in Nordhessen ein breites medizinisches Leistungsspektrum von der Grundversorgung bis zur Spitzenmedizin bietet. Mit der Bündelung seiner Kompetenzen kann das Unternehmen eine hochwertige medizinische Versorgung und Pflege garantieren. Mittelpunkt der GNH ist das Klinikum Kassel als Maximalversorger und größtes kommunales Krankenhaus Hessens, im Umland stellt das Krankenhaus Bad Arolsen eine wohnortnahe Versorgung sicher. Dazu kommen mehrere Einrichtungen der ambulanten medizinischen Versorgung und Rehabilitation. Die Krankenhäuser der GNH versorgen jährlich an die 57.000 stationäre Patientinnen und Patienten. Mit über 4.500 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern und über 440 Ausbildungsplätzen gehört die GNH zu den größten Arbeitgebern und Ausbildungsbetrieben der Region. In Kooperation mit der University of Southampton bietet die Kassel School of Medicine (KSM) ein bilinguales Medizinstudium für jährlich rund 30 Studierende an.

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