Es ist erfreulich, dass die die Politik die existentielle Not der durch die Corona-Krise besonders betroffenen Wirtschaftszweige erkannt hat und zumindest zur Kompensation der durch den aktuellen Lockdown entstehenden Einnahmeverluste eine Entschädigung anbietet. Der angekündigte Erstattungsbetrag von bis zu 75 Prozent des entsprechenden Umsatzes des Vorjahresmonats bzw. der Obergrenze der einschlägigen beihilferechtlichen Vorgaben ist durchaus großzügig.
Die aktuellen Lockdown-Maßnahmen verlangen sowohl der Gesellschaft als auch der Wirtschaft erhebliche Opfer ab. Die Musikwirtschaft hat uneingeschränktes Verständnis dafür, dass aufgrund der wieder schnell steigenden Zahl der Infizierten in Deutschland erneut Maßnahmen zur Eindämmung der Infektionen getroffen werden müssen. Allerdings ist nicht ohne weiteres nachvollziehbar, wieso vor allem der Freizeit- und Unterhaltungsbereich und damit auch Veranstalter*innen, Künstler*innen, Musikautoren*innen, deren Verleger, Labels und Hersteller, Vertriebe und Fachhandel von Musikinstrumenten und Musikequipment derart umfassend in ihrer Berufsausübung beschränkt werden.
Der aktuelle Beschluss zur Entschädigung finanzieller Ausfälle im November bedarf notwendiger Korrekturen. Ohne einen differenzierten Blick auf die sehr heterogene Branche sowie klarere Definitionen der Bezugsberechtigten werden die Hilfen nicht zielgerichtet greifen und vor allem nicht dort ankommen, wo sie so dringend benötigt werden. Alle Bereiche der Musikwirtschaft sind wirtschaftlich sehr eng verzahnt und voneinander abhängig. Finden beispielsweise keine Konzerte statt, haben auch die Künstler*innen keine Gagen. Wo nichts aufgeführt und abgespielt wird – Konzerte nicht stattfinden und Bars sowie Clubs geschlossen sind – kann auch nichts für die Verwertung der Werke eingenommen und an die Urheber*innen und Musikverlage ausgeschüttet werden. Auch der Bereich der klassischen, der sogenannten E-Musik, wird erneut hart getroffen: Die Schließung von Konzerthäusern, Opern, Theatern und anderen Bühnen bringt einen erneuten Ausfall von Honoraren, Provisionen, Mietmaterialgebühren und sonstigen Einnahmen für zeitgenössische Autor*innen und klassische Musikverlage sowie Künstlervermittler mit sich. Im Umfeld der Konzerte werden keine Merchandising-Produkte verkauft und Veröffentlichungsstrategien für neue Aufnahmen inkl. der in diesem Umfeld aufgewandten Produktions- und Werbemittel negativ beeinflusst.
Diese gegenseitige Abhängigkeit aller Sektoren der Musikwirtschaft veranschaulicht die auch mittelbaren Auswirkungen von Lockdown-Maßnahmen auf Unternehmen und Unternehmer*innen, deren Geschäftstätigkeit nicht unmittelbar von den Maßnahmen betroffen ist.
Das Forum Musikwirtschaft fordert daher:
- die Anerkennung eines fiktiven Unternehmerlohns in Höhe von 2.500 Euro. Neben dem gravierenden Verlust von hunderten Arbeitsplätzen stehen mittelbar auch viele Hunderte von Künstler*innen, Autor*innen und Freiberufler auf unbestimmte Zeit vor dem Verlust ihrer beruflichen Existenz. Nur so wird ihnen die Möglichkeit eröffnet, dynamisch neue Tätigkeitsfelder der Zukunft zu erschließen. Der Begriff „Soloselbstständige“ muss dabei unbedingt in „Selbstständige Einzelunternehmer und Personengesellschaften“ verändert werden.
- dass die Entschädigung tatsächlich allen auch nur mittelbar von den aktuellen Maßnahmen betroffenen Unternehmen des sehr heterogenen Wirtschaftszweigs gewährt werden. Dazu zählen neben den Veranstaltern Künstler*innen, Musikautoren*innen, Labels, Musikverleger*innen, Künstlervermittler*innen, Hersteller, Vertriebe und Fachhandel von Musikinstrumenten und Musikequipment sowie von dem Wirtschaftszweig abhängige Dienstleistungs- und Zulieferbetriebe.
- alternativ als Berechnungsgrundlage für die Höhe der Entschädigung den durchschnittlichen Jahresumsatz zugrunde zu legen. Die Berechnung möglicher Hilfen, rein auf Basis des Novembers 2019 als Vergleichsmonat, wird den Tätigkeitsstrukturen der Musikwirtschaft nicht gerecht. Insbesondere die Unternehmen der Musikwirtschaft unterliegen häufig erheblichen temporären/saisonalen Einnahmeschwankungen, sodass sich konkrete Zeiträume nicht vergleichen lassen. Wichtig ist der Branche allerdings, dass hier nur in Form eines Optionsrechts zwischen der Betrachtung des Vorjahresmonats einerseits oder des Vorjahresquartals andererseits nachgebessert wird.
Das Forum Musikwirtschaft besteht aus den sechs maßgeblichen Verbänden des Wirtschaftsbereichs. Im Einzelnen sind dies der BDKV (Bundesverband der Konzert- und Veranstaltungswirtschaft), der BVMI (Bundesverband der Musikindustrie), der DMV (Deutscher Musikverleger-Verband), die LIVEKOMM (Verband der Musikspielstätten in Deutschland), SOMM (Society Of Music Merchants) und der VUT (Verband unabhängiger Musikunter-nehmer*innen). Es umfasst damit die wesentlichen Sektoren der Musikwirtschaft, die durch ihre komplexen Wertschöpfungsstrukturen eng miteinander verzahnt sind. Das Forum versteht sich als Diskursraum, in dem zentrale Themen der Musikwirtschaft identifiziert und erörtert werden, um sie an die Politik und die Öffentlichkeit zu adressieren. Die Kooperation ist getragen von dem Verständnis, sich auch mit anderen Marktteilnehmern auszutauschen und damit situationsabhängig die Sicht aller Branchenakteure in ihrer Gesamtheit zu reflektieren. Das Forum hat keine feste Verbandsstruktur und strebt auch nicht die Position eines Dachverbands der Branche an. Vielmehr werden gemeinsame Themen gemeinschaftlich nach außen getragen, wobei jeder Verband dabei vorrangig die Interessen seiner Mitglieder vertritt und für diese spricht.
Der Bundesverband Musikindustrie (BVMI) vertritt die Interessen von rund 200 Tonträgerherstellern und Musikunternehmen, die mehr als 80 Prozent des deutschen Musikmarkts repräsentieren. Der Verband setzt sich für die Anliegen der Musikindustrie in der deutschen und europäischen Politik ein und dient der Öffentlichkeit als zentraler Ansprechpartner zur Musikbranche. Neben der Ermittlung und Veröffentlichung von Marktstatistiken gehören branchennahe Dienstleistungen zum Portfolio des BVMI. Er verleiht er die GOLD-, PLATIN- und DIAMOND-Awards an die erfolgreichsten Künstler in Deutschland, darüber hinaus werden seit 1977 die Offiziellen Deutschen Charts in seinem Auftrag erhoben. Zur Orientierung der Verbraucher bei der Nutzung von Musik im Internet wurde 2013 die Initiative PLAYFAIR ins Leben gerufen. Weitere Informationen: [url=http://www.musikindustrie.de]www.musikindustrie.de[/url]
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