Der Vorsitzende, Dr. Norbert Metke, stellte fest: „Wir befinden uns mitten in einer für jeden einzelnen Baden-Württemberger gefährlichen Situation. Mit über 2.000 Neuinfizierten am Tag ist die Situation kritisch, da sich die Zahl der Covid-19-Patientinnen und -Patienten auf den Intensivstationen wöchentlich verdoppelt und bereits jetzt 75 Prozent der Intensivkapazitäten im Land ausgeschöpft sind.“ In Baden-Württemberg seien ein Fünftel aller bundesweiten Todesfälle, die im Zusammenhang mit Covid-19 stehen, zu verzeichnen. Daher zeigen Metke und Fechner nur eingeschränktes Verständnis für die die Menschen im Lande verwirrenden Äußerungen ärztlicher Spitzenvertreter auf Bundesebene. „Wir bitten nachhaltig für die Klarstellung der eventuell missverstandenen Positionen.“ Außerdem stellten sie fest: „Wenn der Vorsitzende der Bundesärztekammer als höchster Repräsentant der Ärzte in Krankenhäusern und Praxen auch nur den Anschein erweckt, die AHA-Regeln zu relativieren, läuft er Gefahr, durch von ihm eher nicht beabsichtigte Verneinung eindeutiger wissenschaftlicher Erkenntnisse Eminenz vor Evidenz zu setzen – wenn auch mittlerweile relativiert, was notwendig war.“ Und weiter: „Die Vorschläge der Kassenärztlichen Bundesvereinigung begrüßen wir dort, wo sie vermehrten Schutz für besonders betroffene Personengruppen fordern. Wir halten den Einbezug anderer Faktoren – als nur die Infiziertenzahlen – in die Maßnahmen eventuell dann für sinnvoll, wenn sich die Epidemie eindämmen lässt, was derzeit definitiv nicht der Fall ist. Die Aufforderung auf mehr Eigenverantwortung als Gebote zu setzen, halten wir in der derzeitigen Phase für nicht ausreichend. Die fehlende Eigenverantwortung bestimmter Kreise der Gesellschaft ist mitverantwortlich für die derzeitige Entwicklung. Wie die Anschnallpflicht im PKW und das Alkoholverbot am Steuer werden es auch in Zeiten einer tödlichen Bedrohung durch eine Pandemie Verbote sein, die diejenigen zur Vernunft bringen, die sich willentlich und vorsätzlich über wirksame Schutzmaßnahmen hinwegsetzen.“
„Das Virus wird durch Kontakte übertragen, deswegen müssen wir Kontakte reduzieren, dort wo dies gesellschaftlich und sozioökonomisch zumutbar ist. Die bewiesenen wirksamen Maßnahmen von AHA+L+A (Abstand, Hygiene, Alltagsmaske + Lüften + Corona-Warnapp) sind konsequent einzuhalten und zu verstärken – und gegebenenfalls durchzusetzen“, erklärte der stellvertretene Vorsitzende, Dr. Johannes Fechner, weiter. „Wir halten den ‚dosierten Lockdown‘ für richtig, der Kontakte reduziert, ihn aber – im Gegensatz zu den Maßnahmen in anderen Staaten Europas – nicht unterbindet. Insbesondere halten wir es zur Abfederung der sozioökonomischen und psychischen Folgen des Lockdowns für richtig, Schulen und das Wirtschaftsleben, insbesondere den Einzelhandel, weitgehend am Laufen zu halten.“ Dennoch seien die Einschnitte für die Menschen im Land dramatisch. „Wir als Ärzte und Psychotherapeuten blicken mit Demut auf die, die stolz sein können, auch unter schwierigsten sozialen Bedingungen diese Situation zu meistern. Die Hauptleidtragenden des jetzigen Lockdowns sind die Beschäftigten der Gastronomie, der Tourismusbranche und insbesondere des Kultuslebens, die uns sonst umfangreich Freude im Alltag bereiten. Unsere Gedanken sind insbesondere bei diesen Menschen, wir begrüßen die für diesen Personenkreis ausgewiesenen staatlichen Förderungen“, äußerte Metke.
Die 22.000 Ärzte und Psychotherapeuten sind in ihren 15.000 Praxen mit ihren 70.000 Mitarbeitern auf die zweite Welle der Corona-Pandemie vorbereitet. Durch hochpragmatische Kooperationen mit den Krankenkassen ist weitgehend ausreichende Schutzausrüstung vorhanden. 1.000 Corona-Schwerpunktpraxen, Fieberambulanzen und Abstrichstellen (http://coronakarte.kvbawue.de/) entlasten die Praxen, die teilweise an ihren Leistungsgrenzen angekommen sind. „Mit Stolz und Genugtuung stellen wir fest, dass die Niedergelassenen, allen voran die Hausärzte, bereits im ersten Halbjahr über 90 Prozent der über 500.000 Patientinnen und Patienten mit einer Covid-19-Infektion ambulant versorgt haben“, so Metke.
Die KVBW vertritt als Körperschaft des öffentlichen Rechts über 22.000 Mitglieder (Ärzte, Psychologische Psychotherapeuten und Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten) in Baden-Württemberg. Sie gestaltet und sichert die medizinische Versorgung für die gesetzlich Versicherten in Baden-Württemberg, schließt Verträge mit den gesetzlichen Krankenkassen, kümmert sich um die Fortbildung ihrer Mitglieder und die Abrechnung der Leistungen. Mehr unter www.kvbawue.de
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