Im Zuge der hohen Fluchtzuwanderung 2014 bis 2016 gingen vielfältige zivilgesellschaftliche Projekte an den Start, um die Integration von Geflüchteten zu unterstützen. Darunter waren auch Mentorenprogramme, die Kontakte zwischen Geflüchteten und Menschen aus der Aufnahmegesellschaft vermitteln. Eine aktuelle Studie am Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin) zeigt: Durch solche Mentorenprogramme verbessern Geflüchtete ihre Deutschkenntnisse und nehmen stärker am gesellschaftlichen Leben teil.
„Mentorenprogramme können als Brücke in die Aufnahmegesellschaft fungieren“, sagt Magdalena Krieger, wissenschaftliche Mitarbeiterin in der Infrastruktureinrichtung Sozio-oekonomisches Panel (SOEP) am DIW Berlin. „Im Mittelpunkt der Tandembeziehungen stehen meist gemeinsame Freizeitaktivitäten und seltener konkrete Hilfeleistungen. Dadurch können Geflüchtete ihre Sprachkenntnisse verbessern und ihr soziales Netzwerk vergrößern.“
Auch die MentorInnen erleben die Tandembeziehung positiv: Ein Großteil sieht seine TandempartnerInnen als FreundInnen an und möchte sich auch in Zukunft für Geflüchtete engagieren. „Mit Blick auf das gesellschaftliche Engagement und den sozialen Zusammenhalt ist dies positiv zu bewerten“, so Krieger weiter.
Geflüchtete im Mentorenprogramm verbessern ihre Deutschkenntnisse und sind sozial aktiver
Für die Studie wurden Geflüchtete im Rahmen der IAB-SOEP-BAMF-Befragung gefragt, ob sie am Mentorenprogramm des Vereins Start with a friend e.V. teilnehmen möchten. Unter den 465 Interessierten wurde zufällig gelost, wer teilnimmt und wer nicht. Durch den Vergleich der beiden Gruppen kann die Integrationswirkung des Programms gemessen werden.
Während sich der Anteil der Geflüchteten mit guten Deutschkenntnissen in der Gruppe ohne MentorInnen nach einem Jahr um vier Prozentpunkte erhöhte, stieg der Anteil in der Gruppe mit MentorInnen um 13 Prozentpunkte. „Die Programmteilnahme bewirkt eine durchschnittliche Verbesserung der Sprachkenntnisse, die fast einem zusätzlichen Aufenthaltsjahr in Deutschland entspricht“, ordnet Philipp Jaschke, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Arbeitsmarkt und Berufsforschung (IAB), die Ergebnisse ein. Auch die soziale Partizipation verbesserte sich: Geflüchtete mit MentorInnen berichteten von durchschnittlich fast drei Freizeitaktivitäten, denen sie mindestens monatlich nachgehen – etwa Sport treiben, ins Theater oder Kino gehen. Das entspricht einem Anstieg von 0,8 Aktivitäten nach einem Jahr. In der Gruppe ohne MentorInnen fiel der Anstieg niedriger aus (+0,4).
„Im Mittelpunkt der Tandembeziehungen stehen meist gemeinsame Freizeitaktivitäten und seltener konkrete Hilfeleistungen. Dadurch können Geflüchtete ihre Sprachkenntnisse verbessern und ihr soziales Netzwerk vergrößern.“ Magdalena Krieger
Mentorenprogramme sollten für spezifische Gruppen zugänglicher gemacht werden
Kein Effekt konnte nach einem Jahr auf die Erwerbstätigkeit oder Bildungsinvestitionen von Geflüchteten nachgewiesen werden. Diese sind in beiden Gruppen gleich stark gestiegen. „Sprache und soziale Partizipation sind aber Sprungbretter in Bildung und Beschäftigung. Es wird daher spannend sein, zu untersuchen, ob mittelfristig, also in ein oder zwei Jahren, das Programm auch dort wirkt“, so Studienautorin Krieger.
Die Studie zeigt auch, dass nicht alle Geflüchteten gleichermaßen am Programm teilnehmen. Insbesondere äußerten geflüchtete Frauen seltener Interesse. Geflüchtete im ländlichen Raum ist die Teilnahme oft nicht möglich, da viele Mentorenprogramme ausschließlich in Städten vertreten sind. Initiativen sollten diese Gruppen daher verstärkt in den Blick nehmen, um auch ihnen das Ankommen in Deutschland zu erleichtern.
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