Kostenexplosion: A26 Ost jetzt offiziell doppelt so teuer. Senat gibt sich ahnungslos. NABU Hamburg fordert umgehenden Stopp

Das Autobahnprojekt A26 Ost wird laut dem Finanzierungs- und Realisierungsplan (FRP) der neu gegründeten Autobahn GmbH mit 1,8 Mrd. Euro doppelt so teuer wie ursprünglich geplant. Erst Ende Dezember zeichnete der NABU Bundesverband die A26 Ost mit dem Negativ-Preis „Dinosaurier des Jahres 2020“ aus. Als Reaktion bekräftigte der Hamburger Senat, dass für die Autobahn lediglich 900 Millionen Euro veranschlagt würden. Zu diesem Zeitpunkt lag allerdings der Finanzierungs- und Realisierungsplan (FRP) der Autobahn GmbH bereits vor.

 „Die A26 Ost soll doppelt so teuer werden und der Senat weiß davon nichts? Entweder wurden die explosionsartig gestiegenen Kosten der Öffentlichkeit bewusst verschwiegen oder aber der Senat ist sich tatsächlich nicht über das finanzielle Ausmaß bewusst. Beides wäre bedenklich. Politik und Verwaltung in Bund und Ländern schwafeln über Klimaschutz und Verkehrswende, passieren tut genau das Gegenteil. Mit dieser Beton-Autobahn sind die Planer finanziell und ökologisch auf dem Holzweg. Deswegen muss dieser rückwärtsgewandte, teure Irrsinn gestoppt werden“, sagt Malte Siegert, Vorsitzender des NABU Hamburg. 

Der NABU Hamburg kritisiert an den Planungen zur Pendlerautobahn A26 Ost vor allem den erheblichen Eingriff in Natur und Landschaft und den damit verbundenen Verlust wertvoller Biotopflächen. Zudem ist das Vorhaben vor dem Hintergrund eines abnehmenden Bedarfs im Hafen, mit Blick auf die Klimakrise und der längst überfälligen Mobilitätswende, in keiner Weise mehr zu rechtfertigen. Und on Top kommt nun noch die Kostenexplosion mit ungeklärter Finanzierung. Die veröffentlichten 1,8 Milliarden Euro im FRP listen reine Baukosten auf, die überwiegend vom Bund bezahlt werden. Aber: Trotz der bundeseinheitlichen Verwaltung durch die Autobahn GmbH seit dem 01.01.2021 hatte Hamburg beantragt, dass die Aufgaben der Planfeststellung und Plangenehmigung in der Landesverwaltung verbleiben. Das Land Hamburg trägt somit auch weiterhin die Planungskosten, die proportional im Verhältnis zu den Baukosten steigen.

Weiterhin räumt die Autobahn GmbH im FRP ein, dass die politischen Zielsetzungen und das zur Verfügung stehende Budget nicht zusammenpassen (Quelle: FRP, S. 6). Gerade im Bereich Neubau seien erhebliche Mehrinvestitionen in Höhe von 3,7 Milliarden Euro erforderlich. Die aktuell laufenden Neu- und Erweiterungsbaumaßnahmen für Bundesfernstraßen absorbieren bereits so viele Mittel, dass für alle 85 bis 2025 neu zu beginnenden Projekte lediglich 700 Millionen Euro zur Verfügung stehen. Das heißt, dass allein die Abschnitte 6b und 6c der A26 Ost jeweils für sich genommen schon das Gesamtbudget für die nächsten fünf Jahre übersteigen würden.

Siegert mahnt: „Mit der Finanzierung und Realisierung des vergleichsweise günstigen Abschnitts 6a darf jetzt keine Vorentscheidung für ein Vorhaben fallen, dessen Gesamtfinanzierung in den Sternen steht. Das wäre auch mit Blick auf die Finanzierung der neuen Köhlbrandquerung und dem möglichen alternativen Ausbau des Veddeler Damms unverantwortlich.“

Der NABU fordert ein grundsätzliches Moratorium für den Fernstraßenbau und eine völlig neue, zeitgemäße Ausrichtung des Bundesverkehrswegeplans (BVWP). Das in der Präambel des BVWP beschriebene Ziel „Erhalt vor Neubau“ muss angesichts der Klimakrise und massivem Artensterben endlich ernst genommen werden.

Hintergrund / Kosten:

Die Autobahn GmbH ist eine bundeseigene Gesellschaft, die zum 1. Januar 2021 Bau, Betrieb, Finanzierung und Verwaltung der Bundesautobahnen übernommen hat. Im erstmals aufgestellten Finanzierungs- und Realisierungsplan (FRP) 2021 bis 2025 sind alle Kosten für laufende und zukünftige Autobahnprojekte bilanziert. Der Plan ist unterteilt in laufende Projekte, bis 2025 neu zu beginnende Projekte und weitere wichtige Projekte über den Zeithorizont von 2025 hinaus.

Alle drei Abschnitte der A26 Ost, die als Querverbindung von A7 und A1 mitten durch Hamburg führen soll, sind jeweils als eigenständige Projekte im Teilplan der bis 2025 neu zu beginnenden Projekte aufgeführt. Die veranschlagten Kosten sind gewaltig: Für das Gesamtvorhaben werden fast 1,8 Milliarden Euro (genau: 1783 Mio. Euro) veranschlagt, obwohl die Strecke lediglich knapp 10 km lang wird. Bei der Kostenschätzung sei eine Preissteigerung einkalkuliert worden.

Besonders hoch sind die Kosten für den mittleren Abschnitt (6b: 763 Mio. Euro), der eine neue Brücke über die Süderelbe beinhaltet, die seit der Abschaltung des Kohlekraftwerks Moorburg in ihrer Dimension überhaupt nicht mehr benötigt wird. Die Brücke war ursprünglich so hoch geplant worden, damit Kohleschiffe das dahintergelegene Kraftwerk Moorburg erreichen können. Nach dessen Abschaltung am 08.01.2021 verkommt die geplante neue Süderelbequerung zum Symbolbild veralteter Verkehrsinfrastrukturplanung.  Noch höher sind die Kosten für den letzten Abschnitt (6c: 853 Mio. Euro) in Wilhelmsburg, weil die Autobahn dort in ein aufwendiges Trogbauwerk gesetzt werden muss und zusätzliche Lärmschutzwände installiert werden.

Auf Anfrage können wir den Finanzierungs- und Realisierungsplan (FRP) zur Verfügung stellen.

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