Die COVID-19-Pandemie könnte bei einer Reihe europäischer Unternehmen zu einer Verbesserung der Kapitalrendite beitragen. „COVID-19 hat viele Unternehmen dazu veranlasst, ihre Geschäftstätigkeiten – ob lokal oder global – aus einem ganz anderen Blickwinkel zu betrachten und ihre Kostenbasis neu zu bewerten“, sagt Beatrix Ewert. Für viele Unternehmen sei es wie eine erzwungene Budgetierung auf Nullbasis gewesen, bei der das Management die Budgets von Grund auf neu festlegt, anstatt, wie üblich, die Vorjahreszahlen anzupassen. Zu den neu festgelegten Budgets gehören sowohl die variablen Kosten wie zum Beispiel Arbeitskosten, als auch fixe Kosten wie Leasing- und Mietverträge. Viele Unternehmen nutzen nun dieses Wissen und passen ihr Geschäft an, um wettbewerbsfähiger für die Zukunft zu sein. „Auf Bottom-up-Basis beobachten wir, dass es viele Bestrebungen bezüglich Unternehmensveränderungen gibt. Wir sehen aber auch andere Unternehmen, die (noch) keine Veränderungen vornehmen. In Summe wird die große Neuausrichtung dem Aktienmarkt zugutekommen, jedoch sehr Titel-spezifisch“, erwartet die Expertin. „Im Jahr 2021 ist eine breite Streuung der Renditen über die Sektoren hinweg zu erwarten. Um die potenziellen Gewinner der Krise zu identifizieren, ist aktives Fondsmanagement entscheidend.“
Neue Besen kehren gut
Die Beeinträchtigung des Geschäftsalltags durch die Pandemie habe den einzelnen Managementteams eine bessere Vorstellung davon gegeben, wo ihr Unternehmen in Bezug auf Wachstum, Zyklizität und Störungsanfälligkeit steht. Einige Geschäftszweige waren nicht betroffen, sodass eine Art Belastungstest möglich war. Unternehmen aus diesen Branchen werden gestärkt aus der Krise hervorgehen, da sie ihre erfolgreichsten Produktlinien und Vertriebskanäle identifizieren konnten. Andere Branchen wiederum seien deutlich vom Virus beeinträchtigt gewesen, was nicht nur unmittelbar das Geschäft belastete, sondern auch die Wahrnehmung der Unternehmen als geeignete Investitionskandidaten durch die Marktteilnehmer.
2020 sei daher ein sehr hartes Jahr für Managementteams gewesen, weiß Ewert: „Wir glauben, dass dies zu einem höheren Grad an Fluktuation führen wird, was wir generell als positiv ansehen. Neue, dynamische Managementteams vollziehen oft den größten Grad an strukturellen Veränderungen.“ Zudem werde in einigen Bereichen frisches Kapital wahrscheinlich einen Vorteil gegenüber bereits zugesagtem Kapital haben: „Zum Beispiel sind die Konditionen neuer Leasingverträge viel attraktiver als die der laufenden Verträge. Auch die Banken haben viel Kapital zur Verfügung, das sie verleihen können, und dies zu extrem niedrigen Zinssätzen.“ Die Kombination aus niedrigen Kapitalkosten und sinkenden Eintrittsbarrieren für jüngere Unternehmen in verschiedenen Bereichen werde wahrscheinlich ein schnelleres Wachstum dieser im Vergleich zu den benachteiligten etablierten Unternehmen unterstützen. Disruption bleibe das Hauptrisiko in vielen Branchen.
Aufschwung im Jahr 2021
Mit dem Beginn einer ernsthaften Erholungsphase rechnet Beatrix Ewert im Übergang vom ersten ins zweite Quartal, unterstützt durch anhaltende geld- und fiskalpolitische Maßnahmen und unter der Voraussetzung, dass der Einsatz von Impfstoffen die Rückkehr zu normaleren Aktivitäten ermöglicht. „Dies könnte jedoch zu einer verstärkten Stil-Rotation führen“, erklärt Ewert, „da das Gewinnwachstum bei zyklischen Unternehmen aufgrund des Basiseffekts deutlich stärker ausfällt.“
Die größten Risiken für die fragile Erholung im aktuellen Jahr seien die steigende Staatsverschuldung im Verhältnis zum Bruttoinlandsprodukt sowie die Unsicherheit über die zukünftige Geldpolitik. Auch eine steigende Inflation und die Reaktion des Marktes darauf könnten relevant werden. Mit dem Erfolg der Impfkampagnen und dem zunehmenden Schutz der gefährdeten Bevölkerungsgruppen seien eine gewisse Rückkehr zur Normalität und damit steigende Konsumausgaben wahrscheinlich, so Ewert.
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