„Da für die Beschädigung des Quartiers offenbar keine artenschutzrechtliche Ausnahmegenehmigung vorlag, handelt es sich um einen klaren Verstoß gegen § 39 und § 44 des Bundesnaturschutzgesetzes“, sagt Rainer Altenkamp, 1. Vorsitzender des NABU Berlin. Nach dem Gesetz dürfen Fledermausquartiere nicht beschädigt werden und die Tiere vor allem im Winterschlaf nicht erheblich gestört werden. Deshalb hat der NABU Berlin nun Anzeige gegen das Straßen- und Grünflächenamt Pankow erstattet.
Quartier war dem Amt bekannt
„Der Vorgang ist umso haarsträubender, als der NABU Berlin das Grünflächenamt wiederholt auf das Fledermausquartier hingewiesen hat“, sagt Altenkamp, „zudem haben wir die Mitarbeiter*innen des Amtes gerade erst bei einer Schulung im November 2020 über die Rechtslage informiert.“
Die Baumkrone wurde bereits am 10. Dezember 2020 gekappt. Bei einer Begehung Ende Januar stellten NABU-Mitarbeiter*innen fest, dass der Hohlraum im Stamm nach oben offen und damit ungeschützt gegen Nässe war. Zu diesem Zeitpunkt war nur noch ein Großer Abendsegler im Quartier auszumachen. Was aus den restlichen Tieren wurde, ist unklar.
„Eine Störung im Winterquartier ist für Fledermäuse besonders gefährlich, da sie beim Aufwachen Fettreserven verbrauchen, die sie für den Winterschlaf dringend benötigen“, erklärt Altenkamp. Wie alle Fledermäuse steht der Große Abendsegler (Nyctalus noctula) in Berlin auf der Roten Liste und ist streng geschützt.
Auf Drängen des NABU wurde der angesägte Hohlraum am 4. Februar 2021 von Mitarbeitern des Grünflächenamtes provisorisch mit Folie abgedichtet, um von oben eindringende Feuchtigkeit abzuhalten. Im Mai soll der mehrere Meter hohe Baumstubben einen Deckel erhalten, damit er auch in Zukunft als Winterquartier für Fledermäuse dienen kann.
Immer wieder rechtswidrige Aktionen
Leider ist der Zwischenfall keine Ausnahme. Bereits im Jahr zuvor war im Pankower Bürgerpark ein benachbarter Baum mit ähnlichem Hohlraum gefällt worden, der wahrscheinlich ebenfalls Fledermäuse beherbergte.
„Wir beobachten immer wieder solche rechtswidrigen Aktionen seitens der Berliner Grünflächenämter, und zwar keineswegs nur in Pankow“, klagt Altenkamp. So wurde im Mai 2020 am Kreuzberger Landwehrkanal eine Weide mit einer Buntspechthöhle gefällt. Dabei stürzten die Jungvögel in den Kanal und konnten nur dank der Geistesgegenwart von Anwohner*innen gerettet werden. In diesem Fall hatte ein Baumgutachter sogar vorher auf die Spechthöhle hingewiesen und gefordert, einen Artenschutzexperten hinzuzuziehen − offensichtlich vergeblich.
„Da die Einhaltung des Naturschutzrechts durch die Grünflächenämter derzeit offensichtlich nicht gewährleistet ist, wird der NABU Berlin in Zukunft jeden derartigen Verstoß anzeigen“, sagt Altenkamp. „Wir bitten deshalb die Bürger*innen, uns zu informieren, wenn Bäume mit Höhlen gefällt werden.“
Der NABU Berlin (Naturschutzbund Landesverband Berlin e.V.) ist ein Mitgliederverband. Über 19.000 Naturschützer*innen unterstützen die Arbeit des NABU Berlin, viele von ihnen engagieren sich in den zehn Bezirks- und acht Fachgruppen für den Erhalt der Natur und eine lebenswerte Umwelt. Weitere Informationen über den NABU Berlin finden Sie unter https://berlin.nabu.de.
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