Netzbeirat fordert massiven Ausbau und Modernisierung der Infrastruktur

Der Netzbeirat der DB Netz AG hat Ende Februar seine Stellungnahme zum Geschäftsplan 2019 der DB Netz AG übergeben. Mit der Vorlage des zweiten Geschäftsplans wurde ein Schritt in die richtige Richtung gemacht. Der gesetzlich festgelegte Auftrag des Netzbeirats, eine „optimale und effiziente Nutzung und Bereitstellung und Entwicklung der Infrastruktur…“ proaktiv aus Marktsicht zu begleiten, bleibt oberste Leitlinie seiner Agenda.

Branche steht vor erheblichen Herausforderungen
Für die Unternehmen des Schienenverkehrs ist ein effizient und effektiv arbeitendes Netz von elementarer Bedeutung. Die Eisenbahnverkehrsunternehmen arbeiten in den letzten Jahren mit einer insgesamt eher angespannten Wirtschaftlichkeit, worauf auch seitens der Bundesnetzagentur seit geraumer Zeit wiederholt hingewiesen wird. Auslöser hierfür sind u.a. Kostensteigerungen für Personal, Betrieb oder Trasse, die nicht oder nur sehr eingeschränkt an die Kunden weiterzugeben waren.

Verkehrswende mit Elan umsetzen
Die weitere Entwicklung unserer Branche wird maßgeblich davon geprägt sein, inwieweit es gelingen wird, die Verkehrswende als Erfolgsstory konkret auszugestalten. U.a. sollen die Anzahl der Fahrgäste im Fernverkehr verdoppelt und die Leistung im Schienengüterverkehr um 70 Prozent gesteigert werden; sein Marktanteil soll auf 30 Prozent anwachsen. Gleiches gilt für den ÖPNV. Entsprechend sind Maßnahmen notwendig, die die Branche in die Lage versetzen, unter den aktuellen Randbedingungen ihren Beitrag für eine erfolgreiche Verkehrswende leisten zu können.

Massive Netzentwicklung als Antwort auf ökonomische und politische Herausforderungen
Die Netzkonzeption 2030/2040 wird als Grundkonzeption zur Netzentwicklung begrüßt. Sie greift viele Anregungen der Kundenseite bzw. des Netzbeirates auf. Hinzuweisen ist aber auch auf die finanzielle Dimension dieser Herausforderung. Allein die Abschreibungen auf das im Netz gebundene Vermögen führen dazu, dass die Sicherung des Bestandsnetzes (z.B. Gleislänge, Durchschnittsalter der Anlagen) erhebliche Teile der jährlichen Investitionsbudgets verschlingen wird.

Der Netzbeirat ist daher überzeugt, dass weiterhin deutlich steigende Schienenverkehre nur durch einen vorhergehenden umfangreichen Ausbau des Netzes zu realisieren sind. Hierfür wären weitere, zusätzliche Finanzmittel bereitzustellen. Hierbei ist vor allem auf die beschränkte Kapazität insbesondere der Bahnknoten hinzuweisen, deren limitiertes Leistungsvermögen bereits heute die Streckenauslastung determiniert. Eine weitere Voraussetzung für die erfolgreiche Umsetzung der Verkehrswende wird in der Erschließung der über 120 Mittelzentren mit fast zwei Millionen Einwohnern an das Personenverkehrsnetz gesehen.

Für den Personenverkehr bedarf es nach Aussage des stellvertretenden Vorsitzenden des Netzbeirats, Dr. Norbert Reinkober, einer deutlichen Aufstockung an Zugangsstellen zum Netz bzw. ihrer Kapazitäten. Die Personenbahnhöfe aller Metropolen wie Hamburg, Frankfurt/M., Köln oder Berlin seien kapazitiv seit Jahren im Prinzip ausgereizt. Ein weiteres Wachstum im Personenverkehr kann nach Einschätzung von Dr. Norbert Reinkober im Status-quo als nicht gesichert angesehen werden. Auch der Güterverkehr benötigt deutlich mehr Zugangsstellen zum Netz als heute vorhanden. Mit einer sich weiter ändernden Güterstruktur muss die Branche an neuen logistischen Produkten und damit auch an einem Netz von neuen bzw. neuartigen Zugangsstellen zum Netz arbeiten.

Von einer weiteren Elektrifizierung des Netzes dürfen gesamtwirtschaftlich betrachtet Vorteile für den Schienenverkehr erwartet werden, insbesondere in den Fällen, in denen die Schiene ihre ökologische Vorteilhaftigkeit zum Ausdruck bringen und sich so im intermodalen Wettbewerb der Verkehrsträger besser behaupten kann.

Digitale Schiene Deutschland
Die Umsetzung des Programms „Digitale Schiene Deutschland“ wird ausdrücklich begrüßt. Der Netzbeirat sieht eine konsequente Digitalisierung des Eisenbahnsystems einschließlich des Netzes als die intelligenteste Form an, die Leistungsfähigkeit und die Produktivität des Systems Schiene zu steigern. Nochmals sei an die frühzeitige Beteiligung der Branche, der Infrastrukturunternehmen und der Nutzer des Netzes hinsichtlich Planung, Umsetzung usw. erinnert.

European Train Control System (ETCS) – Effekte sichern, Implementierung beschleunigen
Die Digitalisierung und Automatisierung des Bahnbetriebs erfordert u.a. die Einführung von ETCS im großen Rahmen. Eine solche Einführung ist sowohl für die Netzbetreiber als auch für die Betreiber von Eisenbahnfahrzeugen sehr kostspielig. Ausgeräumt werden sollten die jüngst entstandenen Zweifel hinsichtlich der tatsächlich zu realisierenden Kapazitätsgewinne. Nach jetzigem Stand ist davon auszugehen, dass für die nächsten etwa 50 Jahre von einem Parallelbetrieb von ETCS in seinen verschiedenen Versionen und anderen Leit- und Sicherungstechniken auszugehen ist. Daher ist es nach wie vor dringend notwendig, die Finanzierung der notwendigen Investitionen in die Infrastruktur und in die Fahrzeuge durch den Bund rasch sicherzustellen. Die schnelle Um- und Ausrüstung der Fahrzeuge ermöglicht deutliche Kostenreduktionen bei der ortsfesten Infrastruktur von DB Netz durch die Verlagerung von Komponenten der Leit- und Sicherungstechnik in die Fahrzeuge. Im Saldo kommt es zu einer Ersparnis für den Eigentümer der Infrastruktur, die die entsprechende Finanzierung durch den Bund rechtfertigt. Andernfalls droht eine deutliche Verzögerung der konsequenten Implementierung und eine Schwächung der Wettbewerbsfähigkeit des Verkehrsträgers Schiene.

Aufbau eines Kennwertesystems zeigt erste Fortschritte
Der Netzbeirat setzt sich auch hier dafür ein, durch den Aufbau eines fortlaufend zu aktualisierenden Kennwertesystems die notwendigen informatorischen Grundlagen für ein effizientes Arbeiten der Mitglieder des Netzbeirats zu schaffen. Dazu wurde ein Katalog von kritischen Erfolgsfaktoren (KPI) formuliert und in die Abstimmung gebracht. Erste Daten zur Infrastruktur liegen inzwischen vor. Wünschenswert wäre, hier zeitnah für den Netzbeirat zu einem umfassenden System von konsistenten Bestandsdaten (z.B. Alters- und Zustandsdaten, Anzahl der Abstellgleise und Zugangsstellen zum Netz (Bahnhöfe, Gleisanschlüsse) sowie zu Zeitreihen zur Performance des Netzes zu kommen (Auslastung, Ausfallwahrscheinlichkeiten usw.). Der erreichte Umsetzungstand kann allenfalls als erster Zwischenschritt aufgefasst werden. Der aus dem Netzbeirat ausscheidende Michail Stahlhut merkte dazu an: "Die Idee des Gesetzgebers, mehr Transparenz in das Leistungsspektrum des Netzbetreibers zu bringen, trägt Früchte. Im zweiten Jahr der Bewertung des Geschäftsplans der DB Netze erkenne ich das Bemühen, zu mehr Transparenz zu kommen. Zugleich sehe ich vor dem Hintergrund der bislang realisierten KPI-Inhalte (<30%) die Notwendigkeit einer deutlich detaillierteren Darstellung der durch den Netzbeirat gewünschten Kennwerte. Nur so wird man objektiv die Leistung des Infrastrukurbetriebes bewerten und die marktgerechte Weiterentwicklung fördern."

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