WORLD TEXT seit 30 Jahren in Schwerin

WORLD TEXT Sprachenservice blickte in diesen Tagen auf 30 ereignisreiche Jahre zurück. Seit 1991 managen zwei Frauen in Schwerin mit einigen angestellten und vielen freien MitarbeiterInnen erfolgreich das Übersetzen und Dolmetschen in und aus über 50 Sprachen. Dafür stehen Natalia Jentzsch und Kerstin Voigt, die heute ihr Büro in der Schweriner Innenstadt in Schlossnähe haben. Hier gab es von den beiden den Rückblick auf die bewegten Zeiten.

Als Sprachendienstleister mit einem weltweiten Netz an Fachübersetzerinnen und Fachübersetzern und mit Einsatz moderner Sprachtechnologie ist WORLD TEXT heute spezialisiert auf die Übersetzung von Fachtexten für Kunden aus der ganzen Bundesrepublik in den Bereichen Technik und Wissenschaft, Wirtschaft und Marketing, Recht und Politik. Die Sprachenprofis übersetzen Webseiten, technische Dokumentationen, geschäftliche Korrespondenz, Imagebroschüren und Kataloge, Management- und QM-Fehlerberichte u. v .a. m., aber auch Vertragswerke, Handelsregisterauszüge, offizielle Dokumente, Schriftstücke der Justiz und Urkunden. Zusätzlich kommen erfahrene Dolmetscherinnen und Dolmetscher in Mecklenburg-Vorpommern in den verschiedensten Bereichen zum Einsatz – bei Landesregierung und in Ämtern, bei Gerichten und Ermittlungsorganen, aber auch bei Messen und Konferenzen sowie Besprechungen und sogar Hochzeiten.

Was heute so einfach klingt, war schwer zu machen. Learning bei doing, denn sie waren Seiteneinsteigerinnen. Die Wende brachte die Lebensläufe durcheinander. Die bisherigen Arbeitsstellen gab es bald nicht mehr. Was tun? Die Idee zur Selbständigkeit hatte Kerstin Voigt, kannte sie doch aus dem Jugendaustausch mit den sozialistischen Ländern die Dolmetscher in und um Schwerin. Warum nicht aus diesem Wissen und aus dem Beherrschen der russischen Sprache durch ihr Studium von Philosophie und Soziologie an der Universität Minsk eine neue Existenz aufbauen? Außerdem: Immer mehr Menschen kamen aus dem ferneren Osten nach Deutschland, die Sowjetarmee bereitete ihren Abzug vor, wegen der Vertriebenenentschädigungen an ehemalige DDR-Bürger mussten viele Nachweisdokumente übersetzt werden. Da waren Dolmetscher und Übersetzer gefragt.

Ende 1990 gab es ein erstes Treffen der Protagonistinnen. Ludmila Podlasly und Natalia Jentzsch waren ehemaligen DDR-Studenten aus Minsk bzw. Kiew der Liebe wegen nach Schwerin gefolgt. Natalia Jentzsch hatte zuvor an der TU Dresden ein Ingenieurstudium absolviert. Ludmila Podlasly war Absolventin des Polytechnischen Instituts Minsk. Wenn das keine gute Mischung ergab…! Mit Enthusiasmus setzten sie ungeahnte Kräfte frei, brachten Mut und Zuversicht auf, denn nicht alles kam gleich auf die Erfolgsspur.

Der 26. Februar 1991 gilt das offizielle Gründungsdatum mit der Erstellung des Gesellschaftervertrages und der Kontoeröffnung mit 500 DM pro Gesellschafterin. Und der Name wurde kreiert: Übersetzung- und Schreibbüro KONTAKT; letzteres Wort stellte sich später als ungeeignet heraus. Ihr Handwerkszeug, zwei Schreibmaschinen – eine ERIKA mit kyrillischen Lettern und eine RHEINMETALL von 1938 mir lateinischen Typen -, wurden hin- und hergeschleppt. Kerstin war längst in einer Umschulung zur Betriebswirtin. Natalia zunächst in Kurzarbeit Null und dann ebenfalls in Weiterbildung zur Betriebswirtin.

Bürosprechzeiten wurden 1991 wochentags im Büro des Ausländerbeauftragten der Stadt Schwerin in dessen Mittagspause durchgeführt. Ein eigenes Büro musste her. Das bot sich im Neubaugebiet Großer Dreesch im Sitz des ehemaligen ABV (Abschnittsbevollmächtigter; heute: Kontaktbereichsbeamter) an: zwei kleine Zimmer mit Telefon – damals noch eine Rarität – aber ohne Toilette! Bis dahin wurden die Kunden in den Privatwohnungen empfangen oder gar persönlich zu Hause aufgesucht.

Den ersten Sprung in die Selbständigkeit mit vollem Risiko machte Natalia Jentzsch, später folgten etappenweise Ludmila Podlasly und Kerstin Voigt, die erst ihre 2-jährige Umschulung beenden musste. „Nebenbei“ arbeiteten sie schon voll an den Nachmittagen, abends und an den Wochenenden mit. „Nebenbei“ wurden auch die insgesamt fünf kleinen Kinder der drei Frauen wechselseitig betreut.

1992 gab es erste Geschäftsanbahnungen – noch im Rahmen von KONTAKT – in die russischsprachigen Gebiete der ehemaligen Sowjetunion unter Nutzung der in Schwerin stationierten Offiziere der Westgruppe der (russischen) Streitkräfte, denn Natalia Jentzsch hatte durch ihre Tätigkeit im VEB Kombinat Lederwaren Schwerin bereits Erfahrungen im Außenhandel. In jenem Jahr wurde auch eine erste Delegation belarussischer Geschäftspartner im neuen Büro empfangen.

Ende des Jahres 1992 dann der erste richtig große Dolmetscherauftrag: Für eine Regierungsdelegation aus Usbekistan bei einem Wirtschaftsinstitut in Hamburg (HWWA) wurde eine Woche lang zum Thema „Transformation einer Planwirtschaft in eine Marktwirtschaft“ in Russisch gedolmetscht. Daraus ergab sich ein sehr umfangreicher Übersetzungsauftrag. 1993 kamen die ersten Praktikanten ins Unternehmen. In diesem Jahr fand auch der erste 286er PC mit 9-Nadel-Drucker in nunmehr größere Räumlichkeiten mit sanitären Einrichtungen den Weg.

Heinz W. Hilge aus Reinbeck bei Hamburg unterstützte die Damen mit seinen Erfahrungen im Rahmen des Vereins „Senioren helfen jungen Unternehmern“. Er regt an, die Bezeichnung zu ändern. Ende des Jahre 1993 macht „WORLD TEXT Sprachenservice“ das Rennen. Und das aus gutem Grund. „Die Bezeichnung „Kontakt“ wurde oft durch im Westen sozialisierte Kunden allzu menschlich gesehen“, meinte augenzwinkernd Kerstin Voigt. Die Umbenennung erfolgte offiziell mit Beginn des Jahres 1994.

Seit April 1994 ist WORLD TEXT Mitglied im Unternehmerverband Norddeutschland Mecklenburg-Schwerin e.V. Eine erste Werbung auf einem Straßenbahnwagen in Schwerin sorgte für Aufsehen. Die deutschlandweit erscheinende Zeitschrift „MAX“ brachte in der März-Ausgabe 1995 einen Artikel über „wendige Ost-Frauen“ – die drei waren dabei. 1995 erfolgte auch der Umzug in ein wesentlich größeres Büro in der Innenstadt, erste Mitarbeiterinnen wurden fest eingestellt. Am 29. Juni d. J entstand aus der Außenhandels-GbR das Unternehmen „ImpexConsult Schwerin GmbH“, ausgerichtet auf die Märkte Russland, Ukraine, Belarus. Die Lieferung von Ersatzteilen aus dem ehemaligen SKET Magdeburg an Belaruskali, dem größten Unternehmen des Landes im Kalibergbau, war das erste erfolgreiche große Geschäft.

In Wismar wurde 1997 eine Zweigstelle – speziell für die Werft – eröffnet. WORLD TEXT ließ im gleichen Jahr sein Qualitätsmanagementsystem (QMS) nach DIN EN ISO 9002 zertifizieren. 1998 erfolgte der Umzug des Unternehmens in noch größere Räumlichkeiten fast mit Schlossblick. Am Haus Mecklenburgstraße 69 zeigt eines der wenigen dreidimensionalen Firmenschilder Schwerins den Kunden den Weg. WORLD TEXT gehörte zu den 500 deutschen Unternehmen, die beim Projekt „Telearbeitsplätze“ des Wirtschaftsjournals „impulse“ mitmachten. Im März 1998 nahm WORLD TEXT an der Gründung des Verbandes der Qualitätssprachendienste Deutschlands e. V. (DQS) in Bad Hersfeld teil. 1999 wurde die GbR zu einer oHG mit Handelsregistereintrag. 2000 gehörte der Sprachenservice zu den ersten 25 deutschen Unternehmen, die ihr QMS nach der neuen Norm DIN EN ISO 9001:2000 zertifizieren ließen. 2013 war WORLD TEXT auf der Hannover Messe am Firmengemeinschaftsstand des Landes MV dabei. 2019 erhielt das Unternehmen in Rostock für 5-malige Teilnahme am Lieferantentag MV eine Auszeichnung.

Die bekannten Ereignisse der Jahre 2008/2009, die die globale Finanzwirtschaft und somit auch die Weltwirtschaft durcheinanderwirbelten, führten notwendigerweise zu neuen Herausforderungen im Außenhandel: Aus der ImpexConsult Schwerin GmbH wurde die ENERTEC NORD GmbH, heute exklusiver Vertreter des größten Möbelherstellers und Objekteinrichters der Ukraine für Deutschland und darüber hinaus. Die Wirtschaftskontakte mit dem ukrainischen Unternehmen gehen bereits auf das Jahr 1994 zurück.
2010 führten andere Pläne Ludmila Podlasly auf neue Wege. Aus drei werden zwei geschäftsführende Gesellschafterinnen.

WORLD TEXT hat von Anfang an einen Focus auf Professionalität und die Qualität der erbrachten Dienstleistungen gelegt.

Am 01.04.1991 wurden die Frauen im rd. 3 Monate zuvor in Rostock gegründeten Landesverband MV des BDÜ (Bundesverband der Dolmetscher und Übersetzer) Mitglied. Von Beginn an steht die Teilnahme an Fachkongressen und Weiterbildungen auf der Tagesordnung, so im April 1993 am 1. Bundeskongress des BDÜ in Bonn, an etlichen Gerichtsdolmetschertagen, z. B. im März 2011, oder an der Fachkonferenz Sprache und Recht im Oktober 2017 in Hannover. In vielen Jahren wird die EXPOLINGUA in Berlin besucht, Kongresse wie z. B. der XX. Weltkongress der FIT (Fédération Internationale des Traducteurs) in Berlin 2014 oder die BDÜ-Konferenz Ende November 2019 in Bonn.

Natürlich kam auch die eigene fachliche Qualifikation nicht zu kurz. Anfang des Jahres 1997 gab es den schriftlichen Teil der Dolmetschereignungsfeststellungsprüfung (heißt tatsächlich so) im Kultusministerium MV, wenig später den mündlichen Teil an der Universität Rostock. Das war die Grundlage, um öffentlich bestellte und allgemein beeidigte Dolmetscherinnen der russischen Sprache werden zu können. Die meisten angestellten Mitarbeiterinnen sind ebenfalls allgemein beeidigt.

Ganz wichtig war und ist die permanente IT-Weiterbildung. Man mag es kaum glauben, aber heutzutage muss ein/e gute/r Übersetzer/in im Prinzip gleichzeitig fast Informatiker/in sein, um allen technischen Anforderungen des Berufes Genüge tun zu können. Dafür muss das Unternehmen technisch stets auf der Höhe der Zeit sein.

Sehr engagiert sind Natalia Jentzsch und Kerstin Voigt auch ehrenamtlich.

Bei der Verabschiedung der letzten Soldaten und Offiziere der Westgruppe der Streitkräfte am 28.04.1993 in Schwerin in Anwesenheit des Oberkommandierenden Burlakow ging es am Rande auch um das Divisionsmuseum, das hierbleiben sollte. Unter maßgeblicher Beteiligung der Damen – im Aushandeln mit Oberstleutnant Alexander Kirejew vom Schweriner Militärstandort – wurde das sichergestellt. Es sollte für die Öffentlichkeit zugänglich sein, ist aber noch immer in einem Depot des Freilichtmuseums Schwerin-Mueß. Über Kerstin Voigt, ehrenamtlich Landesvorsitzende der Osteuropa-Freundschaftsgesellschaft Mecklenburg-Vorpommern, kann man aber Besichtigungstermine oder einen Vortrag über das Museum vereinbaren.

Beide Frauen sind seit der Gründung im Jahr 1998 aktiv bei FiM – Frauen im Management, Natalia Jentzsch im Vorstand. Kerstin Voigt steht seit 2015 an der Spitze des Freundeskreises FILMKUNSTFEST MV e. V., Natalia Jentzsch ist seit 2016 im IHK-Ausschuss Außenwirtschaft tätig und seit 2019 im Vorstand von SIČ, dem Ukrainisch-Deutschen Kulturzentrum. Seit vielen Jahren sind sie auch in den Freundeskreisen vom Staatlichen Museum und dem Mecklenburgischen Staatstheater sowie im Kunstverein vertreten.

Corona hat verhindert, dass das 30-jährige Firmenjubiläum angemessen begangen werden konnte. Die Frauen sind sich sicher, dass sie ihre Erfolgsgeschichte weiterschreiben werden.

(Der Artikel entstand im Ergebnis eines Interviews im WORLD TEXT-Büro mit den beiden Geschäftsführerinnen durch den Schweriner Journalisten Dietmar Unger.)

Über die WORLD TEXT Sprachenservice oHG

WORLD TEXT ist der Sprachenservice für Fach- und beglaubigte übersetzungen in über 50 Sprachen in den Bereichen Wirtschaft und Technik, Wissenschaft und Recht. Regional seit 1991 in Mecklenburg-Vorpommern verankert, ist WORLD TEXT für Kunden bundesweit und auch im Ausland tätig.
www.worldtext.de * +49 385 77939

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