Neues Klimaziel: EU bleibt unter dem wissenschaftlich Erforderlichen – Biden-Klimagipfel muss Endspurt für Zielerhöhung aller Staaten einläuten

Der heute Nacht zwischen EU-Kommission, Rat und Parlament erzielte Kompromiss zum Europäischen Klimagesetz ist nach Einschätzung der Umwelt- und Entwicklungsorganisation Germanwatch unzureichend. Zwar bedeutet das Klimaziel von mindestens minus 55 Prozent netto für 2030, das einer Emissionsminderung ohne Senken von knapp 53 Prozent entspricht, ungefähr eine Verdopplung des Klimaschutz-Tempos im Vergleich zum bisherigen EU-Ziel. Aber mit Blick auf das wissenschaftlich Erforderliche für das 1,5-Grad-Limit und auf die Forderung des EU-Parlaments, 60 Prozent als Ziel zu setzen, ist dies deutlich zu wenig.

"Die EU hat die Chance verspielt, neue Maßstäbe im internationalen Klimaschutz zu setzen“, sagt Christoph Bals, Politischer Geschäftsführer von Germanwatch. „Immerhin geht die EU morgen nicht mit ganz leeren Händen in den Klimagipfel auf Einladung des US-Präsidenten. Aber Rat und Kommission haben sich seit der Ratsentscheidung im Dezember leider kaum noch Richtung Parlament bewegt. Die EU wird sich beim Biden-Gipfel kritische Rückfragen anderer großer Emittenten gefallen lassen müssen, die sie zur Nachbesserung ihrer Klimaziele bewegen will. Aber wir brauchen nun zügig – rechtzeitig vor dem Weltklimagipfel im November – deutlich verbesserte Klimaschutz-Zusagen auch all der Staaten, die noch keine verschärften Ziele vorgelegt haben.“

Germanwatch fordert die EU auf, bei der nächsten internationalen Zielerhöhungsrunde von 2023 bis 2025 ein verbessertes Klimaziel vorzulegen. Dafür wird auch die nächste Bundesregierung gefordert sein. Zudem müsse mehr Engagement für Klimapartnerschaften mit wichtigen Schwellenländern aufgebracht werden. Staaten wie zum Beispiel Indien, Südafrika und Indonesien benötigen für den notwendigen, am 1,5 Grad-Limit des Pariser Abkommens orientierten Klimaschutz Angebote für technologische und finanzielle Zusammenarbeit.

Gipfel wird Lackmustest für erfolgreiche Rückkehr der USA in Klimapolitik

Der Leaders Summit, zu dem US-Präsident Biden für morgen und Freitag eingeladen hat, markiert die Rückkehr der USA auf die internationale Klimabühne. Neue Klimaschutz-Zusagen der USA und anderer Staaten direkt vor und beim Gipfel werden der Lackmustest dafür, wie groß der Schaden für die USA nach vier Jahren Abwesenheit von der Klima-Bühne noch ist. Die Biden-Regierung hat viel diplomatisches Kapital investiert um insbesondere Japan, Südkorea und Kanada sowie China, Indien und Brasilien zu mehr Klimaschutz zu bewegen. Christoph Bals: „Internationaler Klimaschutz ist ein Kernpunkt des geopolitischen Kräftemessens zwischen den USA und China geworden. Einen Führungsanspruch können die USA nach verlorenen vier Jahren unter Trump nicht beanspruchen, aber sie können eine Kraft werden, die für neue Dynamik sorgt: einerseits durch mehr Klimaschutz im eigenen Land und andererseits durch Unterstützung starker Zielankündigungen anderer Staaten bei Bidens Klimagipfel.“ Die Agenda des Gipfels konzentriert sich daher bewusst auf die größeren Emittenten, die jetzt beim Klimaschutz liefern müssen.

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