Brandschutz mit Verbundwerkstoffen
Brandschutz ist von essentieller Wichtigkeit für alle Bereichen des menschlichen Lebens und Arbeitens, denn im Ernstfall verursacht ein Feuer nicht nur einen hohen Sachschaden, sondern bedroht auch Menschenleben. Neben baulichen und anlagentechnischen Schutzmaßnahmen, wie bspw. Löschanlagen, Brand- und Rauchmeldesystemen, Feuerschutztüren oder Flucht- und Rettungswegen, sind die Entflammbarkeit bzw. das Brandverhalten von Werk- und Baustoffen sowie der Feuerwiderstand von Bauteilen wesentliche Kriterien bei der Konzeption von bspw. Fahrzeugen, Flugzeugen oder Gebäuden.
Diese Anforderungen an Werkstoffe und Komponenten sind durch eine Vielzahl an Rechtsvorschriften streng geregelt. Um Antworten auf die Frage: „Wie können Composites die geltenden Brandschutzanforderungen erfüllen?“ industrieübergreifend zu bündeln und interessierten Mitgliedern den aktuellen Stand der Technik zu präsentieren, hat der CU die Arbeitsgruppe „Brandschutz“ ins Leben gerufen. Zur digitalen Kick-off-Veranstaltung „Fire protection with composites across industries – sustainable solutions and trends“ am 28. April 2021 waren fast 70 nationale und internationale Teilnehmer*innen aus unterschiedlichen Branchen anwesend und diskutierten aktuelle Forschungsaktivitäten und Entwicklungen.
So stellte Tassilo Witte (CTC GmbH) im Eröffnungsvortrag vor, mit welchen Möglichkeiten sich die in einem Flugzeug verbauten Materialien entsprechend den Brandschutzvorgaben konzipieren lassen. Welchen Weg die Deutsche Bahn AG geht, um schwer entflammbare Kunststoff-Bauteile für das Interieur eines Zugabteiles mittels 3-D-Druck zu fertigen, berichtete Dr. Tina Schlingmann. Zu aktuellen Entwicklungen im Bereich maritimer Anwendungen gab es mehrere Präsentationen: Franz Evegren (RISE Research Institut of Sweden), Dr. Lars Molter (Hyconnect GmbH) sowie Jörg Bünker (Saertex GmbH) sprachen über ihren Erfahrungen mit dem Einsatz vom Verbundwerkstoffen in einem Bereich, der konventionell eher durch Stahlanwendungen geprägt ist.
Die Präsentationen aus der Anwenderbranche wurden ergänzt durch Beiträge aus der Materialforschung und -entwicklung, wie etwa von Prof. Markus Milwich und Dr. Mark Steinmann vom Deutschen Institut für Textile und Faserforschung Denkendorf. Beide Forscher zeigten die Vor- und Nachteile der aktuell verfügbaren Flammschutzmittel auf und wiesen auf einen großen Forschungsbedarf bezüglich Toxizität und ökologischer Verträglichkeit von Flammschutzmitteln hin.
Leiter der neuen AG Dr.-Ing. Hauke Lengsfeld (General Manager Reactive Polymers and Flame Retardants bei Schill + Seilacher "Struktol" GmbH) freut sich über das große Interesse und die gelungene Auftaktveranstaltung: „Unser Ziel ist es zukünftig Aktivitäten im Bereich Brandschutz mit Composites industrieübergreifend zu bündeln und den Wissens- und Erfahrungsaustausch unter den Akteuren anzuregen. So können wir gemeinsam die Entwicklung von Hochleistungs-Verbundwerkstoffen vorantreiben, die alle relevanten Sicherheitsanforderungen erfüllen und damit ein breiteres Anwendungsfeld für diese Werkstoffe schaffen. Die CU-Mitglieder gehen aber gleichzeitig noch einen Schritt weiter – der Thementag heute hat gezeigt, dass sich alle Unternehmen und Institutionen auch den Fragen der Nachhaltigkeit stellen. Bei ihren Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten legen sie den Fokus auch auf die Wiederverwendbarkeit, Recyclingfähigkeit sowie auf die Umweltverträglichkeit und Gesundheitswirkung der eingesetzten Materialen.“
Wachstumsmarkt Pultrusion
Pultrusion ist ein hocheffizientes, automatisiertes Verfahren zur Herstellung von Profilen oder Stäben aus endlosfaserverstärkten Kunststoffen. Der Markt für pultrudierte Anwendungen wächst – die leichten, korrosionsbeständigen und kostengünstig herstellbaren Profile werden vor allem von der Windenergie-, der Automobil- und der Baubranche nachgefragt.
Auch für dieses Themengebiet gab es aus den Kreisen der CU-Mitglieder den Wunsch nach einer stärkeren Vernetzung und eines Wissensaustausches im Rahmen einer Arbeitsgruppe. Jens Boelke, Head of Composites & New Technologies der Thomas GmbH + Co. Technik + Innovation KG und Leiter der neuen AG “Pultrusion”, erklärt: „Obwohl die Pultrusion inzwischen ein etabliertes Verfahren ist, ist die Vernetzung der Akteure, die in diesem Bereich tätig sind, noch unzureichend. Wir wollen diese Akteure entlang der gesamten Wertschöpfungskette für einen vorwettbewerblichen Erfahrungsaustausch zu den eingesetzten Werkzeugen sowie den verwendeten Fasern und Harzsystemen zusammenbringen. Nur so können wir Innovationen rund um den Pultrusionsprozess vorantreiben und gleichzeitig die Qualität und die Stabilität des Prozesses sicherstellen.“
Das große Interesse der CU-Mitglieder an einer gemeinsamen Zusammenarbeit zeigte sich bei den Anmeldungen zur virtuellen Auftaktveranstaltung „CU Pultrusion Innovation Forum“ am 04. Mai 2021: Über 100 internationale Gäste von Brasilien bis Australien hatten sich in die Onlinekonferenz eingewählt.
Als Beispiel für eine mögliche Zusammenarbeit eines Harzproduzenten, eines Faserherstellers und eines Entwicklers einer kompakten Pultrusionsanlage präsentierten Lars Friedrich (Olin), Bryan Minges (Owens Corning Composites) und Jens Boelke (pullCUBE) eine ganzheitliche, mobile Pultrusionsanlage mit darauf abgestimmten Faser- und Harzmaterialen (siehe Abb.).
Von den Teilnehmer*innen gab es durchweg positives Feedback und großes Interesse an einem zukünftig intensiveren Austausch. Jens Boelke sieht sich damit in seinem Wunsch nach einer AG bestätigt: „Wir hatten einen großen internationalen Teilnehmerkreis, mit Gästen von Buxtehude bis nach Melbourne sowie vielfältige Diskussions- und Redebeiträge aus unterschiedlichen Branchen. Die Prognosen für Pultrusion stehen auf Wachstum. Die CU-Mitglieder können davon profitieren, wenn sie zusammen das Pultrusionsverfahren weiterentwickeln und neue Anwendungsfelder wie z.B. im Schiffsbau oder auch im Bauwesen erschließen. Den Grundstein dafür haben wir mit der Gründung der Arbeitsgruppe gelegt.“
Composites United e.V. (CU) ist eines der weltweit größten Netzwerke für faserbasierten multimaterialen Leichtbau. Rund 400 Mitglieder haben sich zu diesem leistungsstarken Industrie- und Forschungsverbund zusammengeschlossen. Mehrere Regional- und Fachabteilungen tragen die Vereinsaktivitäten in der gesamten DACH-Region, dazu kommen internationale Vertretungen in Belgien, Japan, Süd-Korea, China und Indien.
Der Composites United e.V. entstand mit Wirkung zum 01. Januar 2019 aus der Fusion der beiden vorbestehenden Vereine Carbon Composites e.V. und CFK Valley e.V. Sitz des Composites United e.V. ist Berlin, daneben bleiben Augsburg und Stade als eingeführte Standorte erhalten.
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