Daseinsvorsorge als Ganzes angehen

„Gleichwertige Lebenschancen auf dem Land. Darum geht es. Um nicht mehr und nicht weniger“, bringt Jan Hägerling es knapp auf den Punkt. Der Vorsitzende des Bundes der Deutschen Landjugend (BDL) e.V. spricht von Daseinsvorsorge. Der eingestaubt wirkende Begriff ist juristisch betrachtet ein heißes Eisen, der sich auf die Artikel 20 und 28 im Grundgesetz stützt. Der BDL fordert, die Grundausstattung der Daseinsvorsorge festzuschreiben und unabhängig von der Wirtschaftlichkeit zu garantieren.

„Das Gemeinwohl muss vor wirtschaftlichen Interessen stehen“, stellt Jan Hägerling die BDL-Position klar. Die Menschen auf dem Land brauchen eine Grundausstattung zum Leben. Dazu gehören für die rund 100.000 ehrenamtlich Aktiven des größten Jugendverbands im ländlichen Raum elementare Leistungen wie Wasser und Strom, öffentliche Sicherheit und Bildungsstrukturen, ärztliche Versorgung und Mobilität etc. „Und zwar für alle. In allen Lebenslagen“, betont der BDL-Bundesvorsitzende.

Dass diese Leistungen in der öffentlichen Hand bleiben und nicht privatisiert werden dürfen, ist das eine. Doch für die Landjugend gehört zur Daseinsvorsorge auch die digitale Grundversorgung – eine leistungsfähige Internet- und Mobilfunkausstattung: „Das Maß der Daseinsvorsorge muss sich an den Bedürfnissen der Menschen orientieren und nicht an der Gewinnmaximierung von Unternehmen“, so der junge Mann. Die zucken mit den Schultern und begründen mit wirtschaftlichen Zwängen, warum einzelne Dörfer oder ländliche Regionen abgehängt bleiben.

Das Schneckentempo im Breitband- und Mobilfunkausbau ist aus Sicht des Jugendverbands kaum noch zu ertragen. „Wir schreiben das Jahr 2021 und ich kann immer noch nicht vollständig an meiner Videokonferenz teilnehmen, weil ständig die Internetverbindung zusammenbricht,“ winkt Jan Hägerling ab. So wie ihm geht es vielen anderen in den ländlichen Räumen. Hinzu kommt, wie die Bundesnetzagentur berichtete, dass viele Nutzerinnen und Nutzer über alle Bandbreiteklassen und Unternehmen hinweg oft nicht die versprochenen Internetgeschwindigkeiten erreichen.

Immerhin legt das neue Telekommunikationsgesetz fest, dass der Universaldienst zukünftig um einen Breitbandinternetzugangsdienst erweitert wird. In ihrem Bericht vom Mai 2021 verkündete die Agentur, dass damit alle Endnutzer:innen einen Anspruch auf einen Internetzugangsdienst erhalten, der zumindest den Anforderungen einer Grundversorgung genügte, also Online-Banking, Videoanrufe in Standardqualität, Online-Einkäufe sowie Teleheimarbeit und Video-Streaming in üblichem Umfang.

„Worte wie werden, wollen und zukünftig kann ich im Zusammenhang mit Breitband und Mobilfunk nicht mehr hören“, macht der BDL-Bundesvorsitzende seinem Ärger Luft. Es gebe noch genügend Orte, wo weder Homeschooling geht, noch ein Notruf abgesetzt werden kann – in Brandenburg beispielsweise, stellt er fest. Es falle in die soziale Verantwortung des Staates, lebenswichtige Güter und Dienstleistungen für alle Bürgerinnen und Bürger sicherzustellen. „Was genau lebenswichtig ist, muss definiert und als Daseinsvorsorge garantiert werden“, wiederholt Jan Hägerling die BDL-Forderung, die gleichwertige Lebenschancen überall in Deutschland sicherstellen soll.

Der größte Jugendverband im ländlichen Raum hat vor der Bundestagswahl 2021 seine Forderungen fürs Land zusammengetragen. Allen gemein ist der Wunsch nach Diskussion und Umsetzung, damit junge Menschen auch in Zukunft auf dem Land Lebens- und Bleibeperspektiven finden. Einen vollständigen Überblick der Landjugend-Forderungen gibt’s online unter: http://www.landjugend.de/fileadmin/Redaktion/Downloads/Projekte/2021_BTW-Download/2021_BTW-Forderungen-Broschuere_web.pdf.

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