Einladung zum Wi(e)der Sprechen!

Mit 23 Premieren, darunter vier Uraufführungen, und fünf Festivals geht das Theater Heilbronn im September 2021 in eine prallgefüllte, hochspannende Theatersaison 2021/2022. Diese präsentierte Intendant Axel Vornam gemeinsam mit dem künstlerischen Leitungsteam des Theaters: Andreas Frane (Chefdramaturg), Dr. Mirjam Meuser (des. geschäftsführende Chefdramaturgin), Sophie Püschel (des. Schauspielleiterin)  und Nicole Buhr (des. Leiterin des Jungen Theaters).
Die 14. Spielzeit unter Vornams Intendanz in Heilbronn steht unter dem Motto »Wi(e)der Sprechen!«: Man kann endlich wieder miteinander sprechen! Auf der Bühne. Mit dem Publikum. Nach Monaten der pandemiebedingten Vereinzelung darf das Theater jetzt endlich wieder Menschen zusammenführen und ein Zentrum des gesellschaftlichen Diskurses sein. »Wi(e)der Sprechen!«  ist allerdings auch im Sinne von ›einander widersprechen‹ und ›produktiv miteinander streiten‹ gemeint. Nur wenn sich kontroverse Meinungen vorbehaltlos begegnen, können die wirklich drängenden Probleme unserer Tage verhandelt und durch den sachlichen Austausch der Argumente Lösungsansätze entwickelt werden. Das Theater Heilbronn beobachtet in diesem Zusammenhang mit Sorge die sich immer stärker erhitzende Öffentlichkeit und die vielen, oft rein ideologisch geführten Debatten, die den notwendigen Gedankenaustausch, den Wettstreit der Ideen mit einer Art moralischen Vorzensur behindern. Aber: »Die Kunst, das Theater müssen Orte der Grenzüberschreitung, des spekulativen Denkens, des Suchens und auch des Sich-irren-Dürfens, bleiben. Denn die Stärke des Theaters liegt darin, ein geschützter Raum für das Durchspielen von Widersprüchen, Konflikten, Utopien und Dystopien zu sein«, sagt Axel Vornam.

Gelegenheiten zur Diskussion wird es viele geben. Diskursive Formate werden zum Beispiel ein fester Bestandteil der Festivals in der kommenden Spielzeit sein. Das Theater Heilbronn freut sich darauf, im Juli 2022 die Jubiläumsausgabe der Baden-Württembergischen Theatertage unter dem programmatischen Titel »Weit Blick« austragen und die ganze Stadt in eine Bühne verwandeln zu dürfen. Darüber hinaus ist das Haus am Berliner Platz vom 21. Oktober bis 7. November 2021 Teil des deutschlandweiten Theaterprojekts »Kein Schlussstrich!«, das sich mit einem großangelegten städteübergreifenden Programm mit dem NSU-Komplex auseinandersetzt.
Das internationale Festival für Wissenschaftstheater »Science & Theatre«, welches das Theater und  das Science Center experimenta gemeinsam veranstalten, geht vom 17. Bis 21. November 2021 in die zweite Runde.
Die »IMAGINALE«, das internationale Figurentheaterfestival, wird vom 3. Bis 13. Februar 2022 auch wieder in Heilbronn ausgerichtet. Und das internationale Festival für zeitgenössischen Tanz »Tanz! Heilbronn« wird im Mai 2022 nach zwei Jahren pandemiebedingter Zwangspause seine 12. Auflage erleben.

Gesellschaftspolitische Brisanz in vier Uraufführungs-Inszenierungen
Zum Miteinander-Sprechen und Einander- Widersprechen – eben zum Diskurs –  lädt das Theater Heilbronn selbstverständlich auch mit den eigenen Vorhaben, vor allem mit den vier Uraufführungsinszenierungen, der  Theatersaison 2021/2022 ein:

Die Saison beginnt im Großen Haus mit der Uraufführung von »Hawaii« nach  Cihan Acar (Premiere am 24./25. September im Großen Haus -Regie Nurkan Erpulat). Der aus Heilbronn stammende Autor nimmt mit seinem gleichnamigen preisgekrönten Debütroman die Widersprüche seiner so reichen wie heterogenen Heimatstadt unter die Lupe – mit unbestechlichem, aber zugleich auch humorvollem Blick. Im Zentrum steht der junge Fußballprofi Kemal, dessen Karriere nach einem Unfall ein jähes Ende findet und der nach seiner Rückkehr aus Istanbul in seine Heimatstadt versucht, einen neuen Platz in der Gesellschaft zu finden. Das Theater Heilbronn hat sich die Rechte an der Uraufführung  gesichert und bringt den Stoff als intensive Schauspielfassung auf die große Bühne.

Mit großer Spannung wird auch das Dokumentartheaterstück »Verschlusssache« von dura & kroesinger erwartet, das am 22. Oktober seine Uraufführungspremiere in der BOXX feiert. Es setzt sich mit der Bedeutung des Mordes an der Polizistin Michèle Kiesewetter für die Stadt Heilbronn auseinander und ist der Heilbronner Beitrag zum deutschlandweiten Theaterprojekt »Kein Schlussstrich!«, das sich in 15 verschiedenen Städten mit den Taten des NSU-Komplexˈ beschäftigt. Für das Dokumentartheaterstück »Verschlusssache« hat das Team Regine Dura und Hans-Werner Kroesinger viele Interviews mit Zeitzeugen geführt und entwickelt aus authentischem und dokumentarischem Material einen Bühnentext.

Am 17. November 2021 erlebt dann endlich »Schwarze Schwäne« von Christina Kettering, das Gewinnerstück des 1. Autorenwettbewerbs »Science & Theatre«, seine Uraufführung im Science Dome der experimenta (Regie: Elias Perrig). Die Premiere eröffnet die zweite Ausgabe des Festivals für Wissenschaftstheater, welches das Theater Heilbronn und das Science Center experimenta in Kooperation veranstalten.  »Schwarze Schwäne« untersucht ausgehend von einer ganz alltäglichen Situation, der Pflegebedürftigkeit eines Menschen, die Chancen und Risiken des Einsatzes von Künstlicher Intelligenz in der Pflege in einem phantastischen Szenario.

Ein ganz anderes, aber nicht minder spannendes Zukunftsthema erkundet Regisseur Brian Bell in seiner Bühnenfassung von H.G.Wellsˈ Science-Fiction-Klassiker »Die Zeitmaschine«, die am 12. März 2022 im Komödienhaus ihre Uraufführung erlebt. Wohin geht die Reise der Menschheit? Und wie geht sie mit Fortschritt und Technologie um? Das Stück liefert eine humorvolle Betrachtung über das Wesen des Menschen an sich und über Zeit und Zukunft.

Bühnenklassiker von Kleist, Frisch, Shakespeare
Aber nicht nur in den ganz neuen Stoffen finden sich reichlich diskussionswürdige Themen, sondern auch in den alten Texten, die durch ihre zeitlose Aktualität zu Klassikern geworden sind.
Großes Haus

Heinrich von Kleists »Amphitryon«, eine Bearbeitung des mythologischen Stoffes von der Verführung der Alkmene durch Göttervater Jupiter in der Gestalt von Alkmenes Ehemann Amphitryon, hat am 8. Oktober 2021 im Großen Haus Premiere. Das Schauspiel ist eine sprachlich virtuose, äußerst humorvolle, philosophische Betrachtung eines »Ichs«, dem seine Identität abgesprochen wird. (Regie: Jasper Brandis)

Der Kinderklassiker »Der Räuber Hotzenplotz« nach Otfried Preußler kommt als diesjähriges Familienstück zur Weihnachtzeit auf die große Bühne. Die Premiere ist am 6. November 2021. (Regie: Patricia Benecke)

Oscar Wildes »Bunbury«, eine bissige Satire auf Standesdünkel, Doppelmoral und Intoleranz, hat am 12. November 2021 Premiere. Jack und Algernon haben sich ein perfektes Doppelleben organisiert, um ihren Eskapaden nachgehen zu können. Doch ausgerechnet, als sie sich ernsthaft verlieben, fliegen ihnen ihre Lügen um die Ohren. (Regie: Marcus Everding)

Der österreichische Dramatiker Ewald Palmetshofer hat Gerhart Hauptmanns Familienporträt »Vor Sonnenaufgang« neu bearbeitet und die Konflikte des 19. Jahrhunderts ins Heute übertragen. Premiere dieses Schauspiels, das zeigt, wie die Risse in unserer sich zunehmend polarisierenden Gesellschaft mitten durch Familien und Freundschaften gehen, ist am 15. Januar 2022. (Regie: Sandra Strunz)

Max Frischs Lehrstück ohne Lehre »Biedermann und die Brandstifter«, das am 9. April 2022 Premiere hat, nimmt uns mit in die bürgerlichen Wohnzimmer, wo die Biedermänner mit den Brandstiftern schon wieder oder (immer noch?) an einem Tisch sitzen. (Regie: Tobias Wellemeyer)

»Romeo und Julia« von William Shakespeare hat am 11. Juni 2022 im Großen Haus Premiere. Trotz aller Tragik ist die Geschichte des berühmtesten Paares der Welt ein Symbol der Hoffnung und ein Synonym für die bedingungslose Liebe, die sich über alle Schranken hinwegsetzt. (Regie: Elias Perrig)

Wiederaufnahmen im Großen Haus
Am 28. September 2021 wird Samuel Becketts »Endspiel« wieder aufgenommen. In diesem Klassiker des absurden Theaters hausen vier Überlebende einer Katastrophe in ihrem Refugium und spielen mit bösem Aberwitz gegen das eigene Ende an: »Nichts ist komischer als das Unglück.« (Regie: Axel Vornam)
Erst einmal vor Publikum gezeigt und nun endlich im regulären Spielplan: Die musikalische Revue »Born to Be wild?« (Uraufführung) von Stefan Huber und Kai Tietje. Am 05. März 2022 wird sie wieder aufgenommen. Zu erleben ist der Soundtrack der 68er, einer Zeit, in der Konservatismus und Rebellion erbittert aufeinandertrafen und die Musik zum Ausdruck der Konflikte zwischen den Generationen wurde. (Musikalische Leitung: Kai Tietje; Regie: Stefan Huber)

Komödienhaus

Die Saison im Komödienhaus beginnt mit Samantha Ellis »How to Date a Feminist«, einem Komödienhit über die Liebe in Zeiten der Genderdebatte, der zum Ende der vorangegangenen Spielzeit schon Premiere hatte und nun regulär ins Abonnement aufgenommen wird. Ab dem 15. Oktober ist diese Komödie wieder zu sehen. Das Charmante an diesem Stück ist, dass ein Mann hier der größte Kämpfer für die Frauenrechte ist und sich ausgerechnet in eine ziemlich patriarchal geprägte Frau verliebt. Der Clou: Alle Rollen werden von nur zwei Schauspielern gespielt. (Regie: Nils Brück)

»Männer«, ein kleines, feines Comedy-Musical mit Musik von Jimmy Roberts (Buch von Joe DiPietro) hat am 30. Dezember 2021 Premiere. Es basiert auf dem gleichnamigen Kino-Hit von Doris Dörrie und spielt mit Klischees über Männer, Frauen und ihre verzwickten Beziehungen. (Regie: Thomas Winter)
Wie geschaffen für eine Weinregion ist die bereits in Frankreich mit dem Prix Molière ausgezeichnete Komödie »Weinprobe für Anfänger« von Ivan Calbérac. Die Premiere des Stückes über die zarte Annäherung zwischen einem mürrischen Weinverkäufer und einer reizenden, etwas aus der Zeit gefallenen Dame findet am 06.Mai 2022 statt. (Regie: Jens Kerbel)

Für das Sommergastspiel, Premiere am 14. Juli 2022, ist wieder einmal die Berliner Komödie am Kurfürstendamm eingeladen mit der Bühnenversion der herzerwärmenden Komödie »Monsieur Pierre geht online« nach dem Film von Stéphane Robelin. Folke Braband, den die Heilbronner als Regisseur des großen Publikumserfolgs »Die Tanzstunde« kennen, hat den Stoff für die Bühne adaptiert und ihn mit einem Starensemble inszeniert.

BOXX

»Petty Einweg« von Jens Raschke für Kinder ab 11 Jahren, kommt ab dem 20. Oktober 2021 als Klassenzimmerstück direkt in die Schulen und wird an den Wochenenden für Familien in der BOXX gespielt. Es erzählt von der fantastischen Reise einer Einwegflasche bis ans Ende der Welt und beschäftigt sich auf humorvolle und originelle Weise mit dem Thema Umweltverschmutzung. (Regie: Grit Lukas)

»Mein ziemlich seltsamer Freunde Walter« von Sibylle Berg ist ein feinsinniges Stück über soziale Ausgrenzung von für Kinder ab 12 Jahren. Lisa, deren arbeitslose Eltern sich nicht um sie kümmern, und die in der Schule sehr isoliert ist, krempelt mit Hilfe ihres außerirdischen Freundes Walter ihr Leben um. Premiere in der BOXX ist am 09. Januar 2022. (Regie: Anke Salzmann)

»Corpus Delicti« von Juli Zeh spielt irgendwann in der Mitte des 21. Jahrhunderts in einer Gesundheitsdiktatur. Wer gegen die Regeln des Zusammenlebens verstößt oder diese hinterfragt, wird sehr schnell zum Terroristen erklärt – wie Mia Holl, die aus Trauer um ihren Bruder ihre staatsbürgerlichen Gesundheitspflichten vernachlässigt. Die Premiere des Schauspiels findet am 18. Juni 2022 in der BOXX statt. (Regie: Nicole Buhr)

Gastspiele Musiktheater und Tanz
●Premiere am 12. Oktober 2021 »The Show Must Go On« – Musical-Gala; Gastspiel Theater Krefeld-Mönchengladbach
●Premiere am 5. Februar 2022 »Die Italienerin in Algier« – Komische Oper von Gioacchino Rossini; Gastspiel Pfalztheater Kaiserslautern
●Premiere am 17. Februar 2022 »Lulu« – Oper von Alban Berg; Gastspiel Theater und Orchester Heidelberg (Regie: Axel Vornam)
●Premiere am 10. März 2022 »Next Paradise« – Tanzabend von Frank Fannar Pedersen, Erion Kruja, Taulant Shehu und Stephan Thoss; Gastspiel Nationaltheater Mannheim Tanz
●Premiere am 22. April 2022 »Die lustige Witwe«, Operette von Franz Lehár, Gastspiel Theater und Orchester Heidelberg
●Premiere am 22. Juni 2022 »Future World« – Tanzabend von Stijn Celis, Marco Goecke und Richard Siegal; Gastspiel Saarländisches Staatstheater

Die Festivals im Überblick:
• »Kein Schlussstrich! Ein bundesweites Theaterprojekt mit künstlerischen und zivilgesellschaftlichen Interventionen zum NSU-Komplex« vom 21. Oktober bis zum 7. November 2021 (Pressekonferenz am 10. September 2021)
• »Science & Theatre« in Kooperation mit der experimenta vom 17. bis 21. November 2021 (Pressekonferenz am 9. Juli 2021)
• Internationales Figurentheaterfestival »IMAGINALE« vom 03. bis 13. Februar 2022 (Presseinfo im Dezember 2021)
• Internationales Festival für zeitgenössischen Tanz »Tanz! Heilbronn« im Mai 2022 (Pressekonferenz im Februar 2022)
• 25. Baden-Württembergische Theatertage unter dem Motto »Weit Blick« vom 01. bis 10. Juli 2022 (Pressekonferenz im März/April 2022)

Abonnements und Vorverkauf
Ab September 2021 ist die Wiederaufnahme der Abonnements vorgesehen – vorerst unter veränderten Bedingungen, da davon auszugehen ist, dass die Hygienevorschriften auch noch im Herbst einzuhalten sind. Der Besucherservice hat ein Platzierungssystem mit Festplätzen und kleineren Abo-Serien erarbeitet. Feste Vorstellungstermine gibt es  vorerst bis zum Dezember 2021. Dafür werden mehr Vorstellungen, zum Beispiel zwei Premieren, angeboten. Sobald sich die Verhältnisse wieder normalisieren, kehrt das Theater Heilbronn zum bisherigen Abonnementsystem zurück. Aus diesem Grund werden die Spieltermine nur bis Dezember 2021 veröffentlicht. Entsprechend den aktuellen Entwicklungen werden dann die Terminplanungen ab Januar vorgenommen.
Trotz des einjährigen Pausierens der Abonnements gibt es keine signifikanten Kündigungen. Mit rund 6000 Festabonnenten bewegt sich das Theater Heilbronn weiterhin auf einem stabil hohen Niveau. Gerade für die neue Saison ist der Abschluss eines Abos empfehlenswert, weil die Kontingente für den Freiverkauf wegen der eingeschränkten Platzkapazitäten vorerst begrenzt sind.

Der Vorverkauf im Freiverkauf der Karten  beginnt am 1. September 2021.

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