Der Fall: Krankenschwester erstellt MDK-Gutachten
Eine Krankenschwester mit einer Zusatzausbildung in der Pflege erstellte zwischen 2012 und 2014 für den MDK Pflegegutachten. Ihre Leistungen rechnete der MDK ihr gegenüber ohne Umsatzsteuer ab. Gegenüber dem Finanzamt erklärte die Krankenschwester die Umsätze als steuerfrei, nahm jedoch den Vorsteuerabzug aus Eingangsleistungen in Anspruch.
Das Finanzamt ging davon aus, dass die Gutachtertätigkeit weder nach nationalem noch nach Europarecht steuerfrei sei und setzte entsprechend Umsatzsteuer fest. Dagegen klagte die Krankenschwester. Das Niedersächsische Finanzgericht gab ihr Recht und sah die Gutachtertätigkeiten als steuerfrei an.
Die Entscheidung des Bundesfinanzhofs
Der Fall landete beim Bundesfinanzhof (BFH), der die Problematik dem Europäischen Gerichtshof vorlegte. Nach dessen Urteil (08.10.2020 – C-657/19) konnte der BFH entscheiden.
Er entschied, dass die Steuerfreiheit im vorliegenden Streitfall weder nach nationalem noch nach Europarecht gilt. Es handle sich bei der Gutachtertätigkeit zwar um eng eine mit der Sozialfürsorge und der sozialen Sicherheit verbundenen Leistung. Nicht schädlich sei, dass die Klägerin als Subunternehmerin ihre Leistung nicht gegenüber den jeweiligen Hilfsbedürftigen, sondern gegenüber dem MDK erbracht habe.
Ein erfolgreiches Berufen auf die Steuerbefreiung nach dem Europarecht scheitert im Streitfall jedoch daran, dass die Klägerin in Deutschland nicht als „Einrichtung mit sozialem Charakter“ anerkannt ist. Eine solche Anerkennung, die Voraussetzung für die Europarechtliche Steuerbefreiung ist, folgt nicht aus der nur mittelbaren Kostenerstattung über den MDK, also ohne eine explizite Entscheidung der Pflegekasse oder einen Vertrag mit der Pflegekasse.
Wann MDK-Gutachten umsatzsteuerbefreit sind
Ausgebildete Krankenschwestern, die MDK-Gutachten erstellen, können nur dann von der Steuerbefreiung profitieren, wenn sie mit der Pflegekasse Verträge geschlossen haben oder die Pflegekasse entscheidet, dass sie für die konkrete Krankenschwester die Kosten übernehmen. Leistungsempfänger von Sozialfürsorge und der sozialen Sicherheit müssen nun ebenfalls prüfen, ob sie im Fall einer Eingangsrechnung mit Umsatzsteuerausweis tatsächlich die Vorsteuer ziehen können. „Prüfen Sie daher, ob sich die Entscheidung auf Ihren konkreten Fall anwenden lässt“, rät Jürgen Denk, Steuerberater bei Ecovis in Neumarkt.
Jürgen Denk, Steuerberater bei Ecovis in Neumarkt
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