In seinem steifen, prismenförmigen Kunststoffgehäuse stecken langlebige Batteriezellen, die sich in Packs angeordnet modular und flexibel an den jeweiligen Einsatzzweck anpassen lassen – vom Nutzfahrzeug bis zum Sportwagen, vom Verbrenner bis zum Elektrofahrzeug.
Die Landesagentur für Leichtbau Baden-Württemberg präsentiert diese Innovation mit ihrem ThinKing im August 2021. Mit diesem Label gibt die Leichtbau BW GmbH monatlich innovativen Produkten oder Dienstleistungen im Leichtbau aus Baden-Württemberg eine Plattform.
Auf einen Blick:
- Geringes Gewicht: Zell-Anordnung und -Technologie sowie ein optimiertes Gehäuse sorgen für direkte und indirekte Leichtbau-Effekte.
- Minimierter Bauraum: Der Bauraum für die Batterie wird durch die prismatische Form und die optimiert gepackten zylindrische Batteriezellen deutlich kleiner.
- Hohe Sicherheit: Das Gehäuse ist durch die prismatische Form steifer. Zudem kann im Crashfall ein Teil der Aufprallenergie durch das Verschieben der Module gegeneinander aufgenommen werden.
- Lange Lebensdauer: Die im Projekt gewählten Batteriezellen verdreifachen die Lebensdauer der Starterbatterie.
- Wirtschaftliche Fertigung: Zylindrische Lithium-Batteriezellen (LiFePO4) gepackt in einem spritzgegossenen Kunststoffgehäuse mit Gleichteilen.
- Modulare Bauweise: Flexible Anwendung als Starterbatterie für Verbrenner, Hybride oder Elektrofahrzeuge sowie – mit anderen Zellen – als Traktionsbatterie.
Trotz aller Bemühungen um Leichtbau blieben Starterbatterien für Fahrzeuge bisher und seit vielen Jahren technologisch unverändert. Die ursprüngliche Blei-Schwefelsäure-Batterie bringt etwa 30 kg auf die Waage, schon deutlich leichter sind die aktuelleren Lithium-Gel-Batterien mit immerhin noch etwa 10 bis 15 kg. In beiden Fällen befinden sich die Energiespeicher in Plattenbauweise in einem standardisierten rechteckigen Gehäuse, das ebenfalls seit Jahrzehnten unverändert gebaut wird.
„Die erste Idee zu einer modernen, leichten Starterbatterie entstand in einem Projekt, in dem wir die Achslast reduzieren wollten. Damals vor Jahren kam es nicht zur Umsetzung, aber das Potenzial war erkannt und die Herausforderung ließ uns nicht los“, beschreibt Florian Wätzold, Projektleiter bei TGM Lightweight Solutions GmbH, wie die Idee zum neuen Batteriesystem ihren Anfang nahm.
Das zum Patent angemeldete Leichtbau-Batteriegehäuse, das im August mit dem ThinKing ausgezeichnet wird, besitzt eine prismatische, steife Form und ist modular aufgebaut. In seinem Inneren befinden sich Zellpacks aus zylindrischen Batteriezellen mit LiFePO4-Technologie.
Prismatische Form erhöht die Sicherheit im Crashfall
Die Bauform und das Zusammenspiel der Komponenten reduzieren im Batteriesystem die Belastungen, was zu den Gewichtseinsparungen am Gehäuse geführt hat. Im Crashfall ermöglicht seine prismatische Form zudem, dass sich parallel angeordnete Module entlang der schrägen Kante verschieben, und so die Aufprallenergie zehren und die Zellen schützen. Dank dieser Bauweise können weitere kosten- und masseintensive Maßnahmen zur Absorption dieser Crashenergie im Fahrzeug eingespart werden.
Flexibler Einbau und minimierter Bauraum
Ursprünglich sollte das Leichtbau-Batteriegehäuse existierende Starterbatterien auf Basis von Lithium-Eisen-Phosphat-Zellen beziehungsweise Blei-Schwefelsäure-Batterien substituieren. Deshalb wurden die Maße für die Grundfläche des Batteriegehäuses so gewählt, dass es in der Einbausituation bestehende Lösungen ersetzen kann. Aufgrund der platzsparenden Anordnung der zylindrischen Batteriezellen konnte die Höhe jedoch um etwa ein Viertel reduziert werden.
Dank des geringeren Gesamtgewichts und kleineren Bauvolumens sind darüber hinaus auch neue Befestigungskonzepte denkbar, und einer Platzierung an der optimalen Position im Fahrzeug steht nichts im Weg. Optimiert man den Einbauort der Batterie, so kann dies weitere Kosten- und Gewichtseinsparungen über das Verkürzen der Kabelbäume oder eine Veränderung in der crashrelevanten Struktur bewirken. Andere Befestigungskonzepte würden weitere sekundäre Einsparungen, beispielsweise am Batterieträger, -Spannbügel und den Leitungen, erschließen.
Wirtschaftlichkeit und Modularität
Das Konzept für das Leichtbau-Batteriegehäuse zielte von Anfang an auf eine wirtschaftliche und großserientaugliche Produktion ab. Alle Bauteile des Gehäuses werden im Kunststoff-Spritzguss gefertigt. Sie sind auf eine ökonomische Fertigung – auch unter Verwendung von etwa zehn Prozent Rezyklat – ausgelegt. Für das Recycling und zur weiteren Verlängerung der Lebensdauer wurden Schnappverbindungen zwischen den Modulen vorgesehen, sodass alle Bauteile ausgetauscht werden können. Für die Fertigungsprozesse war als Partner die Koller Group aus Dietfurt am Projekt beteiligt.
Die Batteriezellen und die im Projekt eingesetzte Leistungselektronik – ein Batteriemanagementsystem, das vom Partner LITEWERKS erfolgreich im Motorsport eingesetzt wird – werden in Haltern auf der Innenseite aufgenommen. Diese Struktur stützt das Gehäuse zusätzlich und verschafft Zellen und Elektronik einen kühlenden Luftraum. Mehrere dieser Packs können durch die Schnappverbindungen einfach und reversibel miteinander kombiniert werden, sodass die Batterie bedarfsgerecht dimensioniert und auch repariert werden kann. Im modularen Aufbau sind zudem weiterer Bauraum für mögliche Kühlaggregate und entsprechende Luftdurchlässe im Halter vorgesehen.
Neben dem Einsatz als Ersatz für die 12-V-Starterbatterien, die auch in elektrischen Fahrzeugen eingesetzt werden, und kommenden 48-V-Lösungen eignet sich das Leichtbau-Batteriegehäuse mit anderen Zellen wegen seiner guten Crasheigenschaften und der Steuerungs- sowie Kühlungsmöglichkeiten auch als Traktionsbatterie.
Mehrwert durch Leichtbau
In einem eigenen Projekt mit dem BMW X5 (Hybrid-Antrieb) als Referenzfahrzeug wurden in Zusammenarbeit mit dem National Manufacturing Institute Scotland (NMIS) die zusätzlichen Kosten für den Leichtbau mit etwa 18 Euro pro Kilogramm Gewichtseinsparung beziffert.
Eingespart wurden etwa 33 Kilogramm Masse und circa zehn Liter Bauraum. Die Gewichtsreduzierung ist dabei zum größten Teil auf den Wechsel zur LiFePO4-Technologie zurückzuführen. Denn diese Zellen sind nicht nur leichter, sondern können ihre Nennkapazität auch fast vollständig ausschöpfen – im Gegensatz zur Blei-Variante. Daher reicht eine Versorgung mit einer geringeren Nennkapazität aus. Ebenso hat die bedarfsgerechte Gestaltung des Gehäusekonzepts ihren Teil zur Gewichtsreduzierung beigetragen.
Die Mehrkosten für den Leichtbau werden aber durch den geringeren Verbrauch, weitere Einsparungen an Kabelbaum und Crashstrukturen sowie die längere Lebensdauer ausgeglichen.
TGM Lightweight Solutions GmbH wird die Leichtbau-Batterie weiterentwickeln. Industriepartner für konkrete Anwendungen in Fahrzeugen sind daher willkommen, um Aspekte wie spezifische Einbausituation, Geometrie- und Anschlussoptimierung, Leistung sowie Wettbewerbsfähigkeit am konkreten Beispiel für die Serienreife zu präzisieren.
Über TGM Lightweight Solutions GmbH
Die TGM Lightweight Solutions GmbH ist ein Ingenieurberatungsunternehmen mit einer einzigartigen Spezialisierung auf ganzheitlichen Leichtbau zur System- und Struktur-Gewichtsoptimierung sowie Leichtbau-Konzeptentwicklung unter Berücksichtigung von eigenen Design-to-Cost–Ansätzen. Die Entwicklung eigener Softwaretools sowie spezielle Beratungskonzepte für das technische Gewichtsmanagement runden das Portfolio für die Zielbranchen Automobilbau, Bahntechnik, Luft- und Raumfahrt sowie Schiffbau ab. Angeboten werden Lösungen von der Fahrzeug- bis auf Bauteileebene. Besonderheit sind die eigenen Methoden und Werkzeuge, die auch schon in Frühphasen schnelle Resultate bringen, sowie über 20 Jahre Erfahrung in der Begleitung von Fahrzeugentwicklungen.
Der ThinKing im Video
In unserer neuen Video-Serie „Leichtbau leicht erklärt“ stellen wir Ihnen den ThinKing innerhalb weniger Sekunden vor:
https://youtu.be/WDamvPm6-Z0
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