Weltkindertag am 20. September: Vor der Geburt bis zu der Pubertät darf Jod nicht fehlen

Anlässlich des diesjährigen Weltkindertages am 20. September unter dem Motto „Kinderrechte jetzt!“ schaut der Arbeitskreis Jodmangel e.V. genauer hin: Kinder haben ein Recht auf Gesundheit und gesunde ausgewogene Ernährung. Dazu zählt auch die ausreichende Versorgung mit Jod – wichtig für eine gesunde geistige Entwicklung. Das essenzielle Spurenelement ist für die Bildung der Schilddrüsenhormone unentbehrlich. „Besonders in den kritischen Phasen der Entwicklung während der Schwangerschaft und Stillzeit sowie im Kindes- und Jugendalter kann ein Jodmangel schwerwiegende Folgen haben“, erklärt Professor Thomas Remer, Wissenschaftler und Ernährungsendokrinologe am Studienzentrum DONALD Studie Dortmund der Universität Bonn und 2. Vorsitzender des Arbeitskreises Jodmangel e.V. (AKJ). Dazu gehören Wachstumsstörungen, Hördefekte, Konzentrations- und Lerndefizite sowie Beeinträchtigungen der intellektuellen Leistungsfähigkeit.

Jodmangel bei Kindern in Deutschland

Um diese gesundheitlichen Folgen zu vermeiden, bedarf es einer ausreichenden Jodversorgung (siehe Tabelle). Doch diese ist bei Kindern und Jugendlichen in Deutschland in den letzten Jahren zunehmend unzureichend und rückläufig – das verdeutlichen die Ergebnisse der zweiten Studie zur Gesundheit von Kindern und Jugendlichen „KiGGS Welle 2“ des Robert Koch-Instituts (RKI) von 2014 bis 2017 (1). In Zahlen ausgedrückt: ca. 40 Prozent der Kinder und Jugendlichen nehmen täglich Jod in einer Menge auf, die nicht ausreicht, um ihren geschätzten mittleren Bedarf (Estimated Average Requirement) zu decken. Gegenüber der ersten KiGGS-Studie von 2003 bis 2006 hat sich die durchschnittliche Jodzufuhr der 7-17jährigen Jungen um fast 20 Prozent und die der 7-17jährigen Mädchen in einer Größenordnung um 10 Prozent verschlechtert. Analog zum Jodmonitoring der zweiten KiGGS-Studie konnte eine 2019 abgeschlossene Langzeitanalyse bei 6- bis 12-jährigen Schulkindern (Teil der Dortmunder DONALD-Studie) ebenfalls einen signifikanten Rückgang der Jodversorgung beobachten (2).

Jod – von großer Bedeutung in der Schwangerschaft

Doch nicht nur die Jüngsten sind durch einen Jodmangel gefährdet, sondern auch Schwangere und Stillende: Von Beginn der Schwangerschaft an benötigen werdende Mütter mehr Jod – zum einen für die gesteigerte Produktion von Schilddrüsenhormonen und zum anderen für die ausreichende Jodversorgung des heranwachsenden Kindes. In den ersten Schwangerschaftswochen wird das Kind noch überwiegend mit Schilddrüsenhormonen der Mutter versorgt. Doch ab etwa der zwölften Schwangerschaftswoche beginnt die Schilddrüse des Fötus, selbst Hormone zu bilden und ist dafür auf Jod von der Mutter angewiesen. Den erhöhten Jodbedarf in der Schwangerschaft ausschließlich über die Ernährung zu decken, ist äußerst schwer. Professor Remer betont deshalb: „Um ausreichend mit Jod versorgt zu sein, sollten alle Schwangeren gerade in dieser wichtigen Lebensphase besonders auf ihre Jodzufuhr achten und sich – nach ärztlicher Absprache – dafür entscheiden, die übliche Kost mit täglich 100 – 150 Mikrogramm Jod in Tablettenform zu ergänzen.“

Stillzeit: Mütterliche Jodversorgung unentbehrlich für das Kind

Während der Stillzeit stellt die Muttermilch die einzige Nahrungsquelle für das Kind dar und weist in der Regel ein ideales Verhältnis aller notwendigen Nährstoffe auf – mit Ausnahme des Spurenelements Jod in Jodmangelgebieten. Die Brustdrüse kann aktiv nur so viel Jod für das Baby bereitstellen, wie aufgrund der Nahrungszufuhr der Mutter in ihrem Blut zirkuliert. Deswegen sollte auch hier der erhöhte Jodbedarf mithilfe der zusätzlichen Einnahme von Jodtabletten gedeckt werden. Nicht gestillte Säuglinge werden durch kommerzielle Säuglingsmilchnahrungen ausreichend mit Jod versorgt. Generell haben Säuglinge eine kleinere Schilddrüse und können daher weniger Jod speichern. Somit besteht schneller die Gefahr einer Unterversorgung. Die Empfehlung der deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) für die tägliche Jodzufuhr in den ersten Lebensmonaten liegt derzeit bei 40 Mikrogramm (siehe Tabelle). „Experten plädieren allerdings für eine deutliche Anhebung dieser Empfehlung gerade während der ersten Lebensmonate, um eine optimale Entwicklung des Gehirns zu unterstützen. So lauten die Referenzwerte des US-amerikanischen Institute of Medicine für die adäquate Jodzufuhr von Säuglingen bis zum sechsten Lebensmonat 110 Mikrogramm täglich“, ergänzt Professor Remer.

Während des gesamten Wachstums auf Jodzufuhr achten

Nach der reinen Stillzeit ist besonders bei selbst hergestellter Beikost die Jodzufuhr kritisch, da diese überwiegend pflanzlich ist (Getreide-, Obst-, Gemüsebreie) und daher nur wenig Jod enthält. Auch industriell hergestellte Beikost ist nur teilweise ausreichend angereichert. „Bei teilgestillten Säuglingen und der Zufütterung von selbst hergestellter Beikost wird oft weniger als die Hälfte der täglich notwendigen Jodzufuhr erreicht“, sagt Professor Remer. Zur Verbesserung der Jodversorgung können Jodtabletten oder -tropfen zur Anreicherung der Nahrung genutzt werden. Allerdings sollte dies zuvor mit der Kinderärztin oder dem Kinderarzt besprochen werden.

Auch im Schulkindalter sollten Eltern auf eine ausreichende Jodzufuhr achten. „In einer Studie mit neuseeländischen Schulkindern, mit einer annähernd ähnlichen Jodversorgung, wie sie auch bei deutschen Kindern zu beobachten ist, konnten durch die tägliche Jodgabe von 150 Mikrogramm über ein halbes Jahr bereits deutliche Verbesserungen geistiger Leistungsparameter im Vergleich zu Kindern der Kontrollgruppe ohne Jodgabe nachgewiesen werden“, erläutert Professor Remer.

Tipps vom AKJ, um die Kleinsten von Anfang an gut mit Jod zu versorgen:

  • Bei der Herstellung der Beikost auf eine ausreichende Gesamtjodzufuhr achten – speziell bei der hauptsächlichen Verwendung von pflanzlichen Lebensmitteln und Bio-Milchprodukten.
  • Die Speisen von Kleinkindern unter einem Jahr nicht eigenmächtig nachsalzen, auch nicht mit Jodsalz. Ein zu hoher Salzkonsum kann langfristig eine ungünstige Entwicklung der Geschmacksprägung und in der Folge des Blutdrucks verursachen.
  • Ab dem ersten Lebensjahr dürfen Kinder auch salzhaltigere Mahlzeiten bekommen. Diese – wenn immer möglich – mit jodiertem Speisesalz zubereiten.
  • Im höheren Kindes- und Jugendalter sollten der regelmäßige Verzehr von Seefisch, Milch- und Milchprodukten sowie Lebensmitteln, die mit jodiertem Speisesalz produziert worden sind, Teil der jodreichen Ernährung sein.

Insbesondere die Jodsalzprophylaxe hat in der Vergangenheit maßgeblich zu einer verbesserten Jodversorgung beigetragen – dies betont nicht nur die amerikanische Schilddrüsengesellschaft in ihrem Statement (3), sondern das zeigen auch die Untersuchungen von WHO (4) und UNICEF (5). „Die Anreicherung von Speisesalz mit Jod und gerade auch dessen Verwendung in der Lebensmittelproduktion stellt eine effektive und nachhaltige Strategie zur Behebung jodmangelbedingter Auswirkungen und Schilddrüsenerkrankungen dar“, äußert Remer. „Allerdings muss für eine nachhaltige Verbesserung der Versorgung die Verwendung von Jodsalz insbesondere in der Lebensmittelindustrie und im Handwerk – und hier ganz besonders in Bäckereien – gesteigert werden.“ Gemäß dem Motto: Wenn Salz, dann Jodsalz!

Quellen:

  1. Hey I., Thamm M. (2019) Abschlussbericht: Monitoring der Jod- und Natriumversorgung bei Kindern und Jugendlichen im Rahmen der Studie des Robert Koch-Instituts zur Gesundheit von Kindern und Jugendlichen in Deutschland (KiGGS Welle 2)
  2. Esche J., Remer T. (2019) Biomarker-basierte Langzeitanalysen zur Ermittlung des Anteils von Jodsalz an der Salzaufnahme und der Jodversorgung in der deutschen Bevölkerung. Abschlussbericht zum Forschungsprojekt zur Bereitstellung wissenschaftlicher Entscheidungshilfe für das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL)
  3. Pearce E.N. (2017) The American Thyroid Association: Statement on Universal Salt Iodization. Thyroid, Vol. 27, No.2
  4. WHO. Fortification of Food-Grade Salt with Iodine for the Prevention and Control of Iodine Deficiency Disorders. WHO Guidelines Approved by the Guidelines Review Committee. Geneva: World Health Organization, 2014
  5. UNICEF. United Nations Children’s Fund, Division of data, analysis, planning and monitoring. UNICEF Global Databases on Iodized salt, New York, 2019. (Available. Accessed on 06 August 2021)
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