Naturschutz und Landwirtschaft kann Hand in Hand gehen – Wie das funktioniert, zeigen die „Natura-2000-Landwirte 2021“

Der Berghof Forst aus Rüdigsdorf und Agrargenossenschaft Rohr-Kühndorf e.G. wurden heute für ihr Engagement im Naturschutz von Umweltverbänden sowie von Vertreterinnen und Vertretern des landwirtschaftlichen Berufsstandes feierlich mit der Auszeichnung „Natura-2000-Landwirt 2021“ geehrt. Sie setzen sich über den gesetzlich vorgeschriebenen Rahmen für den Schutz gefährdeter Tier- und Pflanzenarten und deren Lebensräumen innerhalb des Europäischen Schutzgebietsnetzwerkes „Natura 2000“ ein.

Dagmar Heimrich von der Agrargenossenschaft Rohr-Kühndorf e.G. wirtschaftet im Thüringer Grabfeld und wurde von der gleichnamigen Natura-2000-Station für die Auszeichnung vorgeschlagen. Auf insgesamt 1.400 Hektar erhält ihr vielseitig aufgestellter Betrieb wertvolle Mager- und Trockenrasen mit über 1.300 Tieren. Die Schafe und Ziegen tragen durch Beweidung zum Erhalt wertvoller Trockenlebensräume bei und schützen so auch seltene Orchideen- und Tierarten. Zudem unterhält sie eine Milchtankstelle und ein Hofcafé. Ein geschlossenes System, welches die Jury überzeugen konnte.

Preisträger Meyk Forst vom „Berghof Forst“ beweidet auf ca. 100 Hektar Wiesen rund um Rüdigsdorf bei Nordhausen mit Schottischen Hochlandrindern und English Longhorns. Dazu gehören unter anderem auch Flächen im Fauna-Flora-Habitat-Gebiet „Rüdigsdorfer Schweiz“. Hierdurch bewahrt er ganzjährig nicht nur wertvolle Magerrasen vor der Verbuschung, sondern fördert auch den Lebensraum seltener Arten, beispielsweise die europaweit geschützte Gelbbauchunke im Bereich der Natura 2000-Station „Südharz/Kyffhäuser“. Mit seiner Arbeit trägt er aktiv zum Erhalt des Europäischen Naturerbes bei.

„Das Artensterben hat auch in Thüringen bedrohliche Ausmaße angenommen. Eine Ursache ist der Verlust strukturreicher Agrarlandschaften. Deshalb ist es wichtiger denn je, dass dem Naturschutz in der Landwirtschaft wieder mehr Bedeutung zugemessen wird“, so Dr. Burkhard Vogel, Landesgeschäftsführer BUND Thüringen e.V. „Die beiden ausgezeichneten Landwirtschaftsbetriebe zeigen, dass das funktioniert und das ökologisch sinnvolle Maßnahmen auch einen ökonomischen Mehrwert haben. Die Preistragenden stehen stellvertretend für viele Landwirtschaftsbetriebe, die in Zeiten eines immer stärkeren ökonomischen Drucks Lösungen gefunden haben, von denen auch die Natur profitiert.“

„Die Auszeichnung ‚Natura-2000-Landwirt‘ macht sichtbar, dass Landwirtschaft und Naturschutz nicht in Konkurrenz zueinanderstehen. Erst durch die landwirtschaftliche Kultivierung sind Lebensräume verschiedener Tier- und Pflanzenarten entstanden, die es zu schützen und fördern gilt“, so Dr. Klaus Wagner, Präsident des Thüringer Bauernverband e.V. „Damit dieses Engagement auch weiterhin möglich ist, brauchen wir wirtschaftlich gesunde Betriebe und Kooperationen zwischen Landwirten und Umweltschützern auf Augenhöhe.“

„Die beiden Preistragenden setzen sich mit ihren Projekten schon jetzt über gesetzliche Vorgaben hinaus für den Naturschutz ein und geben anderen Betrieben damit Werkzeuge in die Hand, es ihnen gleich zu tun. Daher ist die Prämierung unserer ‚Natura-2000-Landwirte‘ so wichtig für Landwirtschaft und Naturschutz“, sagte Martin Schmidt, Landesvorsitzender des NABU Thüringen e.V. „Entscheidend für den Erfolg ist eine sinnvolle und unkomplizierte Agrarförderpolitik die Landwirtinnen und Landwirten ein gutes Einkommen sichert,“ so Schmidt weiter.

„Die ‚Natura-2000-Prämierung‘ zeigt jährlich engagierte Betriebe aus dem ökologischen und konventionellen Landbau, die es schaffen, Landwirtschaft und Naturschutz zu vereinen. Diese Beispiele sind richtungsweisend für eine nachhaltige Landwirtschaft der Zukunft“, bestätigte Stefan Janssen, Geschäftsführer Thüringer Ökoherz e.V.

„Nicht nur die Agrarpolitik trägt zum Einkommen der Betriebe bei. Innovative Modelle zahlen sich ebenfalls aus. Die ausgezeichneten Betriebe zeigen das eindrucksvoll, beispielsweise mit einer Milchtankstelle oder der Pflege wertvoller Flächen mit ‚Robustrindern‘, welche nicht nur für mehr Naturschutz, sondern auch hochwertiges Fleisch sorgen“, ergänzte Florian Meusel, stellvertretender Vorsitzender des Deutschen Verbandes für Landschaftspflege e.V.

Reiko Wöllert, Landesgeschäftsführer der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft e.V. (AbL) Mitteldeutschland weiter: „Auf Dauer kann Naturschutz nur zusammen mit der Landwirtschaft funktionieren. Deshalb ist die Prämierung der ‚Natura-2000-Landwirte‘ genau der Schritt in die richtige Richtung und ermuntert hoffentlich immer mehr Höfe, sich auf den Weg hin zu einer enkeltauglichen Landwirtschaft zu begeben.“

Hintergrund
Seit 2018 werden landwirtschaftliche Betriebe in Thüringen, die sich über die Maße für die Umsetzung der Natura-2000-Ziele einsetzen, öffentlichkeitswirksam prämiert. Die Idee für die Auszeichnung „Natura-2000-Landwirt“ kam vom Kompetenzzentrum Natura 2000-Stationen, der Koordinierungsstelle des Netzwerkes der Natura-2000-Stationen in Thüringen.
Bei dieser Ehrung handelt es sich nicht um einen öffentlichen Wettbewerb. Vorschläge kommen aus dem Netzwerk der 12 Natura-2000-Stationen. Die Natura-2000-Stationen setzen in ihren Regionen zahlreiche Projekte im Europäischen Schutzgebietsnetz „Natura 2000“ um, gemeinsam mit Partnern aus der Landwirtschaft. Sie können bei der Auswahl der Landwirtschaftsbetriebe sowohl auf ihre Erfahrungen aus der Zusammenarbeit mit den Betrieben als auch auf die Kenntnisse ihrer Fachbeiräte zurückgreifen, in denen auch die Kreisbauernverbände vertreten sind.

Die Vorschläge wurden durch eine Fachjury, bestehend aus dem Thüringer Bauernverband, dem Thüringer Ökoherz, der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft sowie den Trägern des Kompetenzzentrum Natura 2000-Stationen, dem BUND Thüringen, dem NABU Thüringen und dem Deutschen Verband für Landschaftspflege, bewertet.

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