Brandenburg Labs und TU Ilmenau entwickeln Spezialkopfhörer zur Therapie von Tinnitus

Die Brandenburg Labs GmbH und die Technische Universität Ilmenau starten ein Forschungsprojekt, in dem sie einen Spezialkopfhörer zur Diagnostik und Therapie von Tinnitus entwickeln. Der Kopfhörer mit Raumklang soll künftig eine engere Verknüpfung von Tinnitus-Diagnose und -Therapie (Theranostik) ermöglichen und die Lebensqualität von Tinnitus-Betroffenen verbessern. Das zweijährige Verbundprojekt wird im Rahmen der Richtlinie des Freistaats Thüringen zur Förderung von Forschung, Technologie und Innovation als Teil der Reaktion der Europäischen Union auf die COVID-19-Pandemie (REACT-EU) finanziert.

Allein in Europa leiden geschätzt 46 Millionen Menschen an Tinnitus, dessen Ursache häufig nicht klar erkannt wird. Die Betroffenen nehmen Töne oder Geräusche wahr, denen keine real vorhandene Klangquelle zugeordnet werden kann. Dies empfinden viele als erhebliche Einschränkung der Lebensqualität. Konventionelle Behandlungsmethoden, etwa Hör-, Verhaltens- und Gesprächstherapien, sind umstritten und ihre Wirksamkeit oft nicht wissenschaftlich belegt. Zudem sind diese Behandlungen für die Betroffenen aufwändig, da sie über mehrere Sitzungen hinweg vor Ort bei den Therapeuten stattfinden.

Das Forschungsprojekt „Theranostik und Therapie von Tinnitus mittels räumlichen Hörens“ (TheraTin), das von der Brandenburg Labs GmbH aus Ilmenau geleitet wird und an dem zwei Fachgebiete der TU Ilmenau beteiligt sind, soll die Situation von Tinnitus-Betroffenen deutlich verbessern. Die neue Technologie verspricht gleich mehrere Vorteile – für den behandelnden Therapeuten wie für den Betroffenen. Die bisher subjektive Ursachenidentifikation wird stärker objektiviert: Die Messung der elektrischen Aktivität des Gehirns der Betroffenen mit Hilfe von EEG-Sensoren im Spezialkopfhörer und die automatische Analyse der Hirnsignale unterstützt eine objektive Einschätzung des Tinnitus durch den Therapeuten, was wiederum eine bessere Behandlung möglich macht. Für den Betroffenen ist das Hören mit dem Kopfhörer, der auf Basis der in Ilmenau erheblich weiterentwickelten sogenannten plausiblen Raumklangsynthese arbeitet, eine große Erleichterung: Durch das immersive Hörerlebnis nimmt er die virtuellen Klangquellen nicht mehr in seinem Kopf, sondern im Raum wahr. Dadurch wird die Tinnitus-Therapie maßgeblich unterstützt. Da die Betroffenen die tragbaren Kopfhörer zu Hause, im Büro oder an jedem anderen Ort benutzen können, sind sie zudem ortsunabhängig und müssen sich weder für die Untersuchung, noch für die Behandlung zum Therapeuten begeben.

Aufgabe des Fachgebiets Biosignalverarbeitung der TU Ilmenau im TheraTin-Projekt ist es, Indikatoren zu identifizieren, anhand derer sich die elektrischen Aktivitäten des Hörapparats eindeutig dem Tinnitus zuordnen lassen. Der Leiter des Fachgebiets Prof. Dr.-Ing. Peter Husar sieht darin eine große Herausforderung: „Es wird nicht leicht werden, die räumliche Richtung einer eigentlich gar nicht vorhandenen Schallquelle zu identifizieren, die für den Tinnitus verantwortlich ist. Ich bin dennoch zuversichtlich, dass uns das, wie es wissenschaftliches Vorgehen vorgibt, nachweisbar und reproduzierbar gelingen kann.“ Auch Dr. Stephan Werner, Kommissarischer Leiter des Fachgebiets Elektronische Medientechnik, sieht im Projekt Herausforderungen: „Um die Fähigkeit eines Betroffenen, räumlich zu hören, umfassend in die Tinnitus-Therapie einbinden zu können, dürfen die Betroffenen die virtuellen Schallquellen nicht von realen Schallquellen im Raum unterscheiden. Nicht zuletzt deshalb werden wir im Projekt mit erfahrenen Tinnitus-Therapeuten zusammenarbeiten.“

Prof. Dr.-Ing. Karlheinz Brandenburg, CEO des Projektkoordinators Brandenburg Labs GmbH, blickt mit großer Zuversicht auf das zweijährige Forschungs- und Entwicklungsprojekt: „Wir haben uns für diese Zeit sehr viel vorgenommen. Dank der Vorarbeiten in den Fachgebieten der TU Ilmenau Elektronische Medientechnik und Biosignalverarbeitung und bei Brandenburg Labs sind wir sicher, gute Ergebnisse erzielen zu können, aus denen neue Indikatoren für Therapiemöglichkeiten des Tinnitus entstehen.“

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