Bis ins 20. Jahrhundert war es auch in Franken üblich, verschiedene Rebsorten im „gemischten Satz“ anzubauen. Dazu gehörte neben dem Grünen, Gelben und Roten auch der Blaue Silvaner. Wurde der Grüne Silvaner seit Anfang des 20. Jahrhunderts sortenrein an- und ausgebaut, blieb der Blaue ein Bestandteil des gemischten fränkischen Satzes, der heute nahezu verschwunden ist. Unklar ist, ob der Blaue Silvaner die Ursprungsrebe des Grünen oder eine Mutation desselben ist.
1964 war es der Winzer und Rebenzüchter Kaspar Steinmann aus Sommerhausen am Main, der den Blauen Silvaner wiederentdeckte und ihn züchterisch weiterbearbeitete. 1984 wurde er als eigene Weißweinsorte beim Bundessortenamt eingetragen. Die Rebenzüchtung Steinmann trägt bis heute zum Erhalt des Blauen Silvaner bei. Ein Engagement, dass er braucht, denn er hat eine vergleichsweise geringe Anbaufläche: 2018 betrug sie 29 Hektar in ganz Deutschland (im Vergleich zu 4.744 ha für den Grünen). Angebaut und vermarktet wird der Blaue Silvaner hauptsächlich von Weingütern in Franken, aber auch in Baden, an der Nahe, in Rheinhessen, im Saale-Unstrut-Gebiet und in Württemberg.
Die Trauben des Blauen Silvaners sind mittelgroß, rundlich und dicht-beerig. Bis zur Reifezeit ist der Blaue Silvaner fast nicht von seinem grünen Bruder zu unterscheiden, dann nimmt er aber eine dunkelrote, violette oder blaue Farbe an. Der mit diesen Trauben erzeugte Wein ist jedoch nicht rot, sondern kupfergolden, lachsrot oder zwiebelschalenfarbig. Das Aromenspiel ist ähnlich dem Grünen, aber zusätzlich mit einer Mischung aus mineralischen, sehr feinen Bitterstoffen. Der Blaue Silvaner bringt robuste, kräftige und reife Weine hervor, die sich gut als Essensbegleitung eignen. Die Weinkenner*innen des Slow-Food-Conviviums Mainfranken – Hohenlohe beobachten ihn schon seit einigen Jahren und haben schließlich den Antrag für die Aufnahme in Arche des Geschmacks gestellt. Dazu Heinrich Leutenberger von der Arche-Kommission: „Der Blaue Silvaner ist für uns ein Beispiel, wie aus einer Mutation (wieder) ein Klon wird, der erhalten werden sollte. Weil er ein kleiner Biodiversitäts-Baustein ist, dessen eigentlichen Wert wir noch gar nicht abschätzen können und dessen aktuelle Anbaufläche diesen Erhalt noch nicht sicherstellen kann.“
Slow Food ist eine weltweite Bewegung, die sich für ein zukunftsfähiges Lebensmittelsystem einsetzt. Der Erhalt der bäuerlichen Landwirtschaft, des traditionellen Lebensmittelhandwerks und der regionalen Arten- und Sortenvielfalt sind für Slow Food ebenso wichtig wie eine faire Entlohnung für verantwortungsvoll arbeitende Erzeuger*innen sowie die Wertschätzung und der Genuss von Lebensmitteln.
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