TÜV Rheinland: Fahrradwerkstätten mit Nachholbedarf bei Qualität und Service

Bei der Auswahl einer Werkstatt legen mehr als zwei Drittel (67 %) aller Radfahrerinnen und Radfahrer insbesondere Wert auf die Reparaturqualität, für knapp die Hälfte ist die Nähe des Reparaturbetriebs bedeutsam (48,9 %). Beratungs- und Servicequalität (42,7 %) sowie der Preis (40,5 %) sind weitere wichtige Kriterien bei der Auswahl der Werkstatt. Das ist das Ergebnis einer aktuellen repräsentativen Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Civey vom Juli 2021 im Auftrag von TÜV Rheinland. Befragt wurden 2.500 Personen, die regelmäßig Rad fahren, Mehrfachnennungen waren möglich.

Ein verdeckter Stichprobentest von TÜV Rheinland in bundesweit acht Fahrradwerkstätten zeigt allerdings: Bei Fahrradwerkstätten gibt es teils erhebliche Mängel sowohl in der Qualität der Reparaturen als auch im Service. „Anspruch und Wirklichkeit klaffen bei manchen Werkstätten im Hinblick auf die Erwartungen ihrer Kundinnen und Kunden auseinander. Dabei ist sicher: Insbesondere die Bedeutung der Reparaturqualität wird weiter steigen. Der Grund: Die Technik der Räder wird immer anspruchsvoller und teurer. Stichwort Antriebe bei Pedelecs oder E-Bikes“, erläutert Jochen Kock, Fachmann für Servicequalität bei TÜV Rheinland. „Ein zusätzlicher Einflussfaktor ist das stark wachsende Segment der geleasten Fahrräder, denn die Leasinganbieter fordern adäquate Wartungsleistungen ein.“ Weiterhin ist der Sicherheitsaspekt besonders bei antriebsunterstützten Rädern nicht zu vernachlässigen. „Das Brems- und Spurverhalten steuert enorm zur Sicherheit bei und muss wie bei Kraftfahrzeugen üblich regelmäßig und vor allem korrekt überprüft werden,“ erläutert Maro Hartberger, Leiter Werkstatt-Qualität bei TÜV Rheinland.

Stichprobentest: Werkstätten übersehen ein Drittel der technischen Mängel

Für die nicht repräsentativen Tests verbauten die Fachleute von TÜV Rheinland drei technische Mängel in das jeweilige Fahrrad, bevor sie eine Inspektion in einer Werkstatt vereinbarten. Alle Mängel waren so ausgestaltet, dass sie im Rahmen einer Regelinspektion hätten gefunden werden müssen, beispielsweise geringer Luftdruck oder defektes Licht. Ergebnis: Die Werkstätten behoben im Schnitt nur zwei von drei technischen Mängeln.

Auch im Service gab es teils erhebliche Defizite. So nannten die Werkstätten den voraussichtlichen Preis für die Wartung fast immer nur nach Rückfrage. Keine einzige Werkstatt nutzte eine Checkliste zur Abfrage aller wartungsrelevanten Daten oder bot ein Ersatzfahrrad für die Dauer der Inspektion an. Zudem trugen zwei Drittel aller Werkstätten die Inspektion nicht in ein Serviceheft ein.

„Unser Test wirft ein Schlaglicht auf den teils erheblichen Verbesserungsbedarf in Fahrradwerkstätten. Viele Betriebe müssen deutlich mehr als bislang in ihre Prozesse bezüglich Qualität und Service investieren“, stellt Kock fest. Dabei geht es um mehr als guten Service: „Nicht beseitigte technische Mängel gefährden die Sicherheit von Radfahrenden und anderen Verkehrsteilnehmern. Und mangelnder Service sorgt für geringere Kundenbindung sowie weniger Geschäft mit dem einzelnen Kunden.“

Vor dem Hintergrund des aktuellen Booms im Fahrradmarkt sieht Jochen Kock erhebliche Herausforderungen für die Werkstätten. So waren 2020 in einem ohnehin stark wachsenden Fahrradmarkt laut Zweirad-Industrie-Verband (ZIV) vier von zehn verkauften Rädern bereits mit Motor ausgestattet. „Pedelecs stellen höhere Anforderungen an die Wartung. Einige Komponenten lassen sich von Laien kaum sachgemäß reparieren. Zudem wachsen angesichts des hohen Verkaufspreises von E-Bikes, aber auch des steigenden Preises für Reparatur und Wartung die Ansprüche an den Service. Auf die Werkstätten kommt unweigerlich ein hoher Wartungsbedarf bei den Rädern zu, auf den sie sich schon heute vorbereiten müssen“, sagt Service-Experte Kock. So könne eine unabhängige Überprüfung der Arbeits- und Servicequalität wesentlich dazu beitragen, Schwachstellen im laufenden Betrieb zu beseitigen und die Kundenzufriedenheit zu steigern. Kock: „Manchmal reichen kleine Dinge, um die Zufriedenheit und damit auch die Kundenbindung zu erhöhen.“

Hintergrund Stichprobentest

Im Stichprobentest von TÜV Rheinland in Fahrradwerkstätten kamen Modelle verschiedener Hersteller sowie unterschiedliche Fahrradtypen und Antriebsarten (mit und ohne Elektroantrieb) zum Einsatz. Getestet wurde in drei Betrieben, die zu großen Ketten gehören, zwei Großbetrieben sowie drei Kleinbetrieben unter anderem in Bonn, Bielefeld, Köln und Magdeburg. Bei der Bewertung vergaben die Prüferinnen und Prüfer von TÜV Rheinland anhand eines umfassenden und standardisierten Fragebogens sowohl Punkte für die Servicequalität bei Terminvereinbarung sowie Fahrradabgabe und -abholung als auch für die Qualität der Reparatur. Zu den verbauten Mängeln gehörten etwa ein deutlich zu geringer Luftdruck in den Reifen, eine defekte Birne, ein falsch eingestellter Scheinwerfer, ein ausgeclipster Schaltzug oder eine defekte Klingel.

Weitere Informationen zur Prüfung von Servicequalität unter www.tuv.com/servicequalitaet bei TÜV Rheinland.

Über TÜV Rheinland

Sicherheit und Qualität in fast allen Wirtschafts- und Lebensbereichen: Dafür steht TÜV Rheinland. Mit mehr als 20.500 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern und einem Jahresumsatz von 2 Milliarden Euro zählt das vor rund 150 Jahren gegründete Unternehmen zu den weltweit führenden Prüfdienstleistern. Die hoch qualifizierten Expertinnen und Experten von TÜV Rheinland prüfen rund um den Globus technische Anlagen und Produkte, begleiten Innovationen in Technik und Wirtschaft, trainieren Menschen in zahlreichen Berufen und zertifizieren Managementsysteme nach internationalen Standards. Damit sorgen die unabhängigen Fachleute für Vertrauen entlang globaler Warenströme und Wertschöpfungsketten. Seit 2006 ist TÜV Rheinland Mitglied im Global Compact der Vereinten Nationen für mehr Nachhaltigkeit und gegen Korruption. Website: www.tuv.com

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