- Koalition aus SPD, Grünen und FDP (Ampel), mit Olaf Scholz als Bundeskanzler
- Koalition aus SPD, Grünen und Linken (Rot-Rot-Grün), mit Olaf Scholz als Bundeskanzler
- Koalition aus CDU/CSU, Grünen und FDP (Jamaika), mit Armin Laschet als Bundeskanzler
Der Ausgang der Bundestagswahl ist mit mehr als 50 % der Stimmen und einer immer noch beträchtlichen Zahl von „Unentschlossenen“ nach wie vor höchst ungewiss, aber wenn man die aktuelle Situation betrachtet, dürfte klar sein, dass die Grünen die zweitstärkste Partei in der nächsten Regierung sein werden – egal wie das Endergebnis lautet.
Wie wirken sich die verschiedenen Szenarien auf die Finanzmärkte aus?
Im „Jamaika“-Fall erwarten wir fast keine Veränderung. Für die europäische Integration (und damit für die Spreads der Peripherieländer) wäre es enttäuschend, wenn eine Koalition unter Führung der CSU/CDU ohne die „Krisenführerschaft“ von Angela Merkel zustande käme.
Im „Ampel“-Szenario erwarten wir zumindest kurzfristig leicht höhere deutsche Renditen und geringere Spreads der Peripherieländer. Diese Koalition könnte zu einer stärkeren europäischen Integration als bisher führen, aber auch zu einer lockeren Finanzpolitik (Grüne) und einer wirtschaftsfreundlichen Politik (FDP).
Das rot-rot-grüne Bündnis erscheint zwar nicht als das wahrscheinlichste, aber die Grünen könnten sich weigern, eine Koalition mit der FDP einzugehen, so dass es nicht auszuschließen ist. Dies ist das Szenario mit den wichtigsten potenziellen Auswirkungen auf die Finanzmärkte. Die deutschen Renditen könnten nach oben klettern und die Spreads der Peripherieländer könnten sich erneut und deutlicher verengen. Dies könnte sich auch positiv auf den Euro auswirken wiederum aufgrund der integrationsfreundlichen Haltung einer solchen Koalition (geringeres Risiko eines Auseinanderbrechens).
Aber wenn wir die Auswirkungen auf die europäischen Zinsen einmal außer Acht lassen, ist das wichtigste Ergebnis der deutschen Bundestagswahl, dass die Grünen in jeder Koalition vertreten sind und daher eine sehr wichtige Rolle in der künftigen Regierung spielen werden, was verschiedene Folgen haben könnte:
- Die Grünen werden eher eine Gegenposition zu Russland und China einnehmen.
So sind die Grünen beispielsweise gegen die umstrittene NordStream2-Pipeline, die von Russland durch die Ostsee verlaufen soll und die Merkels Regierung immer noch verteidigt. Sie haben offen ihre Unterstützung für oppositionelle Gruppen in Russland, China und Weißrussland bekundet. Vor dem Hintergrund rasch steigender Energiepreise in Europa und der „Deglobalisierung“ könnte diese politische Haltung mittelfristig zu neuen Spannungen bei den Gaspreisen führen, was sich positiv auf die Inflation auswirken würde. Sie könnten die EU auch dazu drängen, gegenüber Ländern wie Ungarn oder Polen in Bezug auf die Unabhängigkeit der Justiz, die Gleichstellung der Geschlechter oder eine europäische „Rechtsstaatlichkeit“ energischer aufzutreten. In ähnlicher Weise könnten sie gegenüber China einen harten Kurs bei den Menschenrechten einschlagen.
- Sie könnten sich auch für umfangreiche Investitionen in erneuerbare Energien einsetzen. Diese sind dringend erforderlich, da Deutschland stark von fossilen Brennstoffen abhängig ist. Sie haben angekündigt, dass sie den Übergang zu einer emissionsfreien Wirtschaft mit 100 % erneuerbaren Energien bis 2035 sicherstellen wollen. Außerdem sollen E-Autos bis 2030 Verbrennungsautos ersetzen.
Alle diese Maßnahmen wirken sich positiv auf das Wachstum und die Inflation aus, erfordern aber sowohl umfangreiche Investitionen als auch eine sehr lockere Finanzpolitik.
Der letzte Aspekt, der hervorzuheben ist, und vielleicht die wichtigste Frage für die kommenden Monate: Wie wird die nächste Bundesregierung in der Lage sein, eine sehr lockere Politik (mehr Ausgaben, mehr Haushaltsdefizit) angesichts der derzeitigen Position von SPD, FDP und CSU/CDU zu verfassungsrechtlichen Grenzen zu verfolgen? Sie könnten eine Änderung des Grundgesetzes durch technische Maßnahmen wie die Änderung der Formel zur Berechnung des antizyklischen Puffers oder die vorzeitige Auszahlung der Sonderrücklagen vermeiden. Irgendwann werden sie jedoch die deutsche „Schuldenbremse“ ernsthaft in Frage stellen müssen. Diese Diskussion könnte sich als sehr wichtig für die Zukunft Europas erweisen.
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