Um die Klimaschutzziele im Verkehrssektor bis 2030 zu erreichen, muss der Güterverkehr seine CO2-Emissionen bis dahin von 55 Mio. Tonnen im Jahr 2019 auf 31 Mio. Tonnen CO2 reduzieren. Dies ist nur über eine deutliche Verlagerung von Gütertransporten von der Straße auf die Schiene möglich. Der Marktanteil des Schienengüterverkehrs muss dementsprechend von aktuell etwa 19 % auf mindestens 25 % bis 2030 wachsen. Dazu sind, laut des nun aktuell vorliegenden Gutachtens im Auftrag des VDV und der deutschen Güterbahnen, in den kommenden acht Jahren Gesamtinvestitionen von 52 Milliarden Euro notwendig. Die Branche selber leistet dabei mit 13 Milliarden Euro einen erheblichen Eigenanteil an diesen Investitionen. Die restlichen Mittel muss der Bund aufbringen, vor allem für den Ausbau der Infrastruktur. Zudem müssen zahlreiche weitere Maßnahmen unter hohem Zeitdruck vorangetrieben werden. Die Gutachter empfehlen deshalb die schnelle Umsetzung eines „100-Tage-Programm“ durch die neue Bundesregierung. Damit soll eine unmittelbare Anschubwirkung im Schienengüterverkehr für die gesamte Legislaturperiode erzielt werden.
VDV-Vizepräsident Joachim Berends:
„Die angestrebten Wachstumsziele im Schienengüterverkehr und die damit einhergehende Erfüllung der Klimaschutzziele im Verkehr sind bis 2030 erreichbar. Das jetzt vorliegende Gutachten zeigt aber sehr deutlich, wie groß die Herausforderungen für alle beteiligten Akteure sind, um das wirklich zu schaffen. Die Güterbahnen sind bereit ihren Beitrag dazu zu leisten. Aber wir brauchen dafür dringend und schnell die nötigen gesetzlichen Rahmenbedingungen und die Sicherheit, dass die Finanzierung, vor allem für den notwendigen Ausbau der Schieneninfrastruktur, ausreichend und langfristig gesichert ist.
Dr. Sigrid Evelyn Nikutta, Vorstandsvorsitzende von DB Cargo:
„Die Klimakrise ist die größte globale Herausforderung, die nur gemeinschaftlich gelöst werden kann. Anders als gegen die globale Corona-Pandemie gibt es gegen die Erderwärmung keine Impfstoffe. Doch wie bei Corona befinden wir uns in einem Wettlauf gegen die Zeit. Wir sind die letzte Generation, die den Klimawandel noch aufhalten kann. Es gibt einen Weg aus der Klimakrise. Er führt über die Schiene. Denn: Güterzüge sparen gegenüber dem Transport auf der Straße rund 80 bis 100 Prozent CO2, ein Güterzug ersetzt bis zu 52 LKW. „Mehr Güter auf die Schiene“ ist der Schlüssel, um die Klimaziele überhaupt noch zu erreichen.“
Zentrale Ergebnisse des Gutachtens und das 100-Tage-Programm im Einzelnen
Für das Gutachten wurden 25 relevante Branchenvertreter*innen ausführlich interviewt und nach ihren unternehmerischen Lösungsvorschlägen und dem politischen Handlungsrahmen für die Zielerreichung bis 2030 befragt. Daraus ist eine Sammlung von über 100 Einzelmaßnahmen entstanden, die von den Gutachtern in 18 Maßnahmenbündel mit folgenden drei Schwerpunkten zusammengefasst wurden: „Verkehrspolitische Rahmenbedingungen“, „Infrastruktur und Rollmaterial“ sowie „Innovation und Qualität“. Die Gutachter kommen dabei zu dem Ergebnis, dass die 18 Maßnahmenbündel möglichst parallel umzusetzen sind, da diese nur im Verbund ihre prognostizierte Wirkung erreichen. Wenn dies gelingt, so das Gutachten, kann die Transportleistung des Schienengüterverkehrs bis 2030 auf jährlich ca. 213 Mrd. Tonnenkilometer und damit auf einen Marktanteil von 25 % gesteigert werden. Dies entspräche einer um ca. 64 % höheren Leistung der Güterbahnen als heute. In den einzelnen Segmenten würde der Kombinierte Verkehr dabei mit 6,8 % jährlich am deutlichsten wachsen, gefolgt vom Ganzzugverkehr mit 4,2 % Wachstum pro Jahr und dem Einzelwagenverkehr mit jährlich plus 2,9 %. Vom dafür notwendingen Gesamtinvestitionsbedarf von 52 Mrd. EURO entfallen bis 2030 alleine ca. 32 Mrd. EURO auf den Ausbau der Infrastruktur, ca. 9 Mrd. auf die Erweiterung der Flotte und etwa 11 Mrd. auf die Umsetzung der weiteren Maßnahmenbündel.
Bei der Empfehlung an die neue Bundesregierung für die Initiierung eines 100-Tage-Programms haben sich die Gutachter vor allem auf die schnell umzusetzenden Maßnahmen fokussiert, um damit eine starke kurzfristige Anschubwirkung zu erzielen. Das 100-Tage-Programm besteht im Wesentlichen aus folgenden Maßnahmen:
· Notwendige Mittel für den Infrastrukturausbau fest in Haushalt und Finanzplanung verankern
· Bestehende Bundesmittel für Innovationen im Schienengüterverkehr stärken
· Bürokratieabbau im Schienengüterverkehr beschleunigen
· Schienengüterverkehr von Energiesteuern und -abgaben entlasten
· Lkw im Vor- und Nachlauf des Kombinierten Verkehrs von der Maut befreien
· Kranbarkeit von Sattelaufliegern europaweit gesetzlich verankern
· Umrüstung des Rollmaterials auf ETCS finanziell unterstützen
· Sprachbarrieren im grenzüberschreitenden Verkehr reduzieren
· Europäische Verständigung zu Migration und Finanzierung DAK (Digitale Automatische Kupplung) herstellen
· Gleisanschluss für neue Industriegebiete und Logistikstandorte verbindlich vorschreiben
· Höhere Förderung für den Einzelwagenverkehr im Bundeshaushalt verankern
Der Verband Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV) ist der Branchenverband des Öffentlichen Personen- und Schienengüterverkehrs. Seine über 600 Mitgliedsunternehmen befördern täglich mehr als 30 Millionen Menschen in Bussen und Bahnen und transportieren jährlich rund 600 Millionen Tonnen Güter auf der Schiene. So sorgen der VDV und seine Mitglieder für mehr klimaschonende Mobilität von Menschen und Gütern bei weniger Verkehr!
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