"Noch stärker ist die Veränderung bei den Extremereignissen, die wir als 4-Sigma-Ereignisse bezeichnen, und die es vorher praktisch nicht gab – hier sehen wir sogar eine Zunahme um das 1000-fache im Vergleich zum Referenzzeitraum. Sie betrafen 2011-20 in jedem Monat etwa 3 Prozent der globalen Landfläche", sagt der Hauptautor Alexander Robinson von der Complutense-Universität Madrid und dem Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung. "Dies bestätigt frühere Ergebnisse, allerdings mit immer höheren Zahlen. Wir erleben jetzt Extreme, die ohne den Einfluss der menschgemachten globalen Erwärmung praktisch unmöglich wären." Der Begriff ‚Sigma‘ bezieht sich auf das, was Forschende eine Standardabweichung nennen.
Das Jahr 2020 brachte zum Beispiel sowohl in Sibirien als auch in Australien lang anhaltende Hitzewellen, die in beiden Regionen zu verheerenden Waldbränden führten. Beide Ereignisse führten dazu, dass ein lokaler Notstand ausgerufen wurde. Im Jahr 2021 erreichten die Temperaturen in Teilen der USA und Kanadas mit fast 50 °C lebensbedrohliche Werte. Weltweit nahmen rekordstarke Hitzeextreme in den tropischen Regionen am meisten zu, da die Tropen normalerweise eine geringe Variabilität der monatlichen Temperaturen aufweisen. Wo die Schwankungsbreite normalerweise gering ist, können schon vergleichsweise geringe Verschiebungen zu Rekorden führen. Weil die Temperaturen jedoch insgesamt weiter steigen, werden Hitzerekorde durch den menschgemachten Klimawandel auch in nördlichen Regionen mit ihrer größeren natürlichen Variabilität immer häufiger auftreten.
Einer von vier Regenrekorden ist auf den Klimawandel zurückzuführen
Auch die täglichen Niederschlags-Spitzenwerte haben zugenommen. Im Vergleich zu dem, was in einem Klima ohne globale Erwärmung zu erwarten wäre, ist die Zahl der Regenrekorde um etwa 30 Prozent gestiegen. Dies bedeutet, dass einer von vier Rekorden bereits auf den vom Menschen verursachten Klimawandel zurückzuführen ist. Die Physik dahinter wird durch die Clausius-Clapeyron-Gleichung erklärt: Luft kann pro Grad Celsius Erwärmung 7 Prozent mehr Feuchtigkeit aufnehmen.
Wichtig ist dabei, dass in bereits trockenen Regionen wie dem westlichen Nordamerika und Südafrika ein Rückgang rekordstarker Regenfälle zu verzeichnen ist, während in feuchten Regionen wie Mittel- und Nordeuropa eine starke Zunahme auftritt. Generell helfen zunehmende Niederschlagsextreme nicht, um Dürreprobleme zu vermindern.
Geringer Temperaturanstieg, unverhältnismäßig große Folgen
Vergleicht man die neuen Daten mit dem bereits ziemlich extremen vorangegangenen Jahrzehnt 2000-2010, so zeigen die Daten, dass sich die von Hitzeextremen der 3-Sigma-Kategorie betroffene Landfläche in etwa verdoppelt hat. Diejenigen Abweichungen, die so stark sind, dass sie zuvor praktisch nie auftraten, die 4-Sigma-Ereignisse, tauchen in den Beobachtungen neu auf. Die Regenrekorde haben 2011-2020 gegenüber 2000-2010 um 5 Prozentpunkte zugenommen. Die scheinbar geringe Erwärmung in den letzten zehn Jahren von nur 0,25°C hat also die Klimaextreme erheblich ansteigen lassen.
"Diese Daten zeigen, dass die Extreme jetzt weit außerhalb der historischen Erfahrung liegen. Extreme Hitze und extremer Regen nehmen überproportional zu", sagt Ko-Autor Stefan Rahmstorf vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung. "Unsere Analyse bestätigt einmal mehr, dass es bei den Auswirkungen der globalen Erwärmung auf uns Menschen wirklich auf jedes Zehntel Grad ankommt."
Artikel: Alexander Robinson, Jascha Lehmann, David Barriopedro, Stefan Rahmstorf, Dim Coumou (2021): Increasing heat and rainfall extremes now far outside the historical climate. npj climate and atmospheric science [doi: 10.1038/s41612-021-00202-w]
Weblink zum Artikel: https://www.nature.com/articles/s41612-021-00202-w
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