Interessante Diskussionen und ein lebhafter Meinungsaustausch zwischen Teilnehmern und Referenten sowie die großflächige Fachausstellung mit fast 50 Unternehmen der Branche machten die Tagung zu einer wertvollen Wissensplattform.
Der Brandschutzplaner – notwendig oder überflüssig?
Im Eröffnungsvortrag thematisierte Daniel Anwander ein Grundlagenproblem im Brandschutz, was ist ein bautechnischer Nachweis und was muss wirklich in den Nachweis (und was nicht). Dieser Nachweis ist fester Bestandteil jedes Bauvorhabens und hat zweifelsohne die Planungsqualität verbessert. Dennoch gibt es Unterschiede in Darstellung, Detaillierung und der Berücksichtigung gesetzlicher Vorgaben, die über das Bauordnungsrecht hinausgehen oder privatrechtlicher Belange. Aus Sicht von Herrn Anwander wird dies nicht klar durch den Brandschutzplaner und sein Aufgabengebiet abgegrenzt. Daher muss der Brandschutzplaner in seinem Planungsauftrag sein Aufgabengebiet klar definieren und hat die Pflicht darauf hinzuweisen, dass der Brandschutznachweis nicht alle Anforderungen zum Brandschutz enthalten kann. Was darüber hinaus in der Ausführungsplanung in den Brandschutznachweis aufgenommen werden soll, kann privatrechtlich zwischen den Parteien geregelt werden.
Digitaler Bauantrag, digitale bautechnische Nachweise und deren digitale Prüfung – ein holpriger Weg auf steinigem Gelände
Sehr mitreißend präsentierten Gerd Geburtig und Martin Hamann zwei Blickwinkel auf das große Thema Digitalisierung, um mit Fragen, Antworten und den vielfältigen Erfahrungen in der analogen und digitalen Welt den Umstieg zur Digitalisierung zu erleichtern. Beide verdeutlichten, dass die Vorteile der Digitalisierung überwiegen. Es gibt jedoch noch viel zu tun. Daher die Empfehlung, dass Prüfingenieure mit vorangehen sollten, die Digitalisierung mitzugestalten und Stolpersteine aus dem Wege zu räumen. Die BVPI hat mit der Entwicklung von ELBA das klare Ziel formuliert, einen wichtigen Teil der Digitalisierung des Planungs- und Bauprozesses mitzugestalten und gemeinsam mit Bauaufsichtsbehörden, Prüfingenieuren und Nachweiserbringern eine Schnittstelle zu schaffen, die einen kompletten digitalen Datenaustausch prüfpflichtiger bautechnischer Unterlagen ermöglicht.
MLüAR und MVV TB – Änderungen beim Brandverhalten = Auswirkungen in der Praxis?
Peter Vogelsang beleuchtete Fragen, die sich immer wieder im Umgang mit der Nachweisführung bei Bauarten von Lüftungsanlagen ergeben. In seinem interaktiven Vortrag zeigte er live die Möglichkeiten zur Nachweisführung auf. Teilnehmer konnten so Schritt für Schritt die Methodik der Nachweisführung entsprechend der aktuellen Regelwerke verfolgen. Ein großer Erkenntnisgewinn für alle.
Die Normung der DIN 18009 aus bauaufsichtlicher Sicht – Gegenwart und Zukunft
Welche Hilfe die DIN18009 für eine plausible und prüfbar dokumentierte Nachweisführung bietet, verdeutlichte Michael Schleich in seinem Vortrag. Die DIN 18009-1 dient der sachgerechten Anwendung des Brandschutzingenieurwesens und soll einen Qualitätsstandard schaffen. Sie gibt einen Rahmen und leitet dazu an, wie Brandschutzmaßnahmen geplant und beurteilt werden können. Somit ermöglicht sie den Planern als auch den Bauaufsichtsbehörden, die relevanten Fragen zu erkennen, das Brandschutzkonzept für ein Gebäude in Gänze wahrzunehmen und zu beurteilen und damit einem geregelten und systematischen Ansatz zu folgen. Mit dem Verweis in der MIndBauRL hat sie bereits eine gewisse Anerkennung und Verbindlichkeit im Baugenehmigungsverfahren erlangt.
Die Funktion von notwendigen Fluren und Treppen im System der Flucht- und Rettungsweg
Dieses Kernthema beleuchtete Josef Mayr im Detail. Da die bauaufsichtlichen Schutzziele für notwendige Flure, Treppen und Treppenräume in den LBOs bewusst allgemein gehalten sind, lassen sie verschiedene Interpretationen zu. Herr Mayr zeigte dies beispielhaft für notwendige Treppen als Außentreppen, die im Brandfall nicht gefährdet werden können sowie größere Nutzungseinheiten ohne notwendige Flure auf. Zudem stellte er seine Gedanken zum herkömmlichen Sicherheitstreppenraum vor, an den in Gebäuden – die keine Hochhäuser und auch keine Sonderbauten sind – relativ hohe Anforderungen gestellt werden. Als Lösung für diese Problematik ist aus Sicht von Herrn Mayr die Ausführung des Treppenraums ohne Feststellanlagen mit Freilauffunktion denkbar.
Spielräume bei der Prüfung für sicherheitstechnische Anlagen erkennen – Wer kann über was entscheiden?
Marco Behrens thematisierte aus Sicht der Prüfsachverständigen wie im Prüfverfahren mit den vorgegebenen Planungsgrundlagen während einer Prüfung durch PSV-STGA zu verfahren ist. Das Zusammenspiel zwischen den Akteuren am Bau funktioniert nur, wenn diese auch die Tätigkeit der anderen Akteure verstehen und entsprechend in den Prüfprozess einbinden. Spielräume bei der Prüfung sind nahezu nicht gegenständlich für den Prüfsachverständigen STGA sind und stets abhängig von der vorab übergebenen Planung. Auch sind Spielräume eng an Verordnungen und Richtlinien gebunden. Im Fazit kann über Abweichungen hiervon der PSV-STGA nicht allein entscheiden. Es sind nachträgliche konzeptionelle Anpassungen erforderlich. Diese stellen keinen Mangel in der vorhergehenden Planung dar.
Sind die Alarmierungsanlagen in unseren Sonderbauten ausreichend wirksam?
Gero Gerber präsentierte zu diesem Thema die Ergebnisse einer umfangreichen Umfrage. Von einer Alarmierungsanlage wird erwartet, dass die überwiegende Mehrheit der alarmierten Personen bestimmungsgemäß reagiert. Seine Umfrage hat jedoch gezeigt, dass dieses Ziel in vielen Fällen nicht erreicht wird. Das angestrebte Schutzziel kann jedoch nicht allein durch technische Verbesserungen erreicht werden. Wichtig ist, dass technische und organisatorische Maßnahmen gut aufeinander abgestimmt sind und konsequent umgesetzt werden. Darüber hinaus gibt es eine Reihe zusätzlicher Maßnahmen, die sich objektspezifisch bewährt haben. Die Nutzer des Gebäudes müssen das Gefahrensignal wahrnehmen und verstehen und insbesondere feste Nutzer des Gebäudes müssen regelmäßig unterwiesen und durch unangekündigte Übungen für das bestimmungsgemäße Verhalten im Gefahrenfall konditioniert werden.
Brennbare Fassaden in Holz oder begrünt – Was ist möglich und was sagt die Feuerwehr dazu?
Ökologisch, klimafreundlich und nachhaltig sind Holz- und Grünfassaden. Aber was sind derzeit die rechtlichen Rahmenbedingungen, welche Ausführungsmöglichkeiten gibt es und welche Nachweise sind zu führen? Und wie sieht die Feuerwehr brennbare Fassaden?
Thomas Engel stellt in seinem Vortrag neue Erkenntnisse zur Planung von Holzfassaden vor. Die Vorgaben des Abschnitts 6 der MHolzBauRL ermöglichen eine bauordnungsrechtlich geregelte Verwendung von Holzfassaden an Gebäuden der Gebäudeklasse 4 und 5 bis zur Hochhausgrenze. Dabei sind die Vorgaben der MHolzBauRL auf hinterlüftete Holzfassaden ausgerichtet und beschränken sich auf den Einsatz von Brandsperren aus Stahlblech. Auch wenn die MHolzBauRL sicherlich nicht jeden Anwendungsfall abdeckt, liefert sie den Planenden aber ein sicheres und einfach anzuwendendes Regelwerk. Abweichungen hiervon sind im Einzelfall nachzuweisen und lassen sich mit entsprechender Expertise auch begründen.
Michael Juknat referierte zu Fassadenbegrünungen, für die aktuell gezielt systematische Lösungen ausgearbeitet werden, die das Naturprodukt Pflanze zusammen mit Bauprodukten wie Rankhilfen, Bewässerungssystemen und Unterkonstruktionen zu einer Außenwandbekleidung im bauordnungsrechtlichen Sinne verbinden. Aus den Landesbauordnungen leiten sich einschlägige, brandschutztechnische Schutzziele ab. Der charakteristische Abbrand einer Fassadenbegrünung mit vertikal durchlaufenden, strohfeuerartigen Flammenfronten erfordert jedoch sowohl konstruktive als auch organisatorische Maßnahmen, um die Brandausbreitung am Gebäude zu verhindern.
Neben ersten Erkenntnissen dazu zeigte Herr Juknat weiteren Untersuchungsbedarf, z.B. hinsichtlich tatsächlicher, ungestörter Brandausbreitung, Brandnebenerscheinungen wie Rauch und toxischen Gasen auf.
Björn Maiworm beleuchtete die Thematik aus Sicht der Feuerwehr mit dem Ergebnis, dass aus einsatztaktischer Sicht die Ausbildung der Feuerwehren die neuen hölzernen Fassaden nach MHolzBauRL aufgreifen und das Ablöschen von außen erläutern muss. Hierbei sind insbesondere die Brandschutzdienststellen aufgefordert, die abstrakten Anforderungen des Bauordnungsrechts in konkrete Maßnahmen der Feuerwehren vor Ort zu übersetzen. Zudem sind Feuerwehrführungskräfte mindestens im Umgang mit glimmenden Dämmstoffen, wie zum Beispiel Holzweichfaser, zu schulen. Gleichzeitig sollten die konstruktiven Maßnahmen dabei im Wesentlichen auf eine strukturelle Unterteilung der Fassadenfläche mit Hilfe von Brandsperren oder brandlastfreien, d.h. pflanzfreien Bereichen an der Fassade zurückgeführt werden. Die organisatorischen Maßnahmen hingegen bedingen vor allem eine regelmäßige Wartung aller technischen Komponenten des Grünfassadensystems und eine regelmäßige Pflege der Pflanzen, um ein Überwachsen der Brandsperren sowie der pflanzfreien Bereiche zwingend zu verhindern.
Modulbau / Serielles Bauen – Brandschutztechnisch problematisch?
Aktuell entsteht zu dieser Problemstellung das erste Konsortialprojekt: der Praxisleitfaden zu Anforderungen an Bauteile von Raumzellengebäuden als Stahltragkonstruktion aus Gründen des Brandschutzes in Kooperation mit dem Ministerium für Heimat, Kommunales, Bau und Gleichstellung des Landes Nordrhein-Westfalen, auf den Georg Spennes Bezug nahm und mögliche Nachweismethoden vorstellte. Dafür ist Klarheit in den Begrifflichkeiten der verschiedenen Arten von Raumzellen erforderlich. Der Praxisleitfaden unterscheidet drei Bautypen. Nach Auffassung von Herrn Spennes ist mit Herausgeben des Praxisleitfadens der erste Schritt getan worden und dieser trägt aus bauordnungsrechtlicher Sicht zu einer Harmonisierung des Standes der Technik der Raumzellenbauweise bei. Das Ziel, die Erleichterung der Nachweisführung unter Einbezug der konstruktiven Unterschiede einzelner Raumzellen in Stahlrahmenbauweise ist seit Juni 2021 erreicht. Durch den Einbezug von Expertise soll weiter eine breite Akzeptanz geschaffen werden.
Welche Gefahren neuer Batteriespeicher für Photovoltaikanlagen in sich bergen, erläuterte Roland Goertz im abschließenden Vortrag der Tagung.
Abschließend kann man sagen: Die EIPOS-Sachverständigentage Brandschutz waren auch in diesem Jahr ein fachlicher Gewinn für alle im Brandschutz tätigen Fachplaner und Sachverständigen und zeigten beeindruckend, was auch im hybriden Veranstaltungsformat möglich ist.
Save the date: Die 23. EIPOS-Sachverständigentage Brandschutz finden am 21./22.11.2022 statt – IN Dresden und auch ONLINE.
EIPOS hat über 30 Jahre Erfahrung in der Konzeption und Durchführung berufsbegleitender Weiterbildungen für die wichtigsten Praxisfragen rund um Planung, Ausführung, Erhaltung und Bewirtschaftung von baulichen Anlagen. Wir entwickeln unsere Weiterbildungen gemeinsam mit führenden Experten der Branche und passen sie ständig auf aktuelle Themen an. Im Zentrum steht die fachlich fundierte, zugleich an den täglichen Anforderungen der Praxis ausgerichtete Ausbildung, welche unseren Teilnehmern eine Qualifikation und Spezialisierung auf Spitzenniveau ermöglicht. Als gemeinnützige GmbH sind wir Teil des Unternehmensverbundes der TU Dresden AG (TUDAG).
EIPOS – Europäisches Institut für postgraduale Bildung GmbH
Freiberger Straße 37
01067 Dresden
Telefon: +49 (351) 40470-4210
Telefax: +49 (351) 40470-490
http://www.eipos.de
Marketing
Telefon: +49 (351) 4047042-22
Fax: +49 (351) 404704220
E-Mail: b.lange@eipos.de
Marketing
Telefon: +49 (351) 404704222
E-Mail: i.thuermer@eipos.de