- Interessensvertreter von Umweltschutzorganisationen, der Lieferkette für Fisch und Meeresfrüchte sowie mehrere Einzelhändler, unter ihnen auch Marks & Spencer (Großbritannien), Migros (Schweiz) und Woolworths (Südafrika) haben das Marine Stewardship Council schriftlich aufgefordert, seine geplanten Maßnahmen für die Umsetzung eines Finning – Verbotes im Vorfeld seiner bevorstehenden Vorstandssitzung nochmals zu überdenken.
- Die Unterzeichner fordern das MSC auf, für alle zertifizierten Fischereien ausnahmslos eine "Fins Naturally Attached" Verordnung einzuführen, die weltweit als die wirksamste Maßnahme anerkannt ist um Finning zu verhindern.
- Die Unterzeichner äußern sich besorgt über die aufgeweichte Variante, über die das MSC derzeit berät und die weiterhin Ausnahmen zulassen würde – "eine industriefreundliche Umbenennung des Status quo mit wenig Aussicht tatsächlich Verbesserungen auf dem Meer zu bewirken".
Eine Gruppe besorgter Interessensvertreter von Umweltschutzverbänden, Einzelhändlern und der Lieferkette von Fischprodukten hat sich kürzlich in einem gemeinsamen Schreiben an das Marine Stewardship Council (MSC) gewandt und die Organisation eindringlich aufgefordert, ihre Vorschläge zum Thema „Finning“ von Haien nochmals zu überdenken. Das Schreiben erhält das MSC im Vorfeld der finalen Phase seiner alle fünf Jahre stattfindenden Überprüfung des Fischereistandards, wobei Maßnahmen zur Beendung des „Finning“ von Haifischen als einer der Themenschwerpunkte auf der Agenda stehen.
Das Schreiben verweist auf die langjährigen Bedenken der Unterzeichner gegen die bisherigen MSC-Vorgaben zur Verhinderung von „Finning“. Insbesondere kritisieren die Interessenvertreter dass das MSC seiner proklamierten Nulltoleranz-Haltung in Bezug auf das „Finning“ von Haien nicht gerecht wird und es bisher versäumt hat „Fins Naturally Attached“ (FNA, d.h die Flossen dürfen nicht auf See abgetrennt werden sondern müssen am Hai verbleiben) einzuführen, um endlich diese weltweit anerkannte beste Maßnahme zur Verhinderung von „Finning“ umzusetzen.
FNA als Voraussetzung für die Zertifizierung aller Fischereien, die mit Haien interagieren und zwar ohne Ausnahme, wird seit vielen Jahren von Interessenvertretern aus der Wissenschaft, dem Einzelhandel, der Lieferkette und der Zivilgesellschaft gefordert. Die Unterzeichner stellen außerdem fest, dass es in den vom MSC in den Jahren 2019 und 2020 durchgeführten Workshops und Konsultationen einen starken Konsens für diesen Ansatz gab. Daher äußern sie sich enttäuscht über den deutlich abgeschwächten Vorschlag, den das MSC im Juni dieses Jahres vorgelegt hat. Obwohl dieser Vorschlag wie im September veröffentlicht in einer Umfrage mit überwältigender Mehrheit von den Interessensvertretern abgelehnt wurde machte das MSC kein Angebot für die Diskussion weiterer Vorschläge oder Konsultationen.
Paul Willgoss, Director Food Technology von Marks & Spencer, sagte: "Fins Naturally Attached“, ohne irgendwelche Ausnahmeregelungen, ist weltweit als das einzig wirklich wirksame Mittel zur Durchsetzung eines „Finning“ Verbots anerkannt. Unsere Politik beinhaltet seit über einem Jahrzehnt das Verbot des Abtrennens von Haifischflossen auf See, und wir glauben, dass dies eine Mindestanforderung für alle Fischereien sein muss, die eine Zertifizierung als nachhaltig anstreben. Es war sehr ermutigend zu sehen, dass so viele Interessensvertreter im Rahmen der im letzten Jahr durchgeführten Workshops ihre Unterstützung für einen solchen Ansatz klar zum Ausdruck brachten. Daher sind wir enttäuscht, dass das MSC im Juni dieses Jahres dennoch seinen abgeschwächten Vorschlag zur Konsultation vorlegte."
Der Vorschlag, den das MSC in diesem Sommer zur Konsultation vorlegte, sah vor, dass Fischereien, bei denen Haie gezielt gefangen werden oder einen wesentlichen Anteil des Fangs ausmachen, von einem verpflichtendem "Fins Naturally Attached"-Ansatz ausgenommen werden können und weiterhin eine "alternative Methode" verwenden dürfen.
Dr. Iris Ziegler, Leiterin International Cooperation bei Sharkproject International, sagte: "Der Vorschlag des MSC ist äußerst besorgniserregend, da alle existierenden alternativen Methoden bekanntermaßen zahlreiche Schlupflöcher aufweisen. Während das MSC versucht, seinen Vorschlag so zu präsentieren als bedeute er ‚Fins Naturally Attached‘, handelt es sich in Wirklichkeit aber nur um eine industriefreundliche Umbenennung des Status quo, mit sehr begrenzten Möglichkeiten, tatsächlich Verbesserungen auf dem Meer zu bewirken. Angesichts des drastischen Rückgangs der Haipopulationen auf der ganzen Welt ist die Zeit für halbherzige Maßnahmen vorbei, und es ist an der Zeit, dass das MSC eine bewährte Politik verabschiedet: eine Politik der natürlich am Tierkörper verbleibenden Flossen, ohne Ausnahmen."
Das Schreiben verweist darauf, dass der Vorschlag des MSC während der jüngsten Konsultationsrunde auf breite Ablehnung gestoßen ist: 66 % der Befragten waren der Meinung, dass er nicht der bewährten Praxis entspreche, und 68 % hielten den Vorschlag für komplett inakzeptabel.
Der MSC-Vorschlag entspreche nicht den Erwartungen der Interessengruppen, spiegele nicht die bestmögliche Praxis wieder und werde nicht helfen, das „Finning“ von Haien in zertifizierten Fischereien endgültig auszumerzen. Die Unterzeichner fordern das MSC daher dringend auf, seinen Vorschlag nochmals zu überdenken und dann eine aktualisierte Version zur erneuten Konsultation vorzulegen bevor sein Vorstand Anfang nächsten Jahres zusammentritt, wonach endgültige Entscheidungen für die Aktualisierung des Fischereistandards erwartet werden.
Migros sagte: "Als genossenschaftlich organisierter Einzelhändler glauben wir an Transparenz und sind der Meinung, dass unsere Kunden ein Recht darauf haben, zu erfahren wie der Fisch, den sie kaufen, gefangen wurde und welche Auswirkungen diese Fischerei auf andere Meeresbewohner hat. Wir wissen, dass unsere Kunden – ebenso wie wir selbst- sicher sein wollen, dass Thunfisch, der als nachhaltig gefangen gekennzeichnet ist, nicht von Fischereien gefangen wurde, die mit dem Abtrennen von Haifischflossen in Verbindung stehen. Um eine Null-Toleranz-Haltung in Bezug auf „Finning“ durchzusetzen, muss das MSC unserer Meinung nach konsequent ‚Fins Naturally Attached“ als Voraussetzung für die Zertifizierung einführen – und zwar ohne jede Ausnahme."
Latiefa Behardien, Foods Chief Technology and Sustainability Officer von Woolworths sagte: "Das Abtrennen von Haifischflossen ist eine verabscheuungswürdige Praxis, und Woolworths Südafrika unterstützt voll und ganz die weltweiten Bemühungen aus unterschiedlichen Richtungen kommend, diese Praxis endlich auszurotten, einschließlich eines Verbots dieser Praxis in MSC-zertifizierten Fischereien. Nachhaltigkeitszertifizierungen für Meeresfrüchten sind ein wichtiges Instrument um sowohl die nachhaltige Gewinnung als auch den verantwortungsvollen Konsum von Meeresfrüchten voranzutreiben, und daher ist die Position des MSC zum Thema Haifischflossen von entscheidender Bedeutung. Das Verbot des Abtrennens von Haifischflossen ist zwar lobenswert, aber um wirklich sicherzustellen, dass „Finning“ in MSC-zertifizierten Fischereien nicht vorkommt, muss das MSC eine "Fins Naturally Attached"-Politik ohne Ausnahmen verabschieden. Der Schutz gefährdeter und bedrohter Haiarten ist für die Erhaltung gesunder Ozeane unerlässlich, und das MSC und andere Akteure aus der Nachhaltigkeitsbewegung für Fisch und Meeresfrüchte können es sich nicht leisten, in dieser Angelegenheit Nachsicht walten zu lassen."
Das MSC antwortete den Unterzeichnern des gemeinsamen Schreibens am 2. Dezember 2021 und teilte mit dass es "derzeit die aktualisierten Vorschläge verfeinere" und dass ein "konsolidierter Entwurf" eines überarbeiteten Fischereistandards für Anfang 2022 zu erwarten sei und dann abschließenden 60-Tage lang zur öffentlichen Prüfung verfügbar sei. Es erfolgte kein Angebot seitens des MSC für ein gemeinsames Gespräch, obwohl dies von den Vertretern der Interessensgruppen eigentlich gefordert worden war, um das Thema Haifischflossen und „Finning“ nochmals speziell zu untersuchen bzw. mit den Unterzeichnern vor der Vorstandssitzung im Januar nochmals zu erörtern.
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