Filmmuseum Potsdam – Rückblick 2021 und Ausblick 2022

Die Pandemie stellte das Museum auch 2021 vor große Herausforderungen, ab Mitte März wurden die Ausstellungen wieder geöffnet. Das Kino konnte erst ab Juli den Präsenz-Betrieb wiederaufnehmen. Im Januar 2021 ging das kino2online des Filmmuseums erfolgreich an den Start.

Vierzig Jahre Filmmuseum Potsdam; das Jubiläum wurde am 3. Juni mit Eröffnung der Foyerausstellung, der virtuellen Schau, einer Kinoreihe mit Wunschfilmen der Mitarbeitenden und einem Publikumsfest mit der Bolschewistischen Kurkapelle vor dem Marstall am 5. September 2021 feierlich begangen.

Das Museum war mit seinen Ausstellungen und Veranstaltungen ab Wiedereröffnung von Gästen aus der ganzen Welt gut besucht. Entsprechend der aktuell gültigen Hygienebestimmungen wurden Konzepte immer wieder angepasst. Insgesamt kamen in den Öffnungsmonaten 2021 ca. 37.000 Besucher*innen ins Filmmuseum Potsdam. Im Vorjahr waren es 49.000 mit fünf Schließmonaten. Die wachsende Unsicherheit im Zuge der dynamischen Entwicklung der pandemischen Lage führte ab Anfang November 2021 zu einem starken Besucherrückgang in den Ausstellungen und im Kino. Immer wieder waren es aber die persönlichen Begegnungen mit unseren Besucher*innen, die Veranstaltungen mit großartigen Gästen in unserem Kino, die stattfinden durften, die Hoffnung machten, die die wichtige soziale Funktion unserer kulturellen Angebote einmal mehr verdeutlicht haben und uns auch zuversichtlich stimmen für das kommende Jahr.

Die zweisprachige ständige Ausstellung „Traumfabrik. 100 Jahre Film in Babelsberg“, die unterhaltsam und interaktiv den Vorgang der Filmentstehung entlang der Geschichte der Babelsberger Filmstudios erzählt, zählte 2021 ca. 15.000 Besucher.

Die seit 2019 in Kooperation mit dem Rundfunk Berlin-Brandenburg entstandene Familienausstellung „Mit dem Sandmann auf Zeitreise“ geht nunmehr ins dritte Jahr und wird, auch aufgrund des anhaltend regen Zuspruchs und der Corona-bedingten Schließung, letztmalig bis zum 21. August 2022 verlängert. Trotz der dreimonatigen Schließzeit besuchten 13.500 Gäste die Ausstellung. Über die Homepage des Museums lädt auch ein 360° Rundgang in die Sandmann-Schau ein.

Die Sammlung Werner Nekes mit rund 25.000 Objekten zur Geschichte der visuellen Künste und des Sehens ist eine der weltweit größten Sammlungen ihrer Art. Dank der gemeinsamen  Anstrengungen von drei Institutionen und acht Förderern konnte diese Sammlung 2020 für Deutschland erhalten werden. Mit Hilfe der Ostdeutschen Sparkassenstiftung konnten für das Filmmuseum Potsdam wertvolle Objekte erworben werden. Eine Präsentation dieses Sammlungszuwachses ist ab 14. Oktober 2022 geplant. Die Schau wird den Besucher*innen ermöglichen, einen Einblick in die Vorgeschichte des Films zu erhalten. Es soll ein interaktives Labor entstehen: anhand von Originalen und bespielbaren Repliken der historischen Exponate werden Funktionsweise und Wirkung erläutert. Im Zentrum steht das Experimentieren in drei Schritten: Sehen, Ausprobieren und schließlich selbst Gestalten. Für verschiedene Altersgruppen – vom Schulkind bis zum Erwachsenen, für Potsdamer*innen und Touristen – werden physikalisch-optische Phänomene entdeckt, spielerisch und kreativ erlebbar gemacht.

Pandemiebedingt musste das Kino des Filmmuseums Potsdam im ersten Halbjahr 2021 geschlossen bleiben. Zum 15. Januar konnte mit dem Start von Kino2online das Filmangebot ins Virtuelle erweitert werden. Das Online-Angebot bietet auch zukünftig Seitenblicke und Kommentare zu den Reihen und Themen des Programms. Kino2online ist als Video-onDemand-Plattform bundesweit erreichbar und steht somit auch Menschen offen, denen der Besuch von Ausstellungen und Kinoveranstaltungen vor Ort nicht uneingeschränkt möglich ist (Menschen mit Behinderungen, Angehörige von Risikogruppen u.a.).

Erst mit Lockerung der Eindämmungsverordnung konnten im Sommer erste Vorführungen geplant und ab 1.7. schrittweise angeboten werden. Unter Einhaltung der (regelmäßig angepassten) Zugangsbestimmungen und Abstandsregelungen sowie der hauseigenen Hygiene- und Sicherheitskonzepte betrug die maximale Personenzahl im Saal 72, d.h. eine Auslastung von maximal 50% konnte erreicht werden. Darüber hinausreichend wurden nur in wenigen Ausnahmefällen und unter Anwendung der „2G-Regel“ weitere Sitze belegt.

Das Kinoprogramm im zweiten Halbjahr blieb von Kooperationsprojekten, Filmabenden und reihen durchsetzt, die noch aus dem ersten und zweiten Lockdown nachzuholen waren. In Kombination mit einer Vielzahl neuer Schwerpunkte war die Veranstaltungsdichte von Juli bis Dezember entsprechend hoch.

Anlässlich des Jubiläums 40 Jahre Filmmuseum Potsdam präsentierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ihre ganz persönlichen Wunschfilme – sowohl im Kino als auch im Kino2online.

Am 14.8. veranstaltete das Filmmuseum Potsdam im Rahmen seiner Veranstaltungsreihe zu 125 Jahre Kino ein einmaliges Open-Air-Kino in der Inselbühne auf der Freundschaftsinsel. Gezeigt wurde »Spur des Falken« (DDR 1968) mit Vorfilm und Einführung. Weitere Veranstaltungen zur Geschichte der Kinoformen führten zurück zu den Ladenkinos, den Stummfilmpalästen der 1920er sowie zu den DDR-Kinos in den 1950er  Jahren.

Das Jubiläum 75 Jahre DEFA erfuhr durch mehrere Filmreihen und Veranstaltungen seine Würdigung. Im Kino2online konnten die Regisseure Rainer Simon und Jürgen Böttcher, die Autor*innen Christa Kożik und Wolfgang Kohlhaase, der Kameramann Werner Bergmann sowie die Schauspielerinnen Jutta Hoffmann und Angelica Domröse mit einzelnen Filmen oder umfangreichen Retrospektiven geehrt werden. Eine DEFA-Sommerfilmreihe markierte dann im Juli die Rückkehr auf die große Leinwand im Kino im Marstall. Dort wurden im Herbst auch die Retrospektiven für Jutta Hoffmann und Wolfgang Kohlhaase vervollständigt – und die runden Geburtstage mit den beiden Filmkünstler*innen nachgefeiert.

Mit der neu ins Leben gerufenen Reihe Kino gegen rechts zeigt das Filmmuseum seit 2021 internationale, historische und aktuelle Spiel- und Dokumentarfilme, die den erschütternden Auswirkungen ultrarechter Tendenzen und rechtsextremer Gruppierungen und Parteien nachspüren und ihre Ausmaße, aber auch Gegenpositionen und Auswege aufzeigen.

Das Jüdische Filmfestival Berlin Brandenburg fand vom 12. bis 22. August statt. Im Filmmuseum präsentierte das Festival in Anwesenheit zahlreicher internationaler Gäste neben einer großen Auswahl aktueller Produktionen exklusiv Kurzfilme sowie selten gezeigte historische Spielfilme.

Gleich mehrere Programme widmeten sich dem Jahrestag des Mauerbaus. Kooperationspartner waren hier u.a. das Potsdam Museum, die Stiftung Gedenkstätte Lindenstraße, das Pfarramt der Garnisonkirche sowie die Landesbeauftragte zur Aufarbeitung der Folgen der kommunistischen Diktatur.

Gemeinsam mit Studierenden des Master-Studiengangs Filmkulturerbe der Filmuniversität Babelsberg entstehen regelmäßig Kino- und Veranstaltungsformate. In 2021 gehörten dazu – online – die Filmreihe Mein Vietnam – Perspektiven der vietnamesisch-deutschen Geschichte und – im Kino – der Home Movie Day sowie der Unesco-Welttag des audiovisuellen Erbes.

Zu den weiteren Veranstaltungshighlights gehörte die gemeinsam mit dem Filmfestival »moving history« feierliche Preisvergabe der Clio, als Auszeichnung des besten Film zu einem historischen Thema. Der von der Landeshauptstadt Potsdam gestiftete, mit 5.000 Euro dotierte Preis ging 2021 an Dominik Graf für Produktion »Fabian oder der Gang vor die Hunde«.

Am 3.11. war Autor Daniel Kehlmann unser Gesprächsgast zur Vorführung von »Nebenan« (R: Daniel Brühl, D 2021). Die Veranstaltung fand in Zusammenarbeit mit dem Literaturfestival LIT:potsdam statt.

Mit großer Freude wurde die Verleihung des DEFA-Stiftung-Programmpreises 2021 aufgenommen.

Die vielfältigen Kinoveranstaltungen (im physischen Kinosaal) wurden 2021 von etwa 8.500 Gästen besucht.

Für das kommende Jahr bereitet das Filmmuseum Potsdam derzeit unter anderem das Berlinale Spotlight – Perspektive Deutsches Kino (Februar) vor, sowie einen Programmmonat ausschließlich mit Filmen von weiblichen Regisseurinnen (März) und eine umfangreiche Retrospektive mit den Filmen der Schauspielerin Asta Nielsen (Mai). Für Asta Nielsen – den vielleicht ersten Weltstar des Kinos – fiel vor 110 Jahren, am 12.2.1912, die erste Klappe im neu errichteten Babelsberger Filmstudio.

Wie erwähnt, ist das Filmmuseum – als Teil eines Konsortiums mit der Universität Köln und dem Deutschen Filminstitut & Filmmuseum Frankfurt am Main – Eigentümer der hochkarätigen Sammlung Werner Nekes (25.000 Objekten zur Geschichte der visuellen Künste). Die Website des Konsortiums geht noch im Dezember 2021 online. Vorbereitet wurde die Ersterfassung der Objekte und ein Drittmittelantrag, der die Dokumentation des wertvollen Teilbestandes Laterna magica-Slides in einem modernen, öffentlich zugänglichen Datenbanksystem umfasst. Das Filmmuseum konnte Vor- bzw. Nachlässe zu den Regisseur*innen Ursula Demitter und Max Jaap 2021 erwerben. Auch mit Materialübernahmen zu den Szenografen Carl Haacker, Anton Weber und Lothar Kuhn sowie des Filmhistorikers Rudolf Freund stärkte das Museum seinen Sammlungsschwerpunkt zur ostdeutschen und Babelsberger Filmgeschichte. Die Umzugsvorbereitungen und Einrichtungsplanungen des Neubauprojekts zur modernen und archivgerechten Aufbewahrung der museumseigenen Sammlungen gingen in die zweite Phase. Direkt neben der Filmuniversität Babelsberg wurde ein Gebäude mit über 6.300 qm für dieses vielfältige Kulturgut errichtet; es soll 2022 bezogen werden.

Ebenfalls fortgesetzt wurden die Planungen für das begehbare Schaudepot im Erdgeschoss des Archivgebäudes. Es soll Besucher*innen filmische Verfahren und filmtechnologische Apparate in ihren Funktionen näherbringen. Des Weiteren wird reflektiert, wie ein Archiv arbeitet, wie Kulturgut und materielles wie immaterielles Filmkulturerbe bewahrt und vermittelt werden kann. Zum Schaudepot gehört auch eine Vermittlungswerkstatt, die Raum für Workshops und kleinere Veranstaltungen bietet. Die Eröffnung der Schaudepots ist einige Zeit nach dem Einzug der Sammlungen in den Neubau vorgesehen.

Ein gemeinsames Vermittlungskonzept für die zwei Standorte des Filmmuseums: den Marstall und das neue, im Entstehen begriffene Sammlungsgebäude am Medienstandort Babelsberg ist ebenso in Vorbereitung. Bis es so weit ist, geht zunächst ein berufsorientierendes Angebot online. Im Projekt „ABSPANN“ geht es um weniger bekannte Berufe in der Filmbranche. Schüler*innen des Babelsberger Filmgymnasiums sowie Auszubildende des OSZ Teltow haben Interviewfilme z.B. mit einem VFX Supervisor, einem Location Scout, einer ausführenden Produzentin, einem Stunt-Koordinator oder einer SFX Maskenbildnerin gedreht. Zu den einzelnen Berufen bzw. Berufsgruppen gibt es auf einer Unterseite der Filmmuseums-Homepage auch Hintergrundinformationen zu Ausbildungs- und Einstiegsmöglichkeiten sowie zu potentiellen Arbeitgebern in Berlin/ Brandenburg. Beide Schulen wollen das Projekt verstetigen, denn im boomenden Mediengeschäft fehlt es zunehmend an Nachwuchs. Und die Schüler*innen begeistern sich sehr für die tieferen Einblicke in den Arbeitsalltag in der Filmbranche.

Kinder machen Kino: im Rahmen einer Film-AG wählen Kinder des Fröbelhorts „Sausewind“ Kurzfilme aus, die sie im Kino des Filmmuseums präsentieren werden. Außerdem nähern sie sich in filmischen Übungen auf spielerisch-kreative Weise jenen Aspekten ihrer Lieblingsfilme, die sie am meisten beeindruckt haben. Angeleitet und inspiriert werden sie dabei von Regiestudenten der Filmuniversität Babelsberg.

Im Rahmen der Strategieentwicklung des Museums wird die Digitalisierung von Kino, Ausstellungen und Sammlungen weiterhin vorangebracht. Die Themenpalette der Filmbildungsangebote war mit der Analyse von Literaturverfilmungen, Kurz- und Musikfilmen, Propaganda- oder auch Stummfilmen der in den Öffnungsmonaten angebotenen Workshops sehr vielfältig.

Als In-Institut der Filmuniversität Babelsberg engagiert sich das Filmmuseum hinsichtlich der Zusammenarbeit in Forschung und Lehre. Das Filmmuseum profitiert von den innovativen Ideen der Filmuniversität und stärkt den Forschungstransfer ins Museum; zugleich stellt es sein Expertenwissen zu Museumspraxis und Filmerbe den Lehrenden und Forschenden zur Verfügung. 2021 fanden Seminare und Projektsemester für Studierende des Partnerstudiengangs Filmkulturerbe im Filmmuseum statt.

In Kooperation mit dem Studiengang fand am 11.11.21 der erste Zukunftsworkshop des Filmmuseums zum Thema Zugänglichkeit und Digitalisierung von Archiven mit internationalem Gast statt.

Die jüngste Publikation zum Filmstandort und seiner Geschichte, „100 Facts about Babelsberg“ von Filmmuseumsmitarbeiter Sebastian Stielke, erschien im Juni in Herausgeberschaft des Filmmuseums.

Der Förderverein des Filmmuseums Potsdam unter dem Vorsitz von Prof. Dr. Dieter Wiedemann unterstützt das Filmmuseum bei der Ausrichtung seiner Ausstellungen und Veranstaltungen und ist im Kinoprogramm mit dem „Dokfilm-Nachmittag“ vertreten. Gemeinsam ausgerichtete Kinderfilmveranstaltungen, DDR-Kino- und TV-Filmen und Gästen konnten 2021 stattfinden.

Seit Juni 2021 leiten Dr. Ilka Brombach als wissenschaftlich-kuratorische Leiterin und Christine Handke als künstlerisch-organisatorische Leiterin gemeinsam das Filmmuseum Potsdam. Wir stellen uns mit Engagement und Neugier den wachsenden Herausforderungen des Museums, auch im Hinblick auf den entstehenden Sammlungsbau, perspektivisch mit öffentlich zugänglichem Schaudepot. An einer starken Verknüpfung der verschiedenen Standorte (Marstall, Sammlungen) mit der Filmuniversität in Babelsberg wird beständig gearbeitet.

Das Filmmuseum Potsdam wird weiterhin Wissenschaft, Forschung, Vermittlung und Unterhaltung zu einem attraktiven, kulturellen Publikumsangebot in der Potsdamer Mitte und bald auch am Medienstandort Babelsberg verbinden.

 

 

 

 

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