Die Bedeutung systemischer Komplexität und Kritikalität für volkswirtschaftliche Prognosen

Wie immer um diese Jahreszeit stecken wir mitten in den Festvorbereitungen und manch einer fasst auch wieder gute Vorsätze für das neue Jahr – und wie immer erstellen wir Volkswirte unsere Ausblicke mit Prognosen für die nächsten zwölf oder vierundzwanzig Monate. Die Entwicklungen in den vergangenen beiden Jahren sollten jedoch selbst die stursten Vertreter der Gattung „Igel“ davon überzeugt haben, dass sich die Zukunft sehr viel schlechter vorhersagen lässt als wir gern glauben möchten. Dabei werden insbesondere Probleme der „systemischen Komplexität“ unseres Erachtens weder von den Prognostikern noch von den Rezipienten der Prognosen hinreichend gewürdigt. Der künftige Verlauf der COVID-19-Pandemie und die erhoffte, langsame Auflösung der Lieferengpässe sind die beiden zentralen Annahmen – wohlgemerkt: Annahmen, nicht Vorhersagen –, die für die BIP- und Inflationsprognosen derzeit entscheidend sind. Beide Annahmen sind praktisch Lehrbuchbeispiele für systemische Komplexität. Das gilt vermutlich auch für den Philips-Kurven-Ansatz, auf dem die Inflationsprognosen meist beruhen. Seien wir ehrlich: Der Glaube an Inflationsprognosen, womöglich gar an deren Nachkommastellen für einen Zeitraum von mehreren Jahren, ist genauso fundiert wie der Glaube an den Weihnachtsmann.
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