„Mit der Taxonomie ist die Hoffnung verbunden, dass Investoren/-innen künftig besser erkennen sollen, welche Finanzprodukte in der EU dem Klimaschutz und Nachhaltigkeitszielen tatsächlich nutzen. Das soll zu mehr grünen Investitionen führen. Ob die EU-Taxonomie in dieser Hinsicht allerdings zielführend ist, darf bezweifelt werden. Mindestens beim Klimaschutz stellt sich die Frage, ob es nicht geeignetere und vor allem effektivere Instrumente als die EU-Taxonomie gibt, Finanzströme in Richtung Nachhaltigkeit zu lenken. Die zentrale Lenkungswirkung sollte von einem CO2-Preis ausgehen. Bei hohen CO2-Preisen wäre eine Taxonomie vermutlich überflüssig.
Daneben ergibt sich bei der Ausgestaltung der Taxonomie eine Reihe von Problemen. Ein Merkmal der Taxonomie ist die quantitative Ausrichtung auf Schwellenwerte, z.B. hinsichtlich der Emissionsbilanz bestimmter Produktionsprozesse. Entweder ist ein Unternehmen also nachhaltig im Sinne der Taxonomie oder nicht. Dieser binäre Mechanismus ist unscharf in Bezug auf die tatsächliche Emissionsintensität und die Vermeidungskosten der Unternehmen. Die daraus resultierenden Fehlanreize führen dazu, dass Emissionen über verschiedene Sektoren und Industrien hinweg nicht kosteneffizient reduziert werden. Ein potenzielles Problem ist auch, dass die Taxonomie Leistungsanforderungen auf der Basis des aktuellen Forschungs- und Entwicklungsstandes festlegt. Die Entwicklung neuer Technologien zum Einsparen von CO2 wird so nicht ausreichend angereizt. Zudem besteht sogar die Gefahr, dass Taxonomie-konforme Aktivitäten zementiert werden können, die zwar als nachhaltig etikettiert sind, aber nicht ausreichen, um letztlich CO2-neutral zu werden.
Die Taxonomie müsste also über die Zeit hinweg regelmäßig aktualisiert werden. Selbst wenn man die administrativen Kosten hierfür außer Acht lässt, besteht das grundlegende Problem, dass der Gesetzesgeber hierfür nicht über die notwendigen Informationen verfügt. Hier ist ein marktbasierter Ansatz wie der eines CO2-Preises auch aus informatorischer Sicht überlegen, um Finanzströme in Richtung nachhaltiges Wachstum zu lenken.“
Das ZEW in Mannheim forscht im Bereich der angewandten und politikorientierten Wirtschaftswissenschaften und stellt der nationalen und internationalen Forschung bedeutende Datensätze zur Verfügung. Das Institut unterstützt durch fundierte Beratung Politik, Unternehmen und Verwaltung auf nationaler und europäischer Ebene bei der Bewältigung wirtschaftspolitischer Herausforderungen. Zentrale Forschungsfrage des ZEW ist, wie Märkte und Institutionen gestaltet sein müssen, um eine nachhaltige und effiziente wirtschaftliche Entwicklung der wissensbasierten europäischen Volkswirtschaften zu ermöglichen. Durch gezielten Wissenstransfer und Weiterbildung begleitet das ZEW wirtschaftliche Veränderungsprozesse. Das ZEW wurde 1991 gegründet. Es ist Mitglied der Leibniz-Gemeinschaft. Derzeit arbeiten am ZEW Mannheim rund 200 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, von denen rund zwei Drittel wissenschaftlich tätig sind.
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